Europa

Kalmer: Europa ist selbstverständlich

Die Europawahl 2014 steht kurz bevor. Theresa Kalmer, Vorstandsmitglied der Grünen Jugend, spricht im Interview mit dem Fachkräfteportal über ihr Verständnis von Europa und warum Nationalismus und EU nicht zusammen passen.

21.05.2014

Theresa Kalmer, Sprecherin der Grünen Jugend, wuchs in Bayern auf, absolvierte eine Freiwilliges Soziales Jahr in Tel Aviv und studiert nun Philosophie und Politikwissenschaft in Halle. Seit ihrem 16. Lebensjahr ist Kalmer Mitglied der Grünen Jugend und seit 2011 ist sie Mitglied im Bundesvorstand. Ihre Schwerpunktthemen sind Ökologie, Europapolitik und Queerpolitik.

Fachkräfteportal: Sie haben in Ihrer <link http: www.gruene-jugend.de personen theresakalmer external-link-new-window external link in new>Selbstvorstellung unter Ihren politischen Schwerpunktthemen „Europa“ angegeben. Wieso ist Ihnen dieses Thema so wichtig?

Theresa Kalmer: Ich gehöre einer Generation an für die die EU selbstverständlich ist. Die Vorstellung von Passkontrollen scheint uns mehr als absurd. Wir wachsen mit Englischunterricht auf und lernen oft noch eine weitere Sprache. Und nach der Schule ist es uns durch verschiedene Austauschprogramme möglich ein soziales Jahr in einem europäischen Staat zu machen, zu studieren oder eine Ausbildung zu absolvieren. Wir leben Europa, wenn wir mit dem Euro zahlen oder den Eurovision-Songcontest schauen. Und manchmal merken wir es schon gar nicht mehr.  

Auf der anderen Seite wird tagtäglich in Zeitungen, Radio oder Fernsehen darüber berichtet wie schrecklich EU-Politik ist. Irgendwelche Menschen diskutieren über irgendwelche Dinge und entscheiden irgendwelche Sachen. Alles erscheint hochkomplex, undurchsichtig, weit weg und miteinbezogen wird man sowieso nicht.

Diese Diskrepanz ist sehr gefährlich. Viele nutzen sie heute, um uns vorzugauckeln, dass wir die EU nicht brauchen: Mehr Bekenntnisse zu unseren Nationalstaaten wäre sinnvoller und eine Abschottung jeder Staaten nach außen eh das Beste. So zumindest die Parolen von AfD, NPD, Front National und Co.

Sie sprechen sich ziemlich deutlich gegen rechte Parteien aus. Was schlagen Sie vor, wie sollte Europa auf nationalistische Tendenzen reagieren bzw. wie reagieren Sie darauf?

Ich mache Politik vor allem auch deswegen, um diesem Nationalismus und Rechtspopulismus etwas entgegen zu setzen. Mir ist es wichtig, dass Entscheidungen auch über Staatsgrenzen hinaus gedacht werden. In vielen Bereichen brauchen wir heute staatsübergreifende Lösungen: im Klimaschutz, in der Handelspolitik, in der Flüchtlingspolitik, in der Netzpolitik. Die EU ist ein Projekt, das versucht aus Nationalstaaten eine neue Staatlichkeit (bei der niemand weiß wie sie genau aussieht und wie sie aussehen soll) zu kreieren, die Antworten auf die Probleme und Herausforderungen unserer Zeit findet. Klar ist da vieles noch nicht perfekt, wie wir zur Zeit merken. Aber Krisen sind immer dazu da, sie auch zu durchstehen und Chancen darin zu entdecken. Wir brauchen die EU heute mehr denn je.

Welche Lösungen tun sich nach Ihrer Sicht auf?

Heute sind über die Hälfte der Jugendlichen in Spanien arbeitslos. Das ist eine erschreckende Zahl. Aber anstatt jetzt alle Staaten mit ihren Schulden und Arbeitslosenzahlen allein im Regen stehen zu lassen, brauchen wir europäische Lösungen. Wir brauchen Euro-Bonds und europäische Arbeitslosenversicherungen. Es ist an der Zeit, dass aus der Wirtschaftsunion EU, auch eine Sozialunion wird. Nur eine weitergehende europäische Integration, eine vermehrte Verlagerung von nationalstaatlichen Kompetenzen auf EU-Ebene, gibt uns die Möglichkeit die EU nicht zerfallen zu lassen.

Wie können Bürgerinnen und Bürger der EU Europäische Integration voranbringen?

Diese tiefergreifende Europäische Integration ist für mich bei weitem kein politisches Elitenprojekt. Es ist vor allem ein Projekt, das uns alle betrifft. Wir haben die Möglichkeit über Austauschprojekte, die EU uns und anderen erlebbar zu machen. Und wir haben die Möglichkeit durch unsere Wahlentscheidung der EU eine Richtung zu geben. Es wird sich entscheiden, ob danach Nationalismus und Rechtspopulismus wieder zum guten Ton gehört oder die EU ein Projekt ist, das friedliches Zusammenleben fördert.

Mir ist es wichtig, dass die EU nicht den Glauben in ihre Menschen verliert und dass die Menschen nicht den Glauben in die EU verlieren. Ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass die EU für meine und die nachkommenden Generationen auch Selbstverständlichkeit bleibt.

Back to Top