Belgien

Gesamtvision Bildung ermöglicht effizienteres und chancengerechteres Bildungssystem

Trotz insgesamt guter Ergebnisse wird das Potenzial des Bildungssystems der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens nach wie vor nicht vollständig ausgeschöpft. Die Gesamtvision Bildung, die derzeit erarbeitet wird, bietet laut einer neuen OECD-Studie die Chance, die Qualität, Effizienz und Bildungsgerechtigkeit zu verbessern – vorausgesetzt, dass sich alle Akteur:innen aktiv einbringen.

31.03.2022

Der Bericht „Quality and Equity of Schooling in the German-speaking Community of Belgium“ präsentiert die Ergebnisse einer OECD-Studie zum ostbelgischen Schulsystem. Die unabhängige Untersuchung, die die Stärken und Herausforderungen des Systems beleuchtet und international verortet, versteht sich als Beitrag zur Entwicklung der neuen Gesamtvision, die für Reformen bis 2030 und darüber hinaus als Richtschnur dienen wird.

Ergebnisse der Studie

Die Schulen der Deutschsprachigen Gemeinschaft profitieren von umfassenden Bildungsinvestitionen und günstigen Lernbedingungen. Trotzdem ist der Anteil besonders leistungsstarker Schüler:innen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft rückläufig und im internationalen Vergleich zudem relativ gering.

Eine erfolgreiche Umsetzung der Gesamtvision Bildung setzt voraus, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft die pädagogische Führungskompetenz der Schulleitungen stärkt und die Überarbeitung der Rahmenpläne dazu nutzt, den Unterricht und das Lernen zu verbessern. Außerdem muss der Lehrerberuf attraktiver werden und schülerzentriertes Lernen im Vordergrund stehen.

Damit die Lehrkräfte diesen Prozess aktiv mittragen, sollte die Deutschsprachige Gemeinschaft den Lehrkörper bei der Entwicklung der Gesamtvision auch künftig intensiv einbeziehen. Die Studie empfiehlt darüber hinaus, die Überarbeitung der Rahmenpläne auf die Ziele der Gesamtvision auszurichten und die Erhebung von Daten für die Fortschrittsmessung weiter zu optimieren. Wales, Neuseeland und andere OECD-Länder und -Volkswirtschaften haben vorgeführt, wie die Akteursbeteiligung in diesem Kontext gelingen kann.

Lehrkräftemangel entgegenwirken

Gute Lehrer:innen sind das Fundament eines erfolgreichen Schulsystems. Die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens hat allerdings mit einem akuten Lehrkräftemangel zu kämpfen. Vor diesem Hintergrund weist die Studie auf wichtige neue Initiativen hin, die Schulleitungsteams stärken und Lehrkräfte in den ersten Berufsjahren unterstützen. Es sind jedoch weitere Anstrengungen nötig, um sicherzustellen, dass der Lehrberuf intellektuell erfüllend ist, auf kontinuierliche berufliche Weiterentwicklung ausgerichtet ist und effektive Fortbildungsmaßnahmen mit Aufstiegschancen verknüpft. Dafür sollte die Gemeinschaft kooperative Weiterbildungsmodelle fördern und, insbesondere für das Lehrpersonal in der Primarstufe, die Karrierechancen verbessern.

Die Deutschsprachige Gemeinschaft bekennt sich zum Grundsatz der „Bildungsfreiheit“, und die Schulen und Schulträger genießen ein hohes Maß an Autonomie. Damit die Reformen auch in den Klassenzimmern ankommen, muss die pädagogische Führungskompetenz weiter gestärkt und vermehrt auf Selbstevaluierung und kontinuierliche Verbesserung gesetzt werden. Die Studie empfiehlt, die Schulleitung auf mehrere Personen zu verteilen, die Zusammenarbeit in und zwischen Schulen zu fördern und Ressourcen bereitzustellen, um der Schulleitung eine raschere Umsetzung der Schulentwicklungspläne zu ermöglichen.

Schüler:innen und ihre Bedürfnisse im Mittelpunkt des Lernens

Im Lauf der Jahre hat sich Inklusion zu einer Priorität des Schulsystems der Deutschsprachigen Gemeinschaft entwickelt. Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, Neuzugewanderte und Hochbegabte werden gezielt unterstützt. Um auf diesen beachtlichen Fortschritten aufzubauen, empfiehlt die OECD, die Schüler:innen und ihre Bedürfnisse noch stärker in den Mittelpunkt des Lernens zu stellen. Dies bedeutet auch, ein umfassenderes Verständnis von Inklusion zu entwickeln, das die Bedürfnisse aller Schüler:innen sowie sämtliche Dimensionen der Diversität in den Blick nimmt. Differenzierter Unterricht setzt zudem voraus, dass die Lehrkräfte stärker dabei unterstützt werden, den unterschiedlichen Lernniveaus und -stilen der Schüler:innen Rechnung zu tragen.

Hintergründe

Der vollständige Bericht kann unter dem Titel OECD Reviews of National Policies for Education: Quality and Equity of Schooling in the German-speaking Community of Belgium nachgelesen werden.

Das Bildungsportal der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens stellt außerdem auf ihren Internetseiten eine ausführliche Zusammenfassung auf Deutsch zur Verfügung.

Die OECD ist ein globales Forum, das mit über 100 Ländern zusammenarbeitet. Sie tritt ein für eine Politik, die die individuellen Freiheiten wahrt und das wirtschaftliche und soziale Wohlergehen der Menschen weltweit fördert.

Quelle: OECD vom 15.03.2022

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