Europa

Mit Abstand, aber nicht getrennt – Krisenmanagement im estnischen Jugendbereich

Estland: Aus dem kleinen Land im Nordosten der EU kommen immer wieder große Anstöße. Dazu gehören auch erste Erfahrungen mit Smart Youth Work – Jugendarbeit mit Online-Tools und -Medien. Ülly Enn vom Estnischen Zentrum für Jugendarbeit sagt: „Dieses Konzept ist eine wichtige Quelle der Inspiration für die Jugendarbeit und gerade in der Krise waren die digitalen Lösungsansätze für die schnelle Anpassung der Jugendarbeit von enormer Bedeutung“.

29.05.2020

Aufgrund der Verbreitung des Coronavirus rief die estnische Regierung am 12. März den Notstand aus. Dieser galt zunächst bis zum 1. Mai und wurde später bis zum 17. Mai verlängert. Die Auflagen beinhalteten die physische Schließung aller Organisationen in den Bereichen Jugend, Bildung und Kultur, einschließlich Jugendzentren, Freizeitschulen, Büros von Jugendorganisationen und Sportstätten. Ab dem 16. März wurde auf Fernunterricht umgestellt. Am 5. Mai beschloss die Regierung, dass Aktivitäten der Jugendorganisationen ab dem 15. Mai unter besonderen Bedingungen wieder stattfinden dürften. Dieser Artikel soll einen Rückblick über einige der strategischen Maßnahmen bieten, die während des Ausnahmezustands in Estland von Akteuren im Jugendbereich ergriffen wurden. Hoffentlich können die Lehren aus dieser Erfahrung als Grundlage für den Entwurf bestmöglicher Lösungsansätze für die Jugend in der kommenden Zeit dienen.

Bereits seit einiger Zeit ist die Welt nicht mehr die, die sie einmal war. Wie alle anderen mussten auch junge Menschen ihren Alltag umstellen. Wie gehen junge Menschen mit dieser Herausforderung um und was empfinden sie dabei? Meiner Ansicht nach sind das die entscheidenden Fragen für alle, die in der Jugendarbeit und Jugendpolitik tätig sind. Hier gilt nach wie vor: Ein guter Kontakt und eine vertrauensvolle Beziehung zu den Jugendlichen, um ihre Bedürfnisse zu verstehen, waren schon immer der Kern der Jugendhilfe – unabhängig von den Umständen.

Internationale Anerkennung der estnischen Jugendpolitik

Seit über zwei Jahrzehnten bemüht sich Estland um die Entwicklung einer evidenzbasierten, aktiven und zeitgemäßen Jugendpolitik. Im Oktober 2019 verlieh der World Future Council Estland den Future Policy Award 2019 für bürgerschaftliches Engagement und Teilhabe der Jugend an nachhaltiger Entwicklung und Frieden. Die Jury hob Estlands aktuellen Entwicklungsplan für den Jugendbereich lobend hervor. Dieser sieht einen umfassenden politischen Aktionsplan vor, welcher garantieren soll, dass alle Jugendlichen Zugang zu einer Reihe von Möglichkeiten zur Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung haben. Dieser Preis setzt die positive internationale Anerkennung des estnischen Ansatzes zur Jugendpolitik fort.

Im Jahr 2018 hob der OECD-Bericht zur Bestandsaufnahme im Jugendbereich (engl. „Youth Stocktaking Report“) Estland als eines der wenigen OECD-Länder hervor, in denen die junge Generation der Regierung mehr vertraut als ältere Generationen. Laut OECD lässt sich dies, neben anderen Gründen, auf die umfassende Entwicklung des Jugendbereichs in Estland zurückführen. Es braucht eine klare Vision und Strategie, um junge Menschen zu befähigen und sie dabei zu unterstützen, grundlegende Kompetenzen für ihr eigenes Wohlergehen und ihre Rolle als aktive Bürgerinnen und Bürger zu erwerben, so der Bericht. Korrekt! Aber wie stellen wir sicher, dass niemand ausgegrenzt wird – vor allem in Zeiten räumlicher Trennung?

Stärke der Jugendarbeit liegt in der Vielfalt

Lassen Sie mich gleich zu Beginn festhalten, dass es dafür auch in Estland keine Zauberformel gibt. Es hat jedoch einige strategische Entscheidungen und Maßnahmen gegeben, um die Jugendlichen während der Krise weiter zu unterstützen.

Eine der Stärken des Jugendbereichs in Estland liegt in seiner Vielfalt. Er dient einem breiten Spektrum von Interessen und Bedürfnissen junger Menschen im Alter von 7 bis 26 Jahren, wie es in Estland definiert ist. Während des Ausnahmezustands war es eine staatliche Priorität, die Fortführung der Aktivitäten im Jugendbereich zu gewährleisten. Sowohl die Dachverbände und staatlichen Institutionen als auch die Fachkräfte vor Ort – in offenen Jugendzentren, Jugendorganisationen, Freizeitaktivitäten und Freizeitbildung, Jugendprojekten und schulischer Jugendarbeit etc. – haben sich bemüht, ihre Aktivitäten schnell anzupassen und den Jugendlichen weiterhin Möglichkeiten für sinnvolle, nicht formale Lernerfahrungen zu bieten. Im Jahr 2016 hatte Estland ein nationales Konzept für „Smart Youth Work“ verabschiedet und damit ein Innovationskonzept mit einem besonderen Augenmerk auf digitale Lösungen im Jugendbereich vorgelegt. Dieses Konzept ist seitdem eine wichtige Quelle der Inspiration für die Jugendarbeit und gerade in der Krise waren die digitalen Lösungsansätze für die schnelle Anpassung der Jugendarbeit von enormer Bedeutung.

Beeindruckende Reichweite der Online-Angebote

Mit Ausruf des Notstands wurde der Bedarf nach verlässlichen Informationen, abgestimmt auf die Bedürfnisse junger Menschen sowie der Fachkräfte aus dem Jugendbereich, deutlich. Als einer der ersten Schritte veröffentlichte das estnische Zentrum für Jugendarbeit eine spezielle Webseite „für den Jugendbereich während des Ausnahmezustands“. Mit offiziellen Nachrichten und Anweisungen des Ministeriums für Bildung und Forschung, Hinweisen zu Web-Seminaren, Podcasts und anderen Unterstützungsaktionen verschiedener Partner aus dem Jugendbereich, einer Sammlung von Online-Ressourcen für Smart Youth Work, der Bitte um Verbreitung bewährter Praktiken etc. war diese Seite ein zentraler Informations- und Inspirationskanal auf nationaler Ebene für Fachkräfte und Träger im Jugendbereich.

Gleichzeitig erhielt das landesweite Jugendportal „Teeviit“ (zu Deutsch „Wegweiser“) die Aufgabe, etwas Ähnliches für die Jugendlichen selbst anzubieten mit einer speziellen Seite und der Besonderheit, dass die Informationen während des Ausnahmezustands in estnischer und russischer Sprache zur Verfügung gestellt wurden. In den Folgewochen wurden über das landesweite Jugendportal diverse Initiativen vorgebracht, um jungen Menschen mehr Gehör zu verschaffen durch Online-Umfragen, Challenges etc. Zum Beispiel wurde während der Frühjahrsferien mit mehreren Partnern der Zusammenarbeit, etwa dem Sozialversicherungsamt, dem Polizei- und Grenzschutzamt sowie Social-Media-Influencern eine Jugendinformationskampagne aufgesetzt, die rund 320.000 Mal aufgerufen wurde (über 50.000 Aufrufe pro Tag) und durch Online-Challenges über 800 junge Menschen erreichte. Aus strategischen Gründen wurde ein junges, ehrenamtlich arbeitendes Team aktiv an der Konzipierung dieser nutzerfreundlichen Ansätze für Jugendinformationen in der besonderen Krisensituation beteiligt.

Aktive Teilhabe über E-Sport und Social Media

Es wäre ein Ding der Unmöglichkeit zu versuchen, eine vollständige Liste aller Unterstützungsaktionen der diversen Partner des estnischen Jugendbereichs auf lokaler und nationaler Ebene während des Ausnahmezustands zu erstellen. Im Folgenden sollen daher nur einige der Ansätze hervorgehoben werden:

In Estland gibt es auf lokaler Ebene 281 offene Jugendzentren, die jungen Menschen am ehesten einen niedrigschwelligen Zugang bieten. Während der Corona-Krise waren die physischen Räumlichkeiten der Jugendzentren geschlossen, doch die meisten führten ihre Arbeit als virtuelle Jugendzentren auf digitalen Plattformen wie Roblox, Discord etc. fort und ermöglichten eine aktive Teilhabe der jungen Menschen über E-Sport und Social Media. Diese Trends haben bereits eine Reihe von Potenzialen und Herausforderungen der neuen digitalen Ansätze gezeigt: von sehr positiven Trends dank der Möglichkeit erstmals solche Jugendlichen anzusprechen, die virtuelle Jugendzentren gegenüber physischen Zentren bevorzugen, bis zu Fragen von Risiko und Sicherheit in digitalen Umgebungen sowie den dafür notwendigen Kompetenzen der Fachkräfte in der Jugendarbeit etc.

Der Bedarf nach mobiler Jugendarbeit und Streetwork ist gestiegen (auch im Zusammenhang mit der notwendigen Vermeidung von Jugendtreffen im öffentlichen Raum), um jungen Menschen dabei zu helfen, die Wichtigkeit der Auflagen zu verstehen und sie über alternative, digitale Jugendaktivitäten zu informieren. Die Umsetzung war unterschiedlich in den jeweiligen Kommunen, doch neben den Teams für mobile Jugendarbeit gab es auch einige sehr innovative Beispiele, zum Beispiel eingesetzte Drohnen mit Sprachbotschaften für Jugendliche auf öffentlichen Plätzen.

Jugendring öffnete sich in der Krise

Jugendorganisationen und ihre Dachverbände haben sich neu ausgerichtet, um genügend virtuelle Alternativen zu ihren geplanten Präsenzveranstaltungen anzubieten (wie Online-Challenges, Web-Seminare, etc.). Zum Beispiel tat sich die estnische Organisation der Pfadfinder/-innen mit 360°, einem führenden Anbieter für Abenteuertouren, zusammen und gemeinsam führten sie anlässlich der jährlichen Frühlingswanderung ein innovatives digitales Format für Wanderungen ein – mit über 500 Teilnehmenden, die sich mit Einzel-Wanderungen beteiligten und ein virtuelles Lagerfeuer über YouTube genossen. Besonders interessant bei dieser E-Hiking-Initiative war auch die Tatsache, dass die Wandernden nicht nur aus Estland, sondern auch aus weit entfernten Ländern wie Australien (!) stammten. Das ist ein Beispiel dafür, wie die üblichen Grenzen der physischen Jugendarbeit dank digitaler Lösungen überwunden werden. Der estnische Jugendring erstellte eine besondere Webseite mit einem Überblick über virtuelle Angebote verschiedener Organisationen und betonte, dass diese Angebote während der Krise von allen jungen Menschen genutzt werden könnten, unabhängig von der sonst üblichen Beschränkung auf Mitglieder.

Estland hat eine lange Tradition der Freizeitbildung. Hierbei handelt es sich um eine einzigartige, auf Lehrplänen basierende, nicht formale Form der Bildung, die freiwillig von Jugendlichen genutzt wird, um langfristig von der angeleiteten Unterstützung durch Fachleute zu profitieren und eigene Kompetenzen auszubauen – sei es in Musik, Sport, Tech, MINT oder anderen Interessensgebieten. Die Freizeitschulen gehören zu den beliebtesten Aktivitäten im estnischen Jugendbereich. Über die Hälfte der jungen Bevölkerung nimmt an Kursen des umfangreichen Netzwerks von insgesamt 734 Freizeitschulen in ganz Estland teil. Zusätzlich werden Freizeitaktivitäten in diversen anderen Formaten organisiert. Während der Krise musste auch das nicht formale Lernen als Teil von Freizeitaktivitäten und Freizeitbildung aus der Ferne organisiert werden, zum Beispiel wurden virtuelle Angebote für Musik, Tanz, Kunst, Sport, Robotik und andere IKT-Events eingeführt.

Gleichzeitig gab es konkrete Bedenken vonseiten der privaten Freizeitschulen (534 von 734!), deren Finanzierung von Beiträgen abhängt. In den Fällen, in denen Organisationen nicht in der Lage waren, ihre Aktivitäten in virtuelle Angebote umzuwandeln, Eltern aufgrund der wirtschaftlichen Situation die Beiträge nicht weiter bezahlen konnten oder es ablehnten, nicht-physische Aktivitäten zu unterstützen etc., sahen sich Organisationen mit großen Risiken konfrontiert: Kündigung von Verträgen, Auszug aus den Räumlichkeiten aufgrund nicht zu leistender Mietzahlungen etc. Diese Organisationen sind daher die Hauptzielgruppe der besonderen Zuschüsse von der estnischen Regierung, um den durch die Krise entstandenen finanziellen Schaden im Jugend- und Bildungsbereich abzumildern.

Jugendarbeiter/-innen unterstützen Schulen

Ein weiteres Arbeitsfeld, das im estnischen Jugendbereich besondere Bedeutung hat, um die Beteiligung Jugendlicher an verschiedenen Formaten zu fördern, ist die Jugendarbeit in Schulen. In diesen kritischen Zeiten unterstützen Jugendarbeiter/-innen in Schulen auch weiterhin Jugendvertretungen und gemeinschaftliche außerschulische Aktivitäten über das Internet, um die Demokratie und Teilhabe in den Schulen besonders zu stärken. Um nur einige Beispiele zu nennen: Live-Discos, die von Tausenden Schülerinnen und Schülern mitverfolgt wurden; Online-Challenges für Kendama und andere bei Jugendlichen beliebte Aktivitäten; Kahoot und andere Umfragen, um zu erfahren, wie es jungen Menschen mit dem Fernunterricht ergeht und welche Art von Unterstützung sie benötigen.

Darüber hinaus gab es auch einige sehr inspirierende Beispiele, die eine stärkere Synergie zwischen formaler und nicht formaler Bildung gezeigt haben. Um diese Entwicklungen (v. a. hinsichtlich der besonderen Situation des Fernunterrichts etc.) zu fördern, gründete das estnische Zentrum für Jugendarbeit im April ein neues landesweites Portal namens NOPIK.

Dachverbände des Jugendbereichs – u. a. der estnische Verband für Fachkräfte der Jugendarbeit, der Verein der offenen Jugendzentren Estlands, der estnische nationale Jugendring und Vertretungen der Freizeitbildung – konnten ihre Zielgruppen im Jugendbereich durch zahlreiche Web-Meetings, Online-Beratungen etc. weiterhin unterstützen. Die estnische Nationale Agentur für die EU-Programme Erasmus+ und Europäisches Solidaritätskorps organisierten virtuelle Trainings und Idea Labs für Jugendliche und Träger der Jugendarbeit. All diese wichtigen Partner engagieren sich gemeinsam mit dem Ministerium für Bildung und Forschung sowie dem estnischen Zentrum für Jugendarbeit, um in der aktuellen Krise Zukunftsperspektiven für den Jugendbereich zu schaffen.

Zusammenarbeit mit Start-up-Szene

Apropos engere Zusammenarbeit: auch der öffentliche und der private Sektor zeigten gemeinsames Engagement. Estland hat einen hohen Pro-Kopf-Anteil von Start-ups und somit ein großes Potenzial. Als unmittelbare Reaktion auf die nötige Umstellung auf Fernunterricht kündigten viele Start-ups aus der Entwicklung von Lernangeboten – wie 99math.com, Lingvist.com, Clanbeat.com, Speakly.me, ALPA Kids etc. – an, ihre Produkte während der Krise für Organisationen im Jugend- und Bildungsbereich unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Dies galt nicht nur für Estland, sondern auch für das Ausland, um noch mehr Menschen zu erreichen.

Ein weiteres Beispiel ist die Zusammenarbeit des estnischen Zentrums für Jugendarbeit mit dem estnischen Start-up Veriff und anderen Partnern: Keine 10 Tage nach Ausruf des Notstands veröffentlichten sie ein komplett web-basiertes System, das es Fachkräften der Jugendarbeit ermöglichte, sich während der Bewerbungsrunde im Frühjahr 2020 um berufliche Qualifikationsstandards zu bewerben. Darüber hinaus organisierten zahlreiche Partner aus der Start-up-Szene und dem öffentlichen Sektor Anfang April einen Hackathon für 16- bis 19-Jährige zum Thema Covid-19 unter dem Namen „Hack the Crisis: Youth“, um die Ideen und Lösungsansätze der Jugendlichen zur Pandemie und den potenziellen Folgen in den Vordergrund zu rücken. Warum behalten wir dieses „gemeinsame Ärmelhochkrempeln“ nicht bei und setzen die engagierte Zusammenarbeit nach der Krise fort?

Jugendarbeit spielt zentrale Rolle

Trotz all dieser inspirierenden Beispiele hängt die Neuausrichtung hin zu innovativen digitalen Formaten selbstverständlich stark von einer Reihe von Faktoren ab: u.a. vom Zugang junger Menschen zu digitalen und anderen Ressourcen; von den Ressourcen der Träger der Jugendarbeit; von Innovation und digitalen Kompetenzen der Fachkräfte der Jugendarbeit; von Entscheidungen der Verwaltungen von Einrichtungen und auf kommunaler Verwaltungsebene. Dem wird in der nahen Zukunft viel Aufmerksamkeit geschenkt werden, um den potenziellen Schaden für die junge Bevölkerung zu minimieren und eine weitere Ausgrenzung junger Menschen zu vermeiden.

Im Mai 2020 hat Estland den rotierenden Vorsitz des UN-Sicherheitsrats inne. Der ständige Vertreter Estlands vor den Vereinten Nationen, Botschafter Sven Jürgenson, betonte, dass junge Menschen während der gegenwärtigen Pandemie zu den größten Opfern gehörten (The New York Times, 27.04.2020). Das zeigt, dass Estland der Jugendarbeit eine zentrale Rolle während der Phasen des Ausstiegs aus der Krise und der Zeit danach zuschreibt.

Fachkräfte der Jugendarbeit sind von grundlegender Bedeutung

Lassen Sie mich abschließend auf drei Gedanken eingehen, die ich gerne als Säulen für die künftige Entwicklung von jugendorientierten politischen Maßnahmen und Dienstleistungen sehen würde:

Junge Menschen haben auf beeindruckende Weise demonstriert, dass sie sich schnell an Veränderungen anpassen können. Um dazu in der Lage zu sein, müssen jedoch die nötigen Rahmenbedingungen für die Jugendlichen geschaffen werden, insbesondere unter Berücksichtigung ihres Bedarfs nach jugendfreundlichen Informationen, der Förderung der psychischen Gesundheit und besonderer Aufmerksamkeit für gefährdete Jugendliche, um nur einige zu nennen. Das bedeutet, dass alle Erwachsenen im Umfeld von Jugendlichen – aber auch junge Menschen untereinander – noch aufmerksamer und bemühter sein müssen, um gewisse Situationen zu erkennen, sich dafür zu interessieren und, wenn nötig, zu handeln.

Die Fachkräfte der Jugendarbeit sind grundlegend für den Aufbau vertrauensvoller Beziehungen und für eine sinnvolle Unterstützung der jungen Menschen. Für die Nachhaltigkeit solch einer professionellen und hochwertigen Unterstützung der Jugend ist es wichtig, dass die Jugendhilfe so bald wie möglich durch ein vielfältiges Angebot fortgesetzt wird und dieses trotz der schwierigen Wirtschaftslage weiterhin finanziell unterstützt wird. Darüber hinaus muss die Jugendarbeit während des Ausstiegs aus der Krise und in der Zeit nach der Krise besonders beachtet und anhand von Maßnahmen unterstützt werden, sowohl auf lokaler als auch auf nationaler Ebene, durch Strukturfonds etc.

Nichts für die Jugend ohne Jugend! Klingt gut, aber wie? Leider war es während der Krise nicht allzu üblich, junge Menschen aktiv einzubeziehen und die bestmöglichen Lösungen für die Krise basierend auf ihren Beiträgen zu suchen. Das muss nun auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen Formaten verstärkt werden, u. a. durch Jugendvertretungen in lokalen Verwaltungen und staatlichen Institutionen, durch Schülervertretungen in Schulen und durch die Entwicklung von Dienstleistungen und aktiver Mitgestaltung in Organisationen der Jugendarbeit. Doch das sind alles Formate, die wir schon kennen (und in gewissem Maße bereits nutzen). Was könnte jungen Menschen außerdem eine größere Mitsprache ermöglichen – und zwar in den Formaten, die am besten zu ihnen passen, und ohne andere dabei auszugrenzen?

Vorbildliches Krisenmanagement

Hoffentlich werden diese und viele weitere interessante Fragen zur Entwicklung einer bestmöglichen Unterstützung der Jugend kontinuierlich untersucht und beantwortet.

Ich ziehe den Hut vor den jungen Menschen, ihren Eltern und all den Kolleginnen und Kollegen im Jugendbereich, sowohl in Estland als auch international, die sich während der Krise mit Leib und Seele für das Wohlergehen der Jugendlichen eingesetzt haben. Ein besonderer Dank gilt Karl Andreas Sprenk und seinen Kolleginnen und Kollegen vom Referat für Jugendangelegenheiten des estnischen Ministeriums für Bildung und Forschung für ihren wertvollen Beitrag zu diesem Artikel, vor allem aber für das vorbildliche Krisenmanagement im Jugendbereich auf nationaler Ebene.

Über die Autorin

Ülly Enn ist Leiterin von „Smart Youth Work“ im Estnisches Zentrum für Jugendarbeit. Das Zentrum ist ein nationales Kompetenzzentrum für Jugendarbeit und Jugendpolitik in Estland, das 1999 unter der Verwaltung des Ministeriums für Bildung und Forschung mit der Mission gegründet wurde, die Qualität und Professionalität des Jugendbereichs durch vielfältige Maßnahmen zu verbessern: u. a. Trainings, Veröffentlichungen und Online-Ressourcen, Unterstützung der lokalen Jugendhilfe, Jugend-Monitoring, Umsetzung des beruflichen Qualifikationsstandards für Fachkräfte der Jugendarbeit, internationale Zusammenarbeit oder Verwaltung unterschiedlicher Staatsfonds im Jugendbereich.

Quelle: IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V.

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