Europa

„Die EU-Ratspräsidentschaft beginnt jetzt!“: Bundesjugendministerium stellte Pläne für deutsche EU-Ratspräsidentschaft vor

In der zweiten Jahreshälfte 2020 übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft. In einem ersten Dialogforum wurden die Vorhaben des BMFSFJ und die Erwartungen der Fachszene diskutiert. In seinem ausführlichen Tagungsbericht fasst JUGEND für Europa die wesentlichen Ergebnisse zusammen.

02.04.2020

Zu Information und Diskussion rund um die Vorhaben während der EU-Ratspräsidentschaft im Jugendbereich hatte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) in Kooperation mit JUGEND für Europa, dem Deutschen Jugendinstitut und dem Deutschen Bundesjugendring zum 1. Dialogforum EU-Ratspräsidentschaft nach Berlin eingeladen.

Vorhaben der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Jugendbereich

Zu Beginn skizzierte Uwe Finke-Timpe, Leiter des Referates für Europäische und internationale Jugendpolitik des BMFSFJ, den politischen Kontext der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Er betonte, dass sich der deutsche Vorsitz für ein positives Bild von Europa einsetzen und sich damit gegen aktuelle Tendenzen in Europa abgrenzen wolle, die eher auf nationalstaatliche Politik als auf gemeinschaftliche europäische Lösungen setzten.

Darüber hinaus habe die deutsche EU-Ratspräsidentschaft zum Ziel, einen europäischen Beitrag zur Umsetzung der drei inhaltlichen Säulen der EU-Jugendstrategie zu leisten. Die Entschließung des Rates vom 26. November 2018 (PDF 1,1 MB), welche die EU-Jugendstrategie von 2019 bis 2027 festlegt und die Leitlinie für die jugendpolitische Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten ist, sieht die drei Themenschwerpunkte Beteiligen, Begegnen und Befähigen vor.

Entlang dieser drei thematischen Schwerpunkte der EU-Jugendstrategie stellten anschließend Axel Stammberger und Ann-Kathrin Fischer, Referenten im Referat für Europäische und internationale Jugendpolitik, die einzelnen jugendpolitischen Vorhaben des BMFSFJ für die EU-Ratspräsidentschaft genauer vor.

Beteiligen: Das BMFSFJ möchte die EU-Ratspräsidentschaft dazu nutzen, unter dem Thema Jugend und Demokratie in Europa Schlussfolgerungen des Rates zur Partizipation junger Menschen am demokratischen Leben in Europa (Arbeitstitel) zu verabschieden. Im Rahmen des EU-Jugenddialogs, dem Jugendbeteiligungsinstrument der EU-Jugendstrategie, ist zudem Anfang Juli 2020 eine EU-Jugendkonferenz in Berlin geplant.

Begegnen: Im Zuge der Einführung des Europäischen Solidaritätskorps soll die 2008 beschlossene Ratsempfehlung zur Mobilität junger Freiwilliger auf Vorschlag der Europäischen Kommission während der deutschen Ratspräsidentschaft überarbeitet werden.

Ein weiterer Auftrag aus der EU-Jugendstrategie lautet, die EU-Jugendpolitik und die EU-Jugendprogramme, Erasmus+ JUGEND IN AKTION und Europäisches Solidaritätskorps, stärker miteinander zu verbinden. Hierfür werden die Generaldirektorinnen und Generaldirektoren, das heißt die für Jugend zuständigen Abteilungsleitungen der entsprechenden Ministerien in den EU-Mitgliedstaaten und die Leitungen der Nationalen Agenturen für die EU-Jugendprogramme, erstmals ein gemeinsames Treffen durchführen.

Befähigen: Das BMFSFJ möchte den Auftrag der Erstellung einer European Youth Work Agenda aus der EU-Jugendstrategie aufnehmen und eine entsprechende Ratsentschließung verabschieden sowie einen Umsetzungsprozess initiieren. Vom 07. bis 10. Dezember 2020 wird in diesem Kontext der europäische Fachkongress 3rd European Youth Work Convention in Bonn stattfinden. Ziel dieser Konferenz, so Axel Stammberger, sei der Beginn und die Konkretion der Umsetzung der European Youth Work Agenda im Anschluss an die dann vorliegende Ratsentschließung (welche im Jugendministerrat am 30.11.2020 verabschiedet werden soll).

Das BMFSFJ kooperiert in der Umsetzung dieser Vorhaben mit verschiedenen Partnern: So ist der Deutsche Bundesjugendring, als langjähriger Experte in der Umsetzung des EU-Jugenddialogs, der Kooperationspartner des BMFSFJ in Vorbereitung und Durchführung der EU-Jugendkonferenz. JUGEND für Europa unterstützt das BMFSFJ in der Entwicklung der European Youth Work Agenda und der Durchführung der 3rd European Youth Work Convention und bringt darüber hinaus seine Erfahrungen zum Thema Mobilität ein. Das Deutsche Jugendinstitut steht dem BMFSFJ als wissenschaftlicher und beratender Partner zur Seite.

Reaktionen

In drei Arbeitsgruppen sammelten die Teilnehmenden Themen, Anregungen und Empfehlungen für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. In der Arbeitsgruppe „Jugend und Demokratie“ wurden u.a. mehr Lern- und Reflexionsräume für Demokratieerfahrungen und mehr Beteiligungsmöglichkeiten in der gesamten Jugendphase angeregt. Die Teilnehmenden der Arbeitsgruppe „Mobilität junger Freiwilliger“ wünschten sich einen besseren Zugang zum Europäischen Solidaritätskorps für Jugendliche mit Förderbedarf, dafür eine bessere Mobilitätsberatung im Vorfeld und eine vereinfachte Verwaltung des Programms. In der Arbeitsgruppe zu „Youth Work“ stellte man die Empfehlung an die Ratspräsidentschaft auf, neue und innovative Elemente in die Youth Work Agenda aufzunehmen und sich dabei stärker an den Lebensrealitäten junger Menschen zu orientieren.

Alle drei Gruppen empfahlen, für eine inklusive Jugendarbeit (im Sinne von Jugendarbeit für alle) deren strukturelle, personelle und finanzielle Ausstattung anzuheben, Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten zu erweitern und das Zusammenspiel zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu verbessern. „Die deutsche Ratspräsidentschaft kann nur von allen Akteuren gemeinsam gestaltet werden“, fasste es Sandra Hildebrandt von der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie und Bundesratsbeauftragte in der EU-Ratsarbeitsgruppe Jugend, zusammen.

Dr. Tilman Graf vom nordrhein-westfälischen Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration erhofft sich Impulse für die Internationalisierung oder Europäisierung der Jugendhilfe: „Ich denke, dass durch die deutsche Ratspräsidentschaft eine Internationalisierung des Feldes insgesamt vorangetrieben wird, wenn ein entsprechender Umsetzungsprozess auch auf jugendpolitscher Ebene durchgeführt wird.“

Ganz ähnlich ging es Roman Fröhlich, Pädagogischer Leiter der Jugendbildungsstätte wannseeFORUM, die seit Kurzem mit dem Quality Label for Youth Centres des Europarats ausgezeichnet ist: „Ich wünsche mir, dass die gelabelten Jugendzentren in Europa, die ganz ähnliche Fragen wie die heute diskutieren, in den Prozess aktiv einbezogen werden, so dass wir über unsere Beteiligungsstrukturen im Haus die Stimme von Jugendlichen einbringen können und sich so das Ganze partizipativer gestaltet.“

Wie geht es weiter?

„Die EU-Ratspräsidentschaft beginnt jetzt!“ hatte Uwe Finke-Timpe vom BMFSFJ eingangs gesagt. Heißt auch: Es geht erst los. So richteten sich die im Abschlussplenum erfragten Wünsche der Teilnehmenden erwartungsvoll an das zweite Dialogforum, das im April in Stuttgart stattfinden sollte. Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen im Hinblick auf die Durchführungen von Veranstaltungen muss dieses aber leider ausfallen. Nichtsdestotrotz behalten die Wünsche der Teilnehmenden des ersten Dialogforums in Bezug auf die deutsche Ratspräsidentschaft Gültigkeit: Auf die abschließende Frage, wie das Plenum 2021 rückblickend die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im Jugendbereich am liebsten beschreiben würde, war die Antwort klar: jugendgerecht, partizipativ, engagiert.

Weitere Informationen zur Umsetzung der EU-Jugendstrategie finden sich auf den Themenseiten des Fachkräfteportals der Kinder- und Jugendhilfe: www.jugendhilfeportal.de/eu-jugendstrategie

Quelle: JUGEND für Europa

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