Europa

#Youthforclimate: Jugendliche diskutieren im Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens

Rund 50 Jugendliche haben am 4. April 2019 im Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens an einem Austausch zum Klimawandel teilgenommen. Vor dem Hintergrund anhaltender Proteste von Schülern und Studenten bot das Parlament den Jugendlichen eine Plattform, ihre Forderungen an die Politik zu formulieren und über mögliche Handlungsansätze zum Klimaschutz auszutauschen.

18.04.2019

Vorstellung eigener Projekte und Positionsspiel

Zur Einstimmung auf das Thema stellten ein Schüler und eine Lehrerin des Robert-Schuman-Instituts Eupen ihre Projekte in Sachen umweltschonende Nachhaltigkeit vor und berichteten von der Teilnahme an der Klimakonferenz COP24 in Kattowice. Die Verbraucherschutzzentrale stellte ihr Animationsprogramm Clip4ch@nge vor und gab einige Denkanstöße in die Runde der Jugendlichen.

François Letocart, Referent im Institut für Demokratiepädagogik, leitete dann ein Positionsspiel, das die Jugendlichen dazu brachte, zu bestimmten Behauptungen Stellung zu beziehen. In vier Bereichen (Mobilität, Konsum, Energie und Allgemeine Politik/Entscheidungen) wurden Thesen aufgestellt und von den Jugendlichen kommentiert. Einverstanden oder nicht einverstanden und warum, das waren die Fragen, die als Grundlage für den Austausch dienten.

Politiker auf den Zuschauerbänken

Die Politiker saßen bei der Veranstaltung auf den Zuschauerbänken. Abgeordnete und Gemeindemandatare durften zuschauen und vor allen Dingen zuhören. Im Fokus der Diskussion standen die Jugendlichen.

Im letzten Teil des Abends wurden die Jugendlichen aufgefordert, in Gruppen ganz konkrete Fragen zu beantworten: Welche Forderungen hast du an die Politik und was willst Du konkret zur Bekämpfung des Klimawandels tun? Die Synthese der Antworten, die durch die Parlamentsverwaltung erstellt wurde, wird den Jugendlichen zugestellt.

Konstruktive Kritik der Jugendlichen

Am Ende der Veranstaltung zogen die Teilnehmer eine positive Bilanz, es gab aber auch kontruktive Kritik. So hätten sich die Jugendlichen noch mehr freien Austausch gewünscht, mehr Diskussion untereinander und mehr regionalbezogene Fragen. Auch hätte sie eine Reaktion seitens der Politiker interessiert. „Wir wollen hören, was die Politiker tatsächlich machen können, vor allen Dingen in Ostbelgien.“, war der Tenor.

Die Forderungen der Jugendlichen an die Politik

Der vorliegende Text bündelt die Einzelmeinungen der Gruppenarbeiten in vier verschiedene Bereiche.

Bereich Mobilität

Im Bereich der Mobilität waren sich fast alle Jugendlichen einig: Die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln muss gefördert werden, und zwar sowohl was den Netzausbaus angeht, als auch in Bezug auf die Tarife.

Hier einige Aussagen:

  • Kostenloser öffentlicher Personennahverkehr;
  • Erweiterung des Streckennetzes: mehr Busse, mehr Strecken (Ausbau des Netzes in der Eifel);
  • Besserer und günstiger ÖPNV über die Landesgrenze;
  • Mehr Fahrradwege und bessere Bürgersteige;
  • Besteuerung von Kerosin bei Flügen (auch zur Finanzierung des ÖPNV).

Bereich Energie

Atomstrom ist nicht die beste Lösung, da waren sich alle einig. Besser wäre es, in neue Energien zu investieren. Hier die Forderungen an die Politik:

  1. Wasserstoff und Wasserstoffenergie fördern;
  2. Ökosteuer einsetzen, um einen langsamen Wechsel vom dreckigen in den sauberen Strom zu erreichen;
  3. Tihange abschalten;
  4. CO2 Konto statt Geld;
  5. in erneuerbare Energie investieren: Wind, Wasser und Sonnenenergie;
  6. erneuerbare Energie fördern: keine Steuern auf Maßnahmen zur Anschaffung der erneuerbaren Energie.

Bereich Konsum

Das Verbraucherverhalten der Menschen ist den Jugendlichen besonders wichtig. Der Verbraucher muss umdenken und dafür kann auch die Politik einiges tun.

Fragen von Müllvermeidung und Plastikmüll beschäftigen die Jugendlichen. Die Reduzierung von Plastikmüll, die Nutzung von nachhaltigem Verpackungsmaterial bis hin zur Erhebung von Plastikmüllsteuern für Unternehmen sind Vorschläge an die Politik. Die Forderung nach einem vernünftigen Pfandsystem wird geäußert oder finanzielle Anreize für das Mitbringen eigener Dosen in Supermärkten. Für Ostbelgien ganz konkret benannt ist zum Beispiel die Nutzung von Mehrwegbechern oder Gläsern statt Einwegbechern auf Bällen und Veranstaltungen.

Der Fleischkonsum und die damit verbundene Massentierhaltung ist ebenfalls Thema: Massentierhaltung sei ungesund und zudem klimaschädlich. Die Jugendlichen sprechen sich eindeutig dafür aus, Massentierhaltung zu verbieten und eine fleischreduzierte Ernährungsweise zu fördern. Es wird mehr Aufklärung verlangt und ein respektvoller Umgang mit den Tieren.

Ganz klar setzen die Jugendlichen auch auf regionale Produkte. Regional kaufen, lokale Geschäfte bevorzugen und die lokalen Produkte fördern, ist eine deutliche Forderung und gleichzeitig auch Handlungsweise. Selbst die Forderung nach einer lokalen Währung wurde geäußert. Ideen wie nachhaltige Permakultur, selbst in der Landwirtschaft, oder das Anbauen von Gemüse- und Blumenbeeten zur Rettung der Bienen sind Teil der geäußerten Vorschläge.

Allgemeine Forderungen an die Politik

Die Beziehungen zwischen Wirtschaft und Politik werden thematisiert. Die Politik darf sich nicht von Lobbygruppen beeinflussen lassen und muss mehr Druck auf die Wirtschaft ausüben, damit diese umweltgerechter handelt.

Die Jugend fordert von der Politik konsequenteres Handeln und schnelle Entscheidungen. „Keine Zeit verlieren. Radikale Gesetze, die die Umwelt schützen, können nur gut sein.“, sagen die Jugendlichen.

Darüber hinaus gibt es klare Forderungen an den Unterricht: Schüler müssen über Umweltschutz und Klimawandel besser aufgeklärt werden, die Einführung eines entsprechenden Schulfachs oder die Einbindung von klimarelevanten Themen in bestehende Schulfächer wäre sinnvoll.

Was würdet ihr in eurem Alltag umsetzten, um den Klimawandel zu bekämpfen?

„Wir bleiben optimistisch, sind aber realistisch.“, sagen die Jugendlichen. Wir ändern unsere Lebensweise, essen weniger Fleisch, trennen den Müll, kaufen bewusster ein, regionaler und nachhaltiger. Außerdem gehen wir mehr zu Fuß, fahren Rad oder nehmen den öffentlichen Transport. Regionale Produkte kaufen, lokale Geschäfte fördern und im Bereich des Umweltschutzes besser den Müll trennen und Initiativen wie BISA unterstützen, sind weitere Bestrebungen. Demo statt Schule? Konsequent ja. Und die Jugendlichen wünschen sich auch in diesem Bereich mehr Aufklärung in den Schulen.

Quelle: Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens

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