Europa
Internationaler Tag gegen Rassismus: Solidarische Gesellschaften sind widerstandsfähiger
Während immer mehr Länder Maßnahmen einführen, um die Gesundheit der Bevölkerung vor der aktuellen Gefahr zu schützen, müsse daran erinnert werden, dass eine auf Solidarität und Inklusion beruhende Gesellschaft unter sich rasch ändernden Umständen widerstandsfähiger ist, erklärten die Leiter/-innen dreier europäischer Menschenrechtsorganisationen zum Internationalen Tag für die Beseitigung der Rassendiskriminierung am 21. März.
24.03.2020
Die rasche Ausbreitung des neuartigen Coronavirus über Kontinente und Ländergrenzen hinweg darf nicht als Entschuldigung für rassistisch motivierte Diskriminierung und Hassdelikte dienen, und deren Opfer müssen umgehend unterstützt werden, so die Leiter/-innen des Büros der OSZE für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR), der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) und der Kommission des Europarates gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI).
Diskriminierung ist inakzeptabel und kontraproduktiv
„In der aktuellen Lage sind Intoleranz und Diskriminierung nicht nur inakzeptabel, sondern auch kontraproduktiv“, unterstrich die Direktorin des BDIMR, Ingibjörg Sólrún Gísladóttir. „Migrant(inn)en, Angehörige von Minderheiten und ihre Familien leiden ebenso wie wir alle unter dem Chaos und der Ausnahmesituation, die infolge der neuen Krankheit in den Ländern herrschen. Wir werden diese Schwierigkeiten bewältigen, wie wir auch andere in der Vergangenheit bewältigt haben, doch nur, wenn wir zusammen- und füreinander arbeiten.“
Die Zivilgesellschaft und die Organisationen, welche die Interessen gesellschaftlicher Gruppen vertreten, spielen eine wichtige Rolle im Kampf gegen Vorurteile. Doch die Hauptverantwortung dafür, dass die Menschen, die Zielscheibe von Hass sind, geschützt werden und gezielte Unterstützung erhalten, tragen die Regierungen, insbesondere in dieser schwierigen Phase.
Maßnahmen zum Gesundheitsschutz müssen im Einklang mit den Menschenrechten stehen
„Ohne Zweifel benötigen wir nun entschlossene, durchdachte Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung. Doch ebenso notwendig ist es, dass diese Maßnahmen im Einklang mit den Menschenrechten aller stehen und nicht bestimmte Bevölkerungsgruppen unverhältnismäßig belasten“, betonte der Direktor der FRA, Michael O’Flaherty. „Wir analysieren derzeit, wie sich die von den Staaten ergriffenen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz auf die Menschenrechte auswirken, und werden unsere Ergebnisse in naher Zukunft veröffentlichen. Ich bin unverändert zuversichtlich, dass wir Maßnahmen ergreifen können, um das Menschenrecht auf Gesundheit zu achten, und gleichzeitig die Menschenrechte aller hochhalten können.“
Zu Opfern von Hassdelikten werden oftmals Angehörige von Bevölkerungsgruppen, die ohnehin alltäglicher Diskriminierung ausgesetzt sind, im Internet und abseits davon. Gleichzeitig fühlen sich die Opfer häufig von den Justizbehörden missverstanden und an den Rand gedrängt. Polizei und Staatsanwaltschaft müssen darum eine passende und einfühlsame Behandlung sicherstellen, damit sich die Opfer weder ignoriert fühlen noch die Erfahrung des Verbrechens erneut durchleben müssen.
Rassismus ähnelt in gewisser Weise dem Coronavirus
„In gewisser Hinsicht gleicht Rassismus dem Coronavirus: Er ist wie eine ansteckende Krankheit, die versteckt lauert, bis sie sich plötzlich ausbreitet und einzelnen Menschen, Familien, Bevölkerungsgruppen und der ganzen Gesellschaft schweren Schaden zufügt. In dieser schwierigen Phase müssen wir gemeinsam robuste Abwehrkräfte gegen Rassismus aufbauen und seine Ausbreitung durch rigorose Gesetze, wirksame Gleichbehandlungsstellen, ambitionierte Aktionspläne und inklusive Bildung eindämmen“, erklärte die Vorsitzende der ECRI, Maria Marouda. „Die Politik und die Menschen müssen sich deutlich gegen die von Hass geprägten Äußerungen stellen, für welche die derzeitige Pandemie der Auslöser ist. Die Behörden und Gleichbehandlungsstellen sollten allen betroffenen Bevölkerungsruppen ihre Unterstützung anbieten.“
Praxisleitfäden zum Umgang mit Hass
Angesichts der Wichtigkeit der Unterstützung für die innerstaatlichen Behörden und die Zivilgesellschaft beim Umgang mit Hass und seinen Auswirkungen auf die Opfer hat das BDIMR Praxisleitfäden für Strafverfolgungsbehörden, Lehrkräfte und Nichtregierungsorganisation entwickelt. Mithilfe des länderspezifischen Monitoring-Verfahrens der ECRI können die Staaten Lücken in ihren Gesetzen und Maßnahmen gegen Hasskriminalität erkennen und Verbesserungsvorschläge erhalten. Die von der FRA zusammengestellte, Beispiele aus mehreren EU-Mitgliedsstaaten enthaltende „Sammlung von Praktiken zur Bekämpfung von Hasskriminalität” bietet den Behörden weitere Leitlinien, um Hass wirksam entgegenzutreten. Diese Lösungen geben nicht nur den Opfern neue Hoffnung auf eine bessere Zukunft, sondern untermauern auch die Zuversicht, dass eine widerstandsfähige, auf Inklusion, Toleranz und gegenseitigem Verständnis beruhende Gesellschaft entsteht.
Hintergrund
Zum Gedenken an die 69 Menschen, die am 21. März 1960 während einer friedlichen Demonstration gegen die Apartheid im südafrikanischen Sharpeville von der Polizei getötet wurden, riefen die Vereinten Nationen sechs Jahre später den 21. März zum Internationalen Tag für die Beseitigung der Rassendiskriminierung aus.
Quelle: Europarat vom 20.03.2020
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