Europa

Europäische Migrationsagenda: Weitere Anstrengungen erforderlich

Ein aktueller Bericht der Europäische Kommission zieht Bilanz über Fortschritte im Rahmen der Europäischen Migrationsagenda. Der Druck auf die nationalen Einwanderungssysteme sei weiterhin hoch. Aus dem Bericht geht auch hervor, dass trotz der Fortschritte weitere Maßnahmen notwendig sind. Er legt dar, welche Punkte aus dem Fahrplan der Kommission bis Juni 2018 ergriffen werden sollen.

15.03.2018

Die gemeinsame europäische Migrationspolitik der letzten Jahre trägt Früchte, es sind aber noch weitere Anstrengungen nötig. Das geht aus dem am 15. März von der EU-Kommission veröffentlichten Fortschrittsbericht über die Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda hervor. Mit 205.000 irregulären Grenzübertritten im Jahr 2017 ist die Zahl der Neuankömmlinge im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2014 um 28 Prozent gesunken. Der Druck auf die nationalen Einwanderungssysteme nimmt zwar ab, war mit 685.000 Asylanträgen im Jahr 2017 jedoch weiter hoch.

Fortschritte auf dem Weg zur Reform des Asylsystems

Der Erste Vizepräsident Frans Timmermans erklärte: „Im heutigen Bericht wird über die seit vergangenem November erzielten Fortschritte Bilanz gezogen, die auf unsere intensiven gemeinsamen Anstrengungen für eine umfassende Migrationssteuerung zurückzuführen sind. Wir müssen diese Dynamik beibehalten und hart an weiteren Fortschritten arbeiten, um unter anderem eine Einigung über das reformierte Asylsystem zu erzielen. So müssen etwa die Mitgliedstaaten dringend die von ihnen zugesagten finanziellen Beiträge leisten. Die Migrationssteuerung ist für unsere Bürgerinnen und Bürger nach wie vor vorrangig und kann nur gelingen, wenn wir wirklich vorbehaltlos an einem Strang ziehen.“

Erfolge der Strategie zur Migrationssteuerung

Die Hohe Vertreterin/Vizepräsidentin Federica Mogherini sagte: „Die Strategie, die wir zur Steuerung der Migration in Partnerschaft mit den wichtigsten betroffenen Ländern, den Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union verfolgen, trägt Früchte. Mit der gemeinsamen Taskforce AU-EU-UN haben wir mehr als 15.000 Menschen die Rückkehr in ihr Zuhause und einen Neuanfang ermöglicht sowie mehr als 1.300 Flüchtlinge aus Libyen evakuiert. Zusammenarbeit und gemeinsame Verantwortung sind von zentraler Bedeutung für eine wirksame Bewältigung dieser globalen Herausforderung.“

Druck auf nationale Einwanderungssysteme weiterhin hoch

Dimitris Avramopoulos, Kommissar für Migration, Inneres und Bürgerschaft, äußerte sich wie folgt: „Angesichts des Rückgangs der Zahl der Neuankömmlinge um fast 30 Prozent im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2014 ist es an der Zeit, unsere Anstrengungen auf breiter Front zu intensivieren und nicht nachzulassen. Wir dürfen uns jetzt nicht zurücklehnen. Wir müssen in den Bereichen Rückkehr, Grenzmanagement und legale Kanäle vermehrt und schneller handeln, insbesondere bei der Neuansiedlung aus Afrika, aber auch aus der Türkei.“

Mit 205.000 irregulären Grenzübertritten im Jahr 2017 ist die Zahl der Neuankömmlinge im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2014 um 28 Prozent gesunken. Der Druck auf die nationalen Einwanderungssysteme nimmt zwar ab, bleibt mit 685.000 Asylanträgen im Jahr 2017 jedoch hoch.

Rettung von Menschenleben und Bekämpfung der Ursachen

Die Arbeit entlang der zentralen Mittelmeerroute wurde weiter beschleunigt, wobei der Hauptschwerpunkt auf der Rettung von Menschenleben, dem Schutz von Migranten entlang der Route sowie der freiwilligen Rückkehr und der Reintegration in den Herkunftsländern lag:

  • Mehr als 285.000 Migranten wurden seit Februar 2016 im Rahmen von EU-Operationen im Mittelmeer gerettet; zudem wurden im Jahr 2017 über 2000 Migranten in der Wüste gerettet, nachdem sie von Schleusern ihrem Schicksal überlassen worden waren.
  • Die im November 2017 eingesetzte gemeinsame Taskforce der Afrikanischen Union, der Europäischen Union und der Vereinten Nationen hat in Zusammenarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) dazu beigetragen, dass mehr als 15.000 Migranten aus Libyen in ihre Heimatländer zurückkehren konnten. Darüber hinaus wurden im Rahmen des neuen, von der EU finanzierten Nothilfe-Transitmechanismus des UNHCR mehr als 1300 Flüchtlinge aus Libyen evakuiert und sollten nun rasch in Europa neu angesiedelt werden. Die gemeinsamen Bemühungen werden fortgesetzt, um inhaftierte Migranten zu evakuieren, den katastrophalen Haftbedingungen ein Ende zu bereiten und Schleuser- und Menschenhändlernetzwerke zu zerschlagen.
  • Der EU-Treuhandfonds für Afrika spielt weiterhin eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung der Ursachen, beim Schutz von Migranten und Flüchtlingen entlang der Route und bei der Bekämpfung von Schleuserkriminalität und Menschenhandel. In diesem Zusammenhang wurden bislang 147 Programme in der Sahelzone und im Tschadseebecken, am Horn von Afrika und in Nordafrika mit einer Gesamtmittelausstattung von 2,5 Mrd. Euro genehmigt. Allerdings fehlen derzeit noch mehr als 1 Mrd. EUR für die anstehenden wichtigen Arbeiten.
  • Die Investitionsoffensive für Drittländer mit ihrem Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung stößt auf großes Interesse vonseiten der Partnerfinanzinstitutionen und des Privatsektors. Die Reaktion auf die erste Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für Investitionsvorschläge im Rahmen des Garantiefonds ist vielversprechend. Zusätzliche Beiträge der Mitgliedstaaten dürften von wesentlicher Bedeutung sein, um der hohen Nachfrage entsprechen zu können.

Die Erklärung EU-Türkei trägt weiter Früchte, wobei die Zahl der irregulären und gefährlichen Überfahrten im Vergleich zur Periode vor Inkrafttreten der Erklärung um 97 Prozent zurückgegangen ist. Die Kommission hat die zweite Tranche der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei in Höhe von 3 Mrd. Euro freigegeben, nachdem die erste Tranche der Fazilität bis Ende 2017 vollständig vertraglich gebunden worden war.

Verstärktes Außengrenzmanagement

Die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache setzt zur Unterstützung der nationalen Grenzschutzbeamten derzeit 1.350 Experten entlang aller Migrationsrouten ein, wobei zur Unterstützung der laufenden Maßnahmen jedoch weiteres Personal und weitere Ausrüstung benötigt werden. Parallel dazu wird an der Entwicklung der Strategie eines integrierten europäischen Grenzmanagements gearbeitet, wodurch zum Ausdruck kommt, dass es sich bei den Außengrenzen der EU um gemeinsame Grenzen handelt, die kollektives und abgestimmtes Handeln der Behörden der Mitgliedstaaten und der EU erfordern. Der vorgelegte Bericht enthält die wichtigsten Elemente für die Entwicklung dieser Strategie, die nun von den Behörden der Mitgliedstaaten und der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache aufgegriffen werden sollte.

Rückkehr und Rückübernahme

Derzeit werden erhebliche Fortschritte bei der Verbesserung der Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern im Bereich der Rückführung erzielt. Seit letztem Sommer wurden mit drei weiteren Herkunftsländern praktische Vereinbarungen über die Rückführung getroffen‚ und Gespräche mit mehreren weiteren Partnerländern sind im Gange. Die Kommission schlägt für den Fall, dass ein Partnerland bei der Rückübernahme nicht hinreichend kooperiert, zudem die Einführung eines neuen Mechanismus für strengere Bedingungen für die Bearbeitung von Visumanträgen vor. Zwar unterstützt die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache in zunehmenden Maße Rückführungsaktionen‚ doch müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass Migranten im Rahmen dieser gemeinsamen Aktionen wirksam rückgeführt werden. Seit Mitte Oktober 2017 wurden 135 Aktionen, bei denen rund 4.000 Personen rückgeführt wurden, von der Agentur unterstützt.

Nahezu abgeschlossene Umverteilung, Zeit für weitere Neuansiedlungsimpulse

Die seit mehr als zwei Jahren bestehende Umverteilungsregelung der EU nähert sich ihrem erfolgreichen Ende. Nahezu 34.000 Personen, d.h. über 96 Prozent aller registrierten Umverteilungsanwärter, wurden unter Mitwirkung fast aller Mitgliedstaaten umverteilt. Die Überstellung der verbleibenden Antragsteller (149 in Griechenland und 933 in Italien) wird derzeit vorbereitet. Die im Juli 2015 beschlossene Neuansiedlungsregelung der EU wurde 2017 ebenfalls erfolgreich abgeschlossen, wobei insgesamt 19.432 schutzbedürftige Personen sicher nach Europa verbracht wurden und weiterhin Neuansiedlungen im Rahmen der Erklärung EU-Türkei durchgeführt werden. Im Rahmen der neuen Neuansiedlungsregelung der Kommission für mindestens 50.000 Flüchtlinge haben bislang 19 Mitgliedstaaten nahezu 40.000 Plätze zugesagt.

Nächste Schritte

Mit Blick auf die Zukunft müssen die vielschichtigen migrationspolitischen Maßnahmen der EU weitergeführt werden. Dies erfordert eine angemessene Finanzierung, die sich sowohl auf höhere Beiträge aus dem EU-Haushalt als auch auf eine verstärkte Unterstützung durch die EU-Mitgliedstaaten stützen sollte.

  • Dublin-Reform: In Einklang mit dem politischen Fahrplan der Kommission vom Dezember 2017 müssen auch die Bemühungen im Hinblick auf eine umfassende Einigung über eine nachhaltige Migrationspolitik bis Juni 2018 verstärkt werden.
  • Gemeinsame Taskforce AU–EU–UN: Es wird weiter daran gearbeitet, Menschen dabei zu helfen, Libyen zu verlassen, und in Zusammenarbeit mit den libyschen Behörden die systematische Inhaftierung von Migranten abzuschaffen.
  • EU-Treuhandfonds für Afrika: Damit auch weiterhin Programme in allen drei geographischen Regionen unterstützt werden können, müssen die Mitgliedstaaten angemessene Beiträge leisten, um drohende neue Finanzierungslücken zu schließen.
  • Investitionsoffensive für Drittländer: Die Mitgliedstaaten sollten zusätzliche Mittel bereitstellen, um die Wirksamkeit und die Reichweite der Investitionsoffensive für Drittländer zu erhöhen.
  • Außengrenzen: Die Vorbereitung der technischen und operativen Strategie für das integrierte europäische Grenzmanagement sollte zügig vorangebracht werden. Die Mitgliedstaaten sollten dringend die fehlenden Zusagen für Experten und technische Ausrüstung für die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache geben.
  • Rückkehr/Rückführung: Während die Anstrengungen zum Abschluss weiterer Rückübernahmevereinbarungen intensiviert werden müssen, sollten die Mitgliedstaaten bereits jetzt die bestehenden Vereinbarungen umfassend nutzen und zügig mehr Personen im Rahmen der von der Europäischen Grenz- und Küstenwache organisierten Maßnahmen rückführen.
  • Neuansiedlung: Die Mitgliedstaaten sollten zügig mit Neuansiedlungen im Rahmen der neuen Regelung für prioritäre Länder beginnen. Flüchtlinge, die im Rahmen des Nothilfe-Transitmechanismus aus Libyen evakuiert wurden, sollten dringend neu angesiedelt werden.
  • Erklärung EU-Türkei: Zusätzlich zur Mobilisierung der zweiten Tranche der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei in Höhe von 3 Mrd. Euro sollten die griechischen Behörden unter anderem durch die geplanten Änderungen des griechischen Asylrechts rasch Verbesserungen bei den Rückführungen im Rahmen der Erklärung erzielen. Zudem müssen die Bemühungen zur Herstellung angemessener Aufnahmebedingungen in den Hotspots intensiviert werden. Der Rat sollte die Regelung über die freiwillige Aufnahme aus humanitären Gründen aktivieren, damit die Kontinuität der Neuansiedlungen aus der Türkei sichergestellt ist.

Hintergrund

Am 13. Mai 2015 schlug die Europäische Kommission mit der Europäischen Migrationsagenda eine weitreichende Strategie vor, um zum einen die dringendsten Herausforderungen der anhaltenden Krise zu bewältigen und zum anderen der EU Instrumente für eine bessere mittel- und langfristige Steuerung der Migration in den Bereichen irreguläre Migration, Grenzen, Asyl und legale Zuwanderung an die Hand zu geben.

In der Mitteilung zu den Forschritten werden die Entwicklungen seit November 2017 und die im Rahmen des im Dezember 2017 vorgelegten politischen Fahrplans der Kommission erzielten Fortschritte im Hinblick auf eine umfassende Einigung im Bereich der Migrationspolitik präsentiert.

Den gesamten Bericht über die Fortschritte bei der Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda (PDF, 482 KB) kann auf der Internetseite der Europäischen Kommission eingesehen werden.

Quelle: Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland vom 14.03.2018

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