EU-Jugendstrategie

Erste Umsetzungsschritte der EU-Jugendstrategie in Deutschland

Von einer koordinierten Bund-Länder-Zusammenarbeit bis zur wissenschaftlichen Begleitung: Die Umsetzung der EU-Jugendstrategie in Deutschland erhält erste verbindliche Formen.

27.09.2010

Wer meinte, dass die Entschließung des Rates der Jugendminister der EU, mit der diese am 27.11.2009 einen „Erneuerten Rahmen für die jugendpolitische Zusammenarbeit in Europa“ verabredeten, nur eine von vielen jugendpolitischen Absichtserklärungen bleibe, der irrte. Es wird ernst: Mittels Verbindlichkeit schaffender Instrumente wird unter der Federführung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) die Umsetzung in Deutschland gestartet.

Mit der Entschließung des Rates wurden die Mitgliedstaaten aufgefordert, gemäß den dort vereinbarten Zielen und Schwerpunkten nationale Strategien zu realisieren, um für alle jungen Menschen mehr Möglichkeiten und mehr Chancengleichheit im Bildungswesen und auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen sowie das gesellschaftlichen Engagement, die soziale Eingliederung und die Solidarität aller jungen Menschen zu fördern. Dass diese Entschließung in Deutschland mehr in Gang setzte als die jugendpolitischen Erklärungen bisher zeigte sich bereits am Echo, das sie in den nationalen Parlamenten und Gremien erfuhr.

Bund-Länder-Zusammenarbeit

Nach SGB VIII haben in Deutschland der Bund und die Länder auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendhilfe eine Anregungs- und Förderungskompetenz. Kern der Umsetzungsstrategie in Deutschland soll daher eine enge Bund-Länder Zusammenarbeit sein. Die Grundlage für eine solche Zusammenarbeit schuf die Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) - das Fachgremium der für die Kinder-, Jugend- und Familienpolitik zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder -, indem sie sich schon am 04./05. Juni 2009 positiv zur Europäischen Zusammenarbeit in der Jugendpolitik äußerte. Am 18. September 2009 bekräftigte auch der Bundesrat seine Zustimmung zu der EU-Kommission veröffentlichten "Mitteilung der Kommission: Eine EU-Strategie für die Jugend - Investitionen und Empowerment". Am 18. Juni 2010 nahm die JFMK einen Beschluss an, in der sie die Jugendstrategie als "eine große Chance für die Weiterentwicklung der Jugendpolitik in Deutschland" bezeichnete und sich bereit erklärte, die nationale Umsetzung der EU-Jugendstrategie mitzutragen.

Noch in diesem Herbst sollen nun erste Schritte für die Bund-Länder-Zusammenarbeit unternommen werden. Geplant sind die Verabredung von Verfahrensgrundsätzen und die Einigung auf gemeinsame Zielsetzungen und Themen, deren Verfolgung einen europäischen Mehrwert ermöglichen. Die Umsetzung der gemeinsamen Themen soll in der jeweiligen Verantwortung des Bundes und der Länder erfolgen. Bund und Länder wollen durch den Austausch guter Praxisbeispiele und durch gegenseitige Information und Beratung - das so genannte "Peer-Learning" - einen abgestimmten, querschnittlichen Politikansatz realisieren, der gemeinsame Impulse für die europäische Debatte gibt.

Strukturierter Dialog mit der Jugend und Beteiligung der Träger der Jugendhilfe

Zentrales Instrument der Umsetzung ist die Beteiligung der betroffenen Akteure, der Jugendlichen wie der Träger der Jugendhilfe. Beide sollen durch den Bund und die Länder intensiv an der Entscheidungsfindung und Ausgestaltung beteiligt werden. Für die Koordination eines "Strukturierten Dialogs mit Jugendlichen in Deutschland" auf verschiedenen, kommunalen, Landes- und Bundes-Ebenen wurde eigens eine Koordinierungsstelle beim Deutschen Bundesjugendring (DBJR) eingerichtet.

Der Bund beteiligt Vertreterinnen und Vertreter von bundesweit arbeitenden Trägern und Experten der Jugendhilfe und hat dafür in seinem Verantwortungsbereich einen Beirat eingesetzt, der am 14. Oktober 2010 seine konstituierende Sitzung hat. Unterstützt wird die Zusammenarbeit im Bund-Länder Verfahren und die Arbeit des Beirates des Bundes von einer Koordinierungsstelle, angesiedelt bei der BBJ Servis gGmbH.

Schnittstellen und ressortübergreifende Zusammenarbeit

Ein Kerngedanke der EU-Jugendstrategie ist die Koordination derjenigen Politikbereiche und Entscheidungen, welche die Rahmenbedingungen für das Aufwachsen junger Menschen entscheidend mitbestimmen. So hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) eine hausinterne Arbeitsgruppe mit verschiedenen Referaten (Referat 501: Chancengerechtigkeit, Integration, Referat 502: Jugend und Bildung, Referat 503: Jugend und Medien, Referat 504: Europäische und internationale Jugendpolitik, Referat 511: Grundsatzangelegenheiten, Extremismusprävention, Referat 314: Jugendfreiwilligendienste, Freiwilligengesetz, Freiwilligensurvey) eingesetzt. Ein Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, nationalen Vorhaben eine „europäische Dimension“ zu verleihen. So sollen beispielsweise im Rahmen des BMFSFJ-Programms "Jugend stärken" die beteiligten Kommunen eine europäische Dimension der geförderten Projekte anregen und unterstützen. Ein Beispiel für eine solche "Europäisierung" oder "Internationalisierung" von Maßnahmen ist das Projekt "JiVE", in dem klassische Träger der Internationalen Jugendarbeit mit Trägern der Jugendsozialarbeit kooperieren. Geplant ist die Entwicklung von Kriterien für eine europäische Dimension von bestehenden oder neu zu konzipierenden (Modell-)Projekten und von Konzepten für das Peer-Learning-Verfahren, z.B. zur grenzüberschreitenden freiwilligen Tätigkeit mit Frankreich, Tschechien, Polen und Italien.

Unerlässlich für die erfolgreiche Umsetzung der EU-Jugendstrategie ist aber auch eine enge Zusammenarbeit des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) mit anderen Ressorts, die jugendpolitisch relevante Politikbereiche gestalten, insbesondere dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Das erste ressortübergreifende Gespräch dazu hatte am 24.06.2010 stattgefunden.

Die dritte "Schnittstelle" ist die zur Europäischen Union. Hier wird es darum gehen, die im Rahmen des Programms JUGEND IN AKTION gebotenen Unterstützungsmöglichkeiten, zum Beispiel für die Jugendarbeit oder den Strukturierten Dialog, zu nutzen und die Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission zu koordinieren. Diese Aufgabe erhält eine neue "Schnittstelle EU", die in der Nationalen Agentur "JUGEND für Europa" angesiedelt ist.

Wissenschaftliche Begleitung

Sowohl die Bund-Länder- Ko-Verantwortung als auch der Strukturierte Dialog werden wissenschaftlich begleitet und bewertet. Mit dem Monitoring der Bund-Länder-Zusammenarbeit wurde das Deutsche Jugendinstitut (DJI), mit der Evaluation des Strukturierten Dialogs das Centrum für Angewandte Politikforschung (CAP) beauftragt.

10. Forum

"Eine neue Ära" sieht Staatssekretär Josef Hecken vom BMFSFJ in der Umsetzung der EU-Jugendstrategie in Deutschland. Die Träger der Kinder- und Jugendhilfe und andere jugendpolitische Akteure sind aufgerufen, diese Ära mitzugestalten. Dafür wird es am 5. Oktober 2010 in Berlin die erste öffentliche Gelegenheit geben. Beim 10. Forum zu Perspektiven Europäischer Jugendpolitik, veranstaltet vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und von JUGEND für Europa, soll es darum gehen, "die EU-Jugendstrategie in Deutschland gemeinsam umzusetzen“. Die Veranstaltung, die den Auftakt des begleitenden nationalen Dialogs für die Jahre 2010 – 2018 bildet, wird neben strukturellen Fragen der Umsetzung auch die fachliche Schwerpunktsetzung thematisieren. Bisher ist die Auswahl groß: Neben den Schwerpunkten Armut, Beschäftigung und Partizipation wird es auch um Mobilität zu Lernzwecken, die Integration von jungen Menschen mit Migrationshintergrund sowie von sozial benachteiligten und individuell beeinträchtigten Jugendlichen und um die Anerkennung der Bedeutung informeller und nicht-formaler Bildung gehen.

Quelle: jugendpolitikineuropa.de

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