EU-Jugendstrategie

Empfehlungen für die bessere Förderung der transnationalen Mobilitat junger Menschen mit Benachteiligungen veröffentlicht

Die Ergebnisse des Werkstattgesprächs zur Fragestellung „Die EU - Jugendstrategie und die transnationale Mobilität benachteiligter junger Menschen - Neue Impulse für ein altes Thema?“ liegen vor.

20.06.2011

Das <link www.jugendhilfeportal.de/index.php - external-link-new-window>Werkstattgespräch</link> fand Anfang Mai dieses Jahres in Berlin statt. BBJ und Jugend für Europa hatten dazu Fachleute aus der Praxis eingeladen, um über die bestehenden Hindernisse zu diskutieren und mögliche Wege der fachlichen Weiterentwicklung zu besprechen. Anwesend waren Experten und Expertinnen aus unterschiedlichen Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe, die in den vergangenen Jahren in Fragen der Förderung von transnationaler Mobilitat junger benachteiligter Menschen unterwegs gewesen sind.
Die Ergebnisse spiegeln die praktischen Erfahrungen wider und formulieren Empfehlungen der Beteiligten für die weitere fachpolitische und fachliche Arbeit, beispielweise mit Blick auf Zielgruppen, Fachkräfte, Methoden und Förderprogramme.

Die EU - Jugendstrategie und die transnationale Mobilität benachteiligter junger Menschen - neue Impulse für ein altes Thema?

Ergebnisse des Werkstattgesprächs vom 03.05.2011

1. Vorbemerkung

Dem Werkstattgespräch vorausgesetzt war, dass Maßnahmen zur Förderung der transnationalen Mobilität benachteiligter junger Menschen schon bisher in der Jugendsozialarbeit und der Jugendarbeit als Instrument zur Persönlichkeitsentwicklung und zur sozialen Integration genutzt werden und dass auch der Wert des transnationalen Fach- und Fachkräfteaustausches grundsätzlich bekannt ist; des Weiteren aber auch, dass die Nutzung europäischer Impulse für die Angebote der Jugendhilfe bisher nur am Rande passiert.
Mit der Umsetzung der EU-Jugendstrategie in Deutschland werden insoweit keine neuen Themen gesetzt. Vielmehr soll die Nutzung europäischer Anregungen durch die Jugendhilfe mit der Umsetzung der EU-Jugendstrategie intensiv gefördert und verbreitet werden. Damit soll erreicht werden, dass eine europäische Dimension auf längere Sicht zu einem selbstverständlichen Bestandteil des konzeptionellen und methodischen Regelangebots der Jugendhilfe wird.
Zur Beantwortung der Frage nach möglichen Impulsen aus der EU-Jugendstrategie für die Praxis vor Ort muss zunächst die Identifizierung von Projekten und Maßnahmen im Themenkorridor „Übergänge“ erfolgen, die bereits über eine europäische Dimension verfügen und damit ihre Praxis verbessern und weiterentwickeln. Es geht darum,

  • diese Projekte als gute Beispiele herauszustellen, bekannt zu machen und weitere Umsetzungsaktivitäten anzuregen
  • hinderliche Rahmenbedingungen (Stolpersteine) zu benennen und die Gelingensbedingungen für eine Projektumsetzung zu beschreiben
  • die konzeptionellen und methodischen Herausforderungen zu beschreiben, vor denen Projekte stehen, die auf dem Weg nach Europa sind und
  • Empfehlungen an die Akteure (Projektträger, Kommunen, BA, Länder, Bund und EU) dazu zu geben, welchen Beitrag zur Implementierung der europäischen Dimension in der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit sie leisten können

Umsetzung der EU-Jugendstrategie heißt aber auch die Rückkopplung der deutschen Debatte auf die europäische Ebene. Dazu muss in einem zweiten Schritt herausgearbeitet werden,

  • wo und wie die identifizierte gute Praxis in Deutschland durch europäische Impulse weiterentwickelt und verbreitet werden kann (ergänzende Förderung des Fach- und Praxisaustausches, Peer-learning Prozesse, Fachveranstaltungen) und
  • welche Impulse für die europäische Diskussion zur Weiterentwicklung der jugendpolitischen Zusammenarbeit und der stärkeren Berücksichtigung der Belange von jungen Menschen in allen relevanten Politikfeldern der EU (mit anderen Mitgliedsländern und der Kommission) sich aus den Erfahrungen und Ergebnissen der Umsetzungspraxis vor Ort in Deutschland ableiten lassen

Im Werkstattgespräch am 03.05. wurden in Impulsreferaten zunächst anhand der Initiative „Jive“, des Programms „Aktiv in der Region“ und des europäischen Jugendprogramms gute Beispiele für die Etablierung einer europäischen Dimension in der Arbeit mit benachteiligten Jugendlichen am Übergang Schule – Beruf vorgestellt, die für interessierte Träger in Zukunft gut verwertbar sind. Sie dienten dann vor allem aber auch als „Hintergrund“ für die Diskussion um Stolpersteine, Herausforderungen und Empfehlungen.

2. Interessen der Teilnehmer

Die Teilnehmer kamen aus verschiedenen Regionen Deutschlands und sind in sehr unterschiedlicher Weise im Übergangsfeld Schule - Beruf tätig. Das Spektrum der Organisationen reichte von lokal orientierten Einrichtungen (z.B. Kommune, Jugendamt, Haus der Offenen Tür, lokale Vereine) bis hin zu regional oder überregional tätigen Beratungseinrichtungen, Fortbildungsinstituten, Servicestellen, Trägerplattformen sowie Bundes- und Länderministerien.
Die Teilnehmer verfügen mehrheitlich über langjährige Erfahrung in der internationalen Jugendarbeit (binationale Programme, KJP, EU-Programm „Jugend in Aktion“), arbeiten im berufsbezogenen internationalen Jugendaustausch von Auszubildenden (Leonardo) oder haben Erfahrungen mit anderen europäischen Förderprogrammen (insbesondere ESF, z.B. IDA). Die Interessen waren vielseitig: Stärkung von Initiativen vor Ort, Fachkräfteaustausch,
Fachthemenaustausch, Anfragen an die neue Generation der Förderprogramme, praktikable Hinweise an Ministerien und Verwaltung, Beratung der Kompetenzagenturen angesichts der Kürzungsmaßnahmen und Strategieentwicklung für eigene zukünftige Arbeit. Betont wurde der Wunsch nach einem pragmatischem Umgang mit der Fragestellung und die Erarbeitung konkreter Ergebnisse.
Für einige Teilnehmer war die Nutzung transnationaler Aktivitäten für eine Weiterentwicklung der Angebote am Übergang Schule – Beruf in Deutschland neu, sie äußerten Qualifizierungsbedarf.

3. Welche Stolpersteine und welche Herausforderungen sind mit der Realisierung von Angeboten im Themenkorridor verbunden?

Es geht im Folgenden um Stolpersteine für Angebote zur grenzüberschreitenden Mobilitätsförderung von benachteiligten jungen Menschen (und von Fachkräften), die dazu führen, dass solche Projekte nicht oder nicht im ausreichenden Maße umgesetzt werden können und die damit auch hinderlich sind für die Realisierung der Anliegen der EU-Jugendstrategie im Themenkorridor „Übergänge“. Stolpersteine im Bereich Projektförderung betreffen Spezifika der deutschen Förderpolitik und des Förderrechts, die zunächst im nationalen Kontext zu bearbeiten sind. Europäische Förderpraxis wird vor allem dort interessant, wo es um die Durchführung und Finanzierung gemeinsamer transnationaler Projekte geht. Es geht des Weiteren um zielgruppen- und netzwerkbezogene Herausforderungen bei der inhaltlichen Ausgestaltung von Mobilitätsangeboten zugunsten sozial benachteiligter Jugendlicher. Diese finden sich vergleichbar auch in anderen Ländern wieder und bieten damit viele Ansatzpunkte für einen europäischen Praxisaustausch.

3.1. Stolpersteine

“Projekte sind aus Trägersicht oft „Eintagsfliegen“, verbunden mit Interessenkonflikten zwischen Fördermittelgebern und Fördermittelnehmern. Interessen und Strategien der Fördermittelgeber:

  • befristete Modellmaßnahmen mit Anregungsfunktion
  • Maßnahmen nach politischen Opportunitätsgründen
  • Maßnahmen nach Kassenlage

Hinzu kommen, dass viele Angebote der BA und der Jobcenter befristet auf der Basis von Ausschreibungen vergeben werden (je nach Maßnahmeform oft mit Befristungen zwischen ein und vier Jahren). Damit bewegen sich viele Träger zum einen in einem engen zeitlichen Rahmen, wenn es um die Entwicklung neuer Angebotsformen geht. Zugleich führen Ausschreibungen nach bisherigen Erfahrungen, zu einer Preisspirale nach unten, die die Träger der Jugendberufshilfe vorwiegend über die Reduktion von Lohnkosten aufzufangen versuchen. Damit steht die Förderpraxis den Interessen der Fördermittelnehmer nach einer langfristig gesicherten und auskömmlichen Finanzierung der eigenen Arbeit entgegen und führt oft dazu, dass Träger sich auf keine langfristigen Perspektiven einlassen, alle Kosten, die nicht der unmittelbaren Erfüllung der übernommenen Aufgaben dienen, vermeiden und ihre Fachkräfte überwiegend mit Zeitverträgen einstellen. Langfristig angelegte Arbeitsbeziehungen als Voraussetzungen einer erfolgreichen nationalen und transnationalen Netzwerkarbeit werden auf dieser Basis von vielen Trägern nicht entwickelt.
Die Anreicherung der nationalen Regelförderung um grenzübergreifende Anteile erfolgt zumeist auf der Basis der Kombination von Förderinstrumenten. Deren Synchronisierung wirft weitere Probleme auf.
Oft passen die zeitlichen Abläufe eines internationalen Projektantrages und eines deutschen Regelangebots z.B. aus dem SGB II oder dem SGB III nicht zusammen:

  • Die langwierigen Antrags- und Bewilligungsverfahren grenzüberschreitender Projektanträge erschweren die Durchführung von Maßnahmen mit der Zielgruppe der benachteiligten Jugendlichen, da Teilnehmer oft kurzfristig zur Verfügung stehen und es hier gerade auf individuelle und passgenaue Angebote ankommt
  • Verzögerungen bei der Projektbewilligung können dazu führen, dass dem Projektträger die Jugendlichen aus anderen Maßnahmen schon wieder „abhanden gekommen“ sind (sei es wegen des Endes der Maßnahme oder eines Abbruchs von TN)

Hier kann nur eine Verbesserung eintreten, wenn sich Verfahren und Abläufe beschleunigen und flexibilisieren. Anzustreben ist eine Flexibilisierung der Förderkriterien (Dauer von Maßnahmen, Altersbegrenzungen etc.), um für die Zielgruppe passgenaue und niedrigschwellige Maßnahmen zu ermöglichen.

Schließlich gibt es weitere hinderliche Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit der Finanzierung und Durchführung von:

  • Anforderungen an die Kofinanzierung (z.B. aus dem SGB II, SGB III oder SGB VIII) führen zu einem Ausschluss von (nicht förderfähigen) Jugendlichen
  • beschränkte Kombinationsmöglichkeiten von Förderinstrumenten (z.B. KJP – JiA)
  • die geforderte Mindestgröße eines Angebots stimmt oft mit dem realen Bedarf nicht überein

Schließlich sind die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Durchführung von EU-geförderten Projekten so hoch, dass viele kleine Träger daran scheitern.

3.2. Herausforderungen

Angebotsdesign
Sprachförderung: Mangelhafte Sprachkompetenzen bei Jugendlichen mit niedrigem Bildungsgrad stellen für die Durchführung von transnationalen Mobilitätsmaßnahmen eine große Herausforderung dar. Hier bedarf es neuer, besonders niedrigschwelliger Formen von Mobilitätsangeboten (beginnend etwa mit innerdeutschen Mobilitätsmaßnahmen oder kurzzeitigen Jugendbegegnungsmaßnahmen). Auch ein gezieltes vorbereitendes Sprach- und Kommunikationstraining kann eine große Rolle spielen, wobei hier insbesondere Träger der Jugendsozialarbeit auf Erfahrungen aus Integrationsmaßnahmen z.B. für Flüchtlinge zurückgreifen können, die vor analogen Anforderungen in Deutschland stehen. Andererseits können die Sprachkompetenzen von jungen Menschen mit Migrationshintergrund auch sehr positiv für grenzübergreifende Mobilitätsangebote genutzt werden.
Stigmatisierungen: Die Zuschreibungen „benachteiligte Jugendliche“ oder „Jugendliche mit Migrationshintergrund“ sind förderpolitisch vorgegeben und kaum zu umgehen, muss aber in der Arbeit mit diesen Zielgruppen unbedingt vermieden werden. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch zielgruppenübergreifende Mobilitätsangebote für alle Jugendlichen.

Projektumsetzung
Ressourcen: Die Arbeit mit benachteiligten Jugendlichen verlangt eine sehr intensive Ansprache, Vorbereitung, Begleitung und Betreuung. Diese ist im Rahmen der finanziellen Ausstattung vieler Förderprogramme mit den vorhandenen Mitteln der Träger nicht zu leisten. Hier gibt es besondere Herausforderungen an das Projektmanagement der Träger und ihre mittel- und langfristige Maßnahme- und Finanzplanung. Auch muss die Frage nach der finanziellen Ausstattung von
Förderprogrammen und ihren Förderinstrumenten gestellt werden.
Antragstellung vereinfachen: Insbesondere für kleine Träger, die mit der Zielgruppe arbeiten, ist vielfach die Antragstellung bei nationalen wie europäischen Förderprogrammen kaum zu bewerkstelligen. Hier sollten Unterstützungssysteme (wie z.B. regionale Servicebüros oder Regiestellen für die Förderung des europäischen Jugendaustauschs – ähnlich wie die Servicestellen der Kammern für Auszubildende) aufgebaut und ggf. auch die Anforderungen an die Projektumsetzung vereinfacht werden.

Fachkräfteförderung:
Ein wesentlicher Aspekt bei der Entwicklung grenzübergreifender Angebote ist die entsprechende Qualifizierung und Motivierung der Fachkräfte der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit. Damit sind sowohl Fortbildungsangebote für Fachkräfte gemeint, die z.B. bei der Vergabe von Maßnahmen durch den Fördermittelgeber vorgegeben werden können als auch die verstärkte Berücksichtigung des Themas im Rahmen von Ausbildung und Studium.

Internationale Jugendarbeit weiterentwickeln:
Die Förderlogik der internationalen Jugendarbeit basiert zu großen Teilen auf Instrumenten, Maßnahmen und pädagogisch-methodischen Ansätzen, die für die Arbeit mit sozial benachteiligten jungen Menschen oder Jugendlichen mit Migrationshintergrund möglicherweise nicht sehr gut geeignet sind. In dieser Hinsicht muss sich internationale Jugendarbeit weiterentwickeln und neue Wege gehen.

4. Empfehlungen

Aus den Ergebnissen des Werkstattgesprächs lassen sich einige Empfehlungen für die bessere Förderung der transnationalen Mobilität von benachteiligten jungen Menschen gewinnen.

4.1. Zielgruppe

Information und Beratung: Um die Zielgruppe besser zu erreichen und auch mitzunehmen, ist eine verstärkte Informations- und Beratungsarbeit notwendig. Sie sollte vor Ort und persönlich erfolgen. Beteiligung benachteiligter Jugendlicher: Die Einbeziehung von benachteiligten Jugendlichen in transnationale Aktivitäten sollte durch lebensweltbezogene Projekte und Methoden und die Nutzung ihrer sozialen Netzwerke unterstützt werden. Dabei darf Beteiligung keine „Spielwiese“ werden: Echte Mitbestimmung + Methodenvielfalt + pädagogische Begleitung sind Gelingensfaktoren für die Beteiligung benachteiligter Jugendlicher und ihre Aktivierung für grenzüberschreitende Mobilitätsangebote.

Gemischte Gruppen: Als erfolgreich hat sich die Durchführung von Maßnahmen in „gemischten Gruppen“ erwiesen, d.h. Gruppen, die nicht nur Jugendliche aus der definierten Zielgruppe umfassen, sondern eine breite, die gesamte Gesellschaft repräsentierende Mischung von Jugendlichen. In einer solchen Zusammensetzung kann wechselseitig voneinander gelernt, Solidarität aufgebaut und Stigmatisierungen vermieden werden.

Begleitende Unterstützungssysteme: Zur Unterstützung von transnationalen Mobilitätsmaßahmen zugunsten benachteiligter junger Menschen sollten entsprechende Strukturen genutzt, ggf. neu geschaffen und längerfristig maßnahmeübergreifend abgesichert werden (z.B. Kompetenzagenturen).

4.2. Fachkräfte

Fachkräfte müssen für die europäische Ausrichtung von Angeboten der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit gewonnen werden. Dazu ist es wichtig, bereits im Studium das Thema „grenzüberschreitende Mobilität“ auf die Tagesordnung zu setzen und den Studenten erste eigene Erfahrungen zu ermöglichen. Ähnliches gilt auch in Bezug auf den europaweiten Austausch, guter Praxis und die Entwicklung gemeinsamer grenzüberschreitender Projekte. Für die Fortbildung der Fachkräfte sind dieselben Themen von Interesse. Außerdem sollte grenzüberschreitende Mobilität zu einem Qualitätsstandard der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit weiterentwickelt werden.

4.3. Methoden

Empfehlenswert sind Methodenbaukästen für Fachkräfte zur Unterstützung der europäischen Ausrichtung der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit. Es existieren z.B. bereits die T-Kits von SALTO; hier wären weitere Übersetzungen oder ein kurzes Info über bereits bestehende Methodensammlungen hilfreich. Ebenso könnten als Beitrag der Jugendstrategie auch Instrumente und Verfahren zur Unterstützung des transnationalen Fachkräfteaustauschs und des Good-practice
Austausches dokumentiert und gesammelt werden. Die Methodenbaukästen sollten prominent z.B. im Informationsportal zur Jugendstrategie des FKP platziert und allgemein verfügbar gemacht werden.

„Förderketten“ entwickeln: Beginnend mit einer „kleinen Mobilität“ (innerhalb einer Stadt, zwischen verschiedenen Städten, zwischen Stadt und ländlichen Regionen), einer kurzen internationalen Jugendbegegnung mit Besuch und Gegenbesuch, bei denen auch die Jugendlichen zu Gastgebern gemacht werden können, einem berufsbezogenen Austausch (Ausbildung, Arbeitseinsatz) und eventuell weiteren längerfristigen Maßnahmen (z.B. EFD) und bilaterale außereuropäische
Mobilitätsprojekte für Jugendliche und Fachkräfte. Ein analoges Verfahren zur Annäherung an eine „europäische Öffnung“ liegt auch bezogen auf Fachkräfte und Institutionen nahe.

4.4. Partner / Netzwerke

Voraussetzung für gelungene Mobilitätsmaßnahmen sind nationale wie europäische Partner und Netzwerke. Also vor Ort in Deutschland z.B. die gezielte Ansprache z.B. von „Mittlerorganisationen“ wie Migrantenselbstorganisationen (MSO) oder Vereinigungen junger MigrantInnen (VJM). Diese Träger spielen eine zentrale Rolle bei der Erreichung der definierten Zielgruppe, verfügen aber oft über wenig Know-how bei der Durchführung von transnationalen Maßnahmen. Hier ist eine gezielte Informations- und Beratungsarbeit notwendig (z.B. das „Tandemprinzip“ im Projekt JIVE; gezielte Zusammenarbeit von in der internationalen Jugendarbeit erfahrenen Trägern mit MSO und VJM). Ähnliche Kooperationen können mit Trägern der Jugendsozialarbeit aufgebaut werden, die zum Beispiel zum Teil bereits Erfahrungen mit Maßnahmen des internationalen berufsbezogenen Jugendaustauschs gemacht haben (z.B. Leonardo) und diese - neben den Erfahrungen mit der Zielgruppe der benachteiligten Jugendlichen – in eine Zusammenarbeit mit den Trägern der internationalen Jugendarbeit einbringen können.
Wichtig ist darüber hinaus die Zusammenarbeit mit anderen wichtigen Partnern vor Ort, die entscheidend sind für die Setzung förderlicher oder hinderlicher Rahmenbedingungen (z.B. die Agenturen für Arbeit, die Jobcenter der ARGEn, das Jugendamt, die Kommune oder örtliche Betriebe). Schließlich müssen – langfristig - auf die rechtlichen und verfahrenstechnischen Regelungen ressortübergreifend an die Erfordernisse möglichst flexibler grenzüberschreitender Mobilitätsangebote angepasst werden.
Außerdem von entscheidender Bedeutung: der Aufbau und die Pflege von stabilen grenzüberschreitenden Netzwerken. Insgesamt sollte den Themen Partnerschaften und Netzwerke in der öffentlichen Förderung ein größeres Gewicht als bisher eingeräumt werden, da diese bisher vorwiegend auf die Förderung von einzelnen Mobilitäten oder von Projekten zielen und der Gewährleistung der projektüberdauernden Strukturen keine Aufmerksamkeit schenken.

4.5. Förderinstrumente

Im transnationalen Austausch auf der europäischen Ebene sollte ergänzend die Abstimmung und Kombination von Förderprogrammen verschiedener Länder und ihre mögliche Kombination mit europäischen Förderprogrammen unterstützend behandelt werden:

  • Fachaustausch: Wie fördern die europäischen Partner?
    a) Förderrichtlinien in der Nutzung aufeinander abstimmen
    b) Empfehlungen entwickeln zum Thema Synchronisierung von Förderinstrumenten zwischen den Partnerländern (oft fehlt das „Spiegelbild“; Partner und Förderungen stehen in Partnerländern nicht bereit)
  • Europäische Abstimmung über nationale und europäische Förderungen. Ein Beispiel wie diese Abstimmung aussehen könnte ist die “Interagency Consultation“ im Programm „Jugend in Aktion“
  • Transnationale Innovationskonsortien ermöglichen und fördern (wie im Programm LLL)

4.6. Qualitätskriterien

Folgende Qualitätskriterien sollten bei der Arbeit mit der Zielgruppe und bei der Durchführung transnationaler Maßnahmen berücksichtigt werden:

  • Qualifizierte Begleitung: Eine qualifizierte Begleitung ist bei der Arbeit mit der Zielgruppe unabdingbar
  • Qualifizierung der Fachkräfte: Fachkräfte müssen im Hinblick auf die Begleitung der Zielgruppe und die Durchführung transnationaler Maßnahmen weiter qualifiziert werden
  • Ausländische Partner: Die Durchführung transnationaler Maßnahmen erfordert verlässliche ausländische Partner. Ein wichtiger Aspekt diesbezüglich ist der Faktor Kontinuität. Nur mit stabilen, in der Regel kontinuierlich gewachsenen Partnerschaften lassen sich qualitativ gute Maßnahmen gerade mit der Zielgruppe durchführen (betrifft auch die nationalen/heimischen Netzwerke)

5. Erwartungen der Praxis an die weitere Umsetzung der EU-Jugendstrategie

  • Prozess der Umsetzung der EU-Jugendstrategie für Träger und Praktiker öffnen
  • Inhalte der EU-Jugendstrategie stärker mit Praktiker/innen diskutieren und die Ergebnisse auf die politische Ebene zurückspiegeln
  • Internationale Konferenz(en) zur Umsetzung der EU-Jugendstrategie für Träger, Praktiker und lokale Akteure durchführen
  • Erfahrungen, Untersuchungsergebnisse und Projektevaluationen (z.B. LOS-Evaluierung, Xenos, IDA und JiA etc.) nutzen, auswerten und in die Umsetzung der EU-Jugendstrategie einfließen lassen
  • „Europäisierung“ der lokalen Akteure: politisch Verantwortliche, Jugendhilfeausschüsse, Jugendgerichtshilfe, Fachkräfte aus Jugendämtern, Unternehmen und andere lokale Stakeholder in transnationale Austauschmaßnahmen und den Fachkräfteaustausch einbeziehen

6. Fragestellungen und Themen für weitere Werkstattgespräche und die Kommunikation der Ergebnisse in den Umsetzungsprozess

  • Detaillierte Erfassung der Anforderungen von nationalen und grenzüberschreitenden Maßnahmen und Angeboten und ihres Synchronisierungsbedarfs (Was sind die Regelangebote für junge Menschen bei Problemen am Übergang Schule – Beruf, welche Förderinstrumente zur Unterstützung transnationaler Mobilität können in Deutschland genutzt werden und welche Schwierigkeiten gibt es bei der Kombination beider Förderbereiche?)
  • Entwicklung von Vorschlägen für eine bessere Synchronisierung der beiden Förderbereiche in förderpraktischer und konzeptioneller Hinsicht
  • Entwicklung von Anforderungen an lokale, regionale und europäische Kooperationen und Netzwerke, die transnationale Aktivitäten im Übergangsfeld Schule – Beruf unterstützen könnten
  • „Werkzeugkästen“ für die konkrete Projektpraxis
  • „Tool-Kids“ für die verschiedenen Aspekte transnationaler Aktivitäten

7. Rückmeldungen der Teilnehmenden

Insgesamt gab es durchweg positive Rückmeldungen auf das Werkstattgespräch. Hervorgehoben wurde die gute Mischung der TN, die unterschiedliche Ideen und Ansätze eingebracht haben. Auch wurde das Werkstattgespräch als Beteiligung der Träger und Akteure sehr begrüßt.

Rückmeldungen im Einzelnen

  • Die Ziele des Themas sind zwar recht allgemein, lassen dadurch aber viel Freiraum zur Ausgestaltung von Ideen und Maßnahmen.
  • Das Werkstattgespräch hat viele positive Impulse gebracht und die Motivation gestärkt, sich für Jugendliche einzusetzen.
  • Das Werkstattgespräch ist ein ganz wichtiger Bestandteil des Umsetzungsprozesses der EU-Jugendstrategie in Deutschland.
  • Das Werkstattgespräch ist ein gelungener Start für den Prozess im gewählten Themenbereich.
  • Die Veranstaltung bot einen guten Praxisaustausch, es gab in den letzten Jahren keine derart praktische Veranstaltung.
  • Die Einordnung in die EU-Jugendstrategie ist gut und wichtig.
  • Der Ergebnistransfer aus der Veranstaltung ist etwas unklar und wird als schwierig eingeschätzt.
  • Eine kritische Hinterfragung des Themas „Mobilität“ wäre notwendig. Mobilität ist kein Wert an sich.

Was hat gefehlt? Offene Fragen und Empfehlungen

  • Mehr kommunale Beteiligung.
  • Mehr Beteiligung der Wirtschaft und von Vertretern der Arbeitsverwaltung.
  • Mehr Menschen der „steuernden Ebene“.
  • Eine klarere Zielstellung für die Veranstaltung wäre hilfreich gewesen. Diesbezüglich war die Einladung zu kurz.
  • Eine stärker fokussierte Herangehensweise an das Thema wäre wünschenswert gewesen.
  • Das Werkstattgespräch hätte stärker zur Vorbereitung des multilateralen Kooperationsprojektes des Bundes genutzt werden können.
  • Wie kann man eine Bottom-up Strategie als notwendige Ergänzung zur Top-down Strategie bei der Umsetzung der EU Jugendstrategie) realisieren?

Quelle: BBJ - Servicestelle zur Umsetzung der EU-Jugendstrategie in Deutschland

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