EU-Jugendstrategie

„Wir brauchen Koproduktionsnetzwerke“

transitions-Expert(inn)engespräch in Köln

In Köln fand am 17. Juni das 3. Expert(inn)engespräch des multilateralen Projekts „transitions - Gelingende Übergänge in Ausbildung und Arbeit“ statt. Die Expert(inn)enrunde berät die Projektverantwortlichen und zieht Schlüsse aus den Projektergebnissen. Die ersten Ergebnisse werden nun sichtbar und werden in den kommenden Monaten noch einmal vertieft und geschärft werden.

19.06.2013

Die Gesprächsrunde begann mit zwei wichtigen Impulsen zur Vernetzung von transitions: Jana Schröder vom „Zentrum Eigenständige Jugendpolitik“ schilderte die Ergebnisse des Fachforums zur Übergangsgestaltung, das vom Zentrum durchgeführt wurde, und die sich daran anschließenden Diskussionen. Ann-Kathrin Fischer gab die Ergebnisse der Konsultation des Strukturierten Dialogs zum Thema „gelingende Übergänge in Ausbildung und Arbeit“ wieder und gab den Teilnehmenden zudem Einblicke in das Partizipationsprojekt „Strukturierter Dialog“, das – wie transitions – Teil der Umsetzung der EU-Jugendstrategie in Deutschland ist.

Zwischenergebnisse der jugendpolitischen Prozesse vergleichbar

Die Ergebnisse aus beiden jugendpolitischen Prozessen weisen in eine ähnliche Richtung: Gefordert werden mehr Kooperation – beispielsweise zwischen Schulen und Betrieben –, mehr altersgemäße Formate in der Berufsorientierung und jugendgerechte Materialien in der Beratung, mehr Peer-Involvement und ein verbessertes Eingehen auf die individuellen Bedürfnisse von Jugendlichen, das sich beispielsweise in modular angelegten Ausbildungsmodellen niederschlagen könnte. Den im Strukturierten Dialog befragten Jugendlichen war zudem eine gemeinsame Verantwortung der über unterschiedliche Handlungsfelder verteilten Beteiligten im Bereich Übergänge wichtig.

Gerade der letzte Punkt kam vielen Teilnehmer/-innen der transitions-Expert(inn)enrunde entgegen, die aus den Erkenntnissen der bisherigen internationalen Fachprogramme zu vergleichbaren Schlüssen kommen. Auch sie wünschen sich mehr Kooperation zwischen Jugendhilfe, Schule, Jobcentern und weiteren Akteuren. Mehrere Teilnehmer/-innen betonten, dass es jedoch nicht ausreichend sei reine Informationsnetzwerke zu schaffen. Diese bestünden häufig bereits. Nötig seien Koproduktionsnetzwerke, in denen arbeitsteilig und auf Augenhöhe operiert werden könnte. Die Details einer solchen Koproduktion werfen jedoch auch Fragen auf. So wurde beispielsweise das Thema Datenschutz kontrovers als Hindernis oder notwendiger Schutz von Jugendlichen gegenüber Wirtschaftsinteressen diskutiert. Auch die Diskussion um die Kooperation mit der Wirtschaft machte deutlich, dass das Thema facettenreich ist, sich einfachen Handlungsforderungen entzieht und einer weiteren Schärfung bedarf.

Erkenntnisse aus dem internationalen Austausch

Robert Stracke von der Bremer Koordinationsstelle „Jugend stärken – aktiv in der Region“ berichtete aus dem von transitions im April in den Niederlanden durchgeführten Study Visits. Am Beispiel der Kommune 's‐Hertogenbosch wurden Ansätze von Vernetzung, Koordinierung und Steuerung auf lokaler Ebene in Augenschein genommen, die Kooperation mit Wirtschaft und Arbeitsmarkt beleuchtet und ein Projekt individueller Begleitung für Schulabbrecher/‐innen besucht. Robert Stracke war besonders vom Aspekt der Freiwilligkeit im Schulabbrecher/-innen-Projekt beeindruckt. Vordergründig habe das auf ihn den Eindruck eines Freizeitangebots gemacht, die Quote der in Ausbildung und Arbeit gebrachten Jugendlichen sei jedoch überraschend hoch. Positiv sei auch die solide und dauerhafte Förderung des Projekts und das sehr ausdifferenzierte System individueller Förderangebote. Was ist in den Niederlanden anders? „Öffentliche Einrichtungen verstehen sich als Unternehmer und Problemlöser mit Risikobereitschaft und nicht als ‚Durchdeklinierer‘ von Regelwerken“ versuchte eine Teilnehmerin zu erklären. Rolf Witte von Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung hatte eine weitere Erklärung: Förderung werde konsequent aus der Sicht von Jugendlichen gedacht. „Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler“ ergänzte er.

Petra Klein von der Kompetenzagentur im Haus der offenen Tür in Sinzig und Paul Fülbier von der Stadtverwaltung Viersen gaben einen Einblick in das von transitions in Finnland durchgeführte Fachprogramm. Etwa 20 Personen aus Deutschland, Finnland, Frankreich und Luxemburg hatten daran teilgenommen und sich mit der Koordination und Kooperation der verschiedenen Sektoren und Akteure im Übergangsgeschehen beschäftigt. Für die Schlussfolgerung „wir brauchen Koproduktionsnetzwerke“ war dieses Fachprogramm ein wichtiger Impuls. Fülbier beschrieb eine wichtige Voraussetzung für diese Koproduktion: Der Wille Leitung zu aktiver Gestaltung und kooperativem Handeln müsse bei allen Beteiligten Trägern und Institutionen hierfür vorhanden sein. Ein weiterer Aspekt, der überzeugte, war das finnische Beispiel für die Einbeziehung von Eltern in die Übergangsgestaltung. „Wir haben in Deutschland die Elternarbeit zu lange vernachlässigt“ sagte Fülbier, „wir müssen das wieder aufgreifen.

Weitere Vertiefung durch internationalen Austausch

Das Epert(inn)entreffen setzte wichtige Impulse für ein Thesenpapier zu ersten Ergebnissen von transitions. Die bisherigen Arbeitshypothesen sollen in weiteren Fachprogrammen im Herbst in Frankreich und Frühjahr 2014 in Luxemburg vertieft werden. Einen weiteren Schwerpunkt wird der Transfer der gewonnenen Erkenntnisse in die Praxis bilden. Dieser Transfer wird durch Telefonkonferenzen begleitet und von der wissenschaftlichen Begleitforschung unterstützt werden. Die Expert(inn)engruppe wird im November 2013 erneut zusammentreten.

Quelle: IJAB - Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland

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