Ausland

Die österreichische Jugend in der verordneten Corona-Isolation

Das Wiener Institut für Jugendkulturforschung hat bei den jungen Menschen in Österreich nachgefragt: Von der Krise profitiert neben Bundeskanzler Sebastian Kurz vor allem der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Mit dem persönlichen Risiko, sich mit dem Coronavirus zu infizieren gehen drei Viertel der Befragten sehr gelassen um. Allerdings blickt knapp die Hälfte düster in die Zukunft. Vor allem die unterprivilegierten und bildungsfernen Schichten sehen unsichere Zeiten auf sich zukommen.

27.04.2020

Zwischen dem 25. März und dem 8. April 2020 wurden vom Institut für Jugendkulturforschung in Kooperation mit tfactory Trendagentur 1000 repräsentativ ausgewählte österreichische Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 16 bis 29 Jahren online zu ihrem Leben in der CORONA-Isolation befragt.

Sebastian Kurz und ORF als große Gewinner der Krise

Dabei zeigte sich deutlich, dass die Corona-Krise einen großen Sieger kennt: Sebastian Kurz. Bei 60% der Befragten ist Sebastian Kurz während der Corona-Krise in der persönlichen Wertschätzung gestiegen. Er gilt unter den Jungen als verlässlicher Krisenmanager, der das Land mit ruhiger Hand durch die Krise führt. Hervorstechend ist auch, dass Sebastian Kurz über alle Subgruppen (Geschlecht, Alter, Bildung, Region, Migrationshintergrund) hinweg Traumwerte erzielt. Soziodemographisch betrachtet sind an seinem Persönlichkeitsprofil keine Schwachstellen mehr erkennbar.

Die Grünen profitieren im Vergleich zu Sebastian Kurz von ihren Spitzenpositionen in der Regierung mäßig. Kogler und Anschober konnten bei der Mehrheit der Befragten ihre Wertschätzung nicht verbessern. Wertschätzungszuwächse verzeichnen sie überwiegend in bildungsnahen Milieus. Die SPÖ konnte mit der Ärztin Pamela Rendi-Wagner in der Corona-Krise überhaupt nicht punkten. Ihr Ansehen ist nur bei 8 Prozent der Befragten gestiegen.

Von der Corona-Krise profitiert nicht nur Sebastian Kurz, sondern auch der ORF. In unsicheren Zeiten wollen die jungen Menschen offenbar keine Experimente und greifen deshalb auf Bewährtes zurück. Die Zahlen sind eindeutig. 69% der befragten jungen ÖsterreicherInnen haben sich über das Thema "Corona" beim österreichischen Staatsfernsehen informiert. Weit abgeschlagen folgen die sozialen Medien und die Tageszeitung DER STANDARD. Letztere ist in den bildungsnahen Schichten stark präsent. Kronen Zeitung, Puls4 und Heute sind die Medienpartner der bildungsfernen Schichten. Ausgenommen von DER STANDARD hat der österreichische Print-, Boulevard und Privat-TV-Sektor ein veritables Jugendproblem.

Zukunftsverdüsterung: Sorgen um Wirtschaft und Arbeitsmarkt

Die Angst, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, ist nur bei einem Viertel der Befragten groß. Der Rest geht mit dem persönlichen Corona-Risiko sehr gelassen um. Dennoch hat sich bei 46% der Befragten aufgrund der Corona-Krise der Blick auf die Zukunft verdüstert. Besonders die unterprivilegierten und bildungsfernen Schichten sehen unsichere Zeiten auf sich zukommen. Die größten Sorgen macht sich Österreichs Jugend um die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt: Zwei Drittel der jungen Österreicherinnen und Österreicher befürchten, dass es im Gefolge des Corona-Shutdowns zu einer Weltwirtschaftskrise kommen wird. 80% sehen ein drastisches Ansteigen der Arbeitslosigkeit im Zuge der Corona-Problematik auf sich zukommen. Besonders bedroht von einer möglichen Massenarbeitslosigkeit fühlen sich die Jugendlichen mit Migrationshintergrund.

Folgen der Isolation: Spannungen in den Familien steigen

30% der Befragten konstatieren, dass seit der verordneten Isolation die Spannungen in der Familie steigen. Besonders die 16- bis 19-jährigen empfinden das beengte Zusammenleben in den Familien als unangenehm. 45% der 16- bis 19-jährigen haben das Gefühl, dass sich die Mitglieder ihrer Familie aufgrund der Beschränkungen zunehmend auf die Nerven gehen.

Der Videospielkonsum unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen nimmt explosionsartig zu. Bei 45% aller Befragten hat sich der Videospielkonsum in Zeiten der Corona-Isolation deutlich ausgeweitet. Bei den 16- bis 19-jährigen sind es sogar über 65%, die einen deutlich erhöhten Videospielkonsum bei sich konstatieren. 20% der befragten Jugendlichen geben an, in Corona-Zeiten mehr Alkohol zu trinken. Inwieweit die aus der Corona-Isolation folgende Monotonie und Langeweile bestimmten Süchten eine zusätzliche Dynamik verleiht, wäre zu untersuchen.

Detaillierte Ausführungen zu den angerissenen Themen und zusätzliche Informationen zu

  • Bedeutung von Freunden, Familie, Arbeit, Freizeit, Religion, Politik in Corona-Zeiten
  • Image von Politikern
  • Persönliche Zukunftserwartungen
  • Zukunft der Gesellschaft
  • Aufstiegshoffnungen
  • Freiheit/Grundrechte
  • Rolle der Boulevardmedien und Corona-Panik
  • Freundschaft in der Corona-Krise
  • Sorgen über Schul-, Lehr- und Uniabschlüsse

stellt das Institut für Jugendkulturforschung in ausführlichen Studienunterlagen (Tabellenband, Grafiken, textierter Bericht) zur „Jugendwertestudie 2020. Der Corona-Report“ zur Verfügung.

Quelle: Institut für Jugendkulturforschung vom 24.04.2020

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