EU-Jugendstrategie

Antonia Dixey (UK): "In Großbritannien sind wir, verglichen mit anderen europäischen Partnern, mit einer Kultur der Jugendpartizipation schon ziemlich weit..."

jugendpolitikineuropa.de fragte Antonia Dixey, freiberufliche Expertin für Jugendengagement, nach ihren Eindrücken vom Peer Learning-Projekt "Partizipation junger Menschen in einem demokratischen Europa".

17.05.2013

JfE: Ms Dixey, was tun Sie im Bereich Jugendpartizipation?

Dixey: Ich bin auf Jugendengagement spezialisiert. Jugendengagement bedeutet dabei, junge Menschen durch aktive Bürgerschaft und zivilgesellschaftliches Engagement an politischen Prozessen zu beteiligen. Für mich geht es darum, junge Leute in ihrer Gemeinde, in der Schule, zuhause, auf nationaler wie internationaler Ebene zu beteiligen.

JfE: Welches Interesse haben Sie an diesem Peer Learning-Projekt?

Dixey: Ich habe Interesse am Lernen, am Erfahrungsaustausch und an guten Praxisbeispielen. Ich habe auch ein Interesse an daran, Projekte in anderen Ländern kennenzulernen, an denen man vielleicht zusammen arbeiten kann. Mir geht es darum, jungen Menschen dabei zu helfen zu verstehen, dass sie nicht nur von ihrem eigenen Land unterstützt werden, sondern auch von Europa.

JfE: Verfolgen Sie eine spezielle europäische Perspektive in ihrer Arbeit?

Dixey: Die jungen Menschen, mit denen ich in Großbritannien arbeite, sind sehr britisch. Sie sehen sich selbst nicht notwendigerweise als europäische Bürger. Das ist in meinen Augen ein Problem. Aber es ist auch schon eine Herausforderung an sich, sie für eine Teilhabe am britischen Politiksystem und an der Demokratie zu gewinnen. Wenn wir die erst gemeistert haben, können wir schauen, wie wir sie am europäischen Dialog beteiligen. Und in Großbritannien sind wir, verglichen mit anderen europäischen Partnern, mit einer Kultur der Jugendpartizipation schon ziemlich weit. Es ist interessant zu erfahren, wie Jugendpartizipation in den nationalen Systemen anderer europäischer Kulturen eingebettet ist oder eben auch nicht, ob Jugendpartizipation zum Beispiel in der Schule oder der Kommune verankert ist und natürlich, ob damit auch Jugendliche einbezogen werden, die aufgrund ihres sozialen Status ansonsten nicht beteiligt sein würden.

JfE: Sind Sie bzw. Ihre Organisation betroffen von europäischer Politik, zum Beispiel vom Strukturierten Dialog?

Dixey: Absolut! Aber ich glaube, dass junge Leute einen konkreten Nutzen sehen möchten. Sie wollen fassbare Veränderungen sehen, und zwar in einem Monat, nicht in fünf Jahren, was innerhalb der europäischen Bürokratie ja eher die Regel ist. Also müssen wir identifizieren, wo Veränderungen möglich sind, und dann den Jugendlichen zeigen, wo sie aktiv daran beteiligt sein können.

JfE: Welche Möglichkeiten sehen Sie für britische Jugendliche und Organisationen, auf europäischer Ebene zu kooperieren?

Dixey: Der Britische Jugendrat, den ich repräsentiere und der einer meiner größten Kunden ist, hat ein internationales Referat. Dort unterstützt man aktiv den gemeinsamen Dialog, beteiligt sich regelmäßig an Konferenzen wie dieser und sucht den Austausch. Es gibt mehrere Jugendräte in Großbritannien, die internationale Begegnungen und internationale Bildung bieten. Dabei ist allerdings die Förderung immer ein Thema. Es gibt zwar ein großes Förderprogramm des British Council und auf der europäischen Ebene das Programm JUGEND IN AKTION. Aber in einigen Kommunen gibt es Einschränkungen. Vor allem jetzt, in Zeiten finanzieller Schwierigkeiten, ermöglichen sie es den Jugendlichen nicht, an internationalen Aktivitäten teilzunehmen. Sie fürchten sich vor allem vor einer schlechten Resonanz in der Öffentlichkeit. Sie stehen auf dem Standpunkt, dass das Geld in der Kommune bleiben sollte. Das macht es für diejenigen, die mit Jugendlichen arbeiten, schwer, dafür zu argumentieren, dass es sinnvoll ist, außer Landes zu gehen und mit den Lernerfolgen zurückzukommen. Außerdem gibt es Versicherungsprobleme - und andere Hindernisse.

JfE: Wie bewerten Sie dieses Treffen hier in Berlin?

Dixey: Es war fantastisch, die europäischen Kolleginnen und Kollegen zu treffen und auch zu erfahren, dass alle mit den gleichen Widrigkeiten kämpfen. Wir wissen natürlich, dass es Unterschiede gibt. Die Geschichte der Länder beeinflusst die Partizipationskultur und die Jugendpolitik. Aber junge Menschen sind junge Menschen: Sie trinken Kaffee am Morgen, gehen in die Schule, sie haben dieselben Probleme und Anlegen in Litauen wie in Großbritannien. Und wir sind hier, um zu beraten, wie man sie daran beteiligen kann, ihre Probleme in Lösungen umzuwandeln. Es ist sehr interessant, dass alle hier ähnliche Grundsätze und Leitbilder verfolgen.

JfE: Was erwarten Sie von den Ergebnissen dieses Peer Learning-Seminars?

Dixey: Wir haben eben von den Seminarteilnehmern gehört, dass es viele Rückmeldungen in unsere Länder geben wird. Ich werde einen Bericht für den Britischen Jugendrat mit Empfehlungen für nächste Handlungsschritte schreiben. Die jungen Leute, die wir mitgebracht haben, werden ebenfalls an ihre repräsentativen Strukturen berichten, was sie hier erfahren haben. Ich bin gespannt auf die Effekte nach dieser Konferenz - ob die Gedanken zu Handeln führen. Außerdem werde ich einige wichtige andere Organisationen einladen, sich an unserer Diskussion zu beteiligen.

JfE: ....und als Endergebnis des Peer Learning-Prozesses?

Dixey: Ich persönlich hätte gern ein Schlussdokument in Form eines Films oder Cartoons, den man downloaden kann, um unsere Message Jugendlichen zugänglich zu machen. Wissen Sie, es gibt hunderte Seiten vonPolitikdokumenten. Aber junge Leute lesen die nicht, und ich auch nicht! Nutzen wir also die Mechanismen, mit denen wir ebenso mit jungen Menschen kommunizieren können wie auch mit Erwachsenen und Ministern.

Das Interview führte Dr. Helle Becker im Auftrag von JUGEND für Europa

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