Digitalisierung und Medien

Vortragsreihe digitale Lebenswelten: Manipulation und Deutungskampf in digitalen Medien

Die öffentliche Vortragsreihe „Fake News, Bots und Propaganda? Manipulation und Deutungskampf in digitalen Medien“ startet am 13. Dezember 2017 an der Universität Hildesheim. Im Interview äußert sich zudem der Politikwissenschaftler Wolf Schünemann über die Diskursqualität im Netz und die demokratische Debattenkultur. Der Juniorprofessor für Politik und Internet untersucht mit weiteren Forschungskollegen aktuell in einer Studie 2,2 Millionen Online-Kommunikationsdaten aus dem diesjährigen Bundestagswahlkampf.

08.12.2017

Die Universität Hildesheim lädt interessierte Studierende, Lehrende und Bürgerinnen und Bürger zur Vortragsreihe „Digitale Lebenswelten“ ein. Die vier Vorträge und Diskussionen stehen in diesem Wintersemester unter dem Motto „Fake News, Bots und Propaganda? Manipulation und Deutungskampf in digitalen Medien“.

Manipulationen in der politischen Online-Kommunikation

Im ausgehenden Superwahljahr 2017 beschäftigt sich die Hildesheimer Vortragsreihe noch einmal mit dem Thema Wahlen und Wahlkampf. Nachdem sich die politische und gesellschaftliche Aufmerksamkeit für Manipulationen in der politischen Online-Kommunikation deutlich erhöht hat und eine teils hysterisch wirkende Debatte über Fake News, Bots und Propaganda hervorgebracht hat, werden die wissenschaftlichen Vorträge diesen Phänomenen aus unterschiedlichen Perspektiven auf den Grund gehen.

  • Den Auftakt macht am 13. Dezember 2017 der Politikwissenschaftler Sebastian Stier, er befasst sich in seinem Vortrag mit der Frage, wie soziale Medien von Populisten genutzt werden.
  • Die Linguistin Simone Burel zeigt am 9. Januar 2018, wie sich Fake News linguistisch analysieren lassen. Was sind sprachliche Indizien dafür, das Desinformation stattfindet?
  • Wolf Schünemann gibt am 23. Januar 2018 Einblicke in eine aktuelle Studie zur politischen Online-Kommunikation im Bundestagswahlkampf.
  • Die Reihe endet am Mittwoch, 31. Januar 2017, mit einer Bilanz des niedersächsischen Online-Wahlkampfes: An der Podiumsdiskussion nehmen Vertreterinnen und Vertreter aus den niedersächsischen Landesparteien und Medien teil. Wie bedeutend sind sozialen Medien in der politischen Online-Kommunikation? Welche Rolle spielten Fake News und Manipulation im niedersächsischen Landtagswahlkampf 2017?

Alle Vorträge sind öffentlich und kostenfrei

Nach dem jeweils 45-minütigen Vortrag besteht die Möglichkeit zur Diskussion (30 Minuten).

„Bürger aus der Stadt sind herzlich eingeladen, mitzudiskutieren. Wir beobachten, dass der Zweifel an positiven Effekten digitaler Kommunikation und sozialer Medien auf den demokratischen Diskurs wächst. Mit unserer Vortragsreihe möchten wir dazu beitragen, dass sich Bürger tiefergehend und faktenbasiert mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf unsere Kommunikation, mit Regulierung und Meinungsfreiheit in der liberalen Demokratie auseinandersetzen“, sagt der Hildesheimer Juniorprofessor Wolf Schünemann. Der Politikwissenschaftler vom Institut für Sozialwissenschaften organisiert die Vortragsreihe gemeinsam mit der Sprachwissenschaftlerin Professorin Beatrix Kreß (Institut für Interkulturelle Kommunikation), der Übersetzungswissenschaftlerin Professorin Bettina Kluge (Institut für Übersetzungswissenschaft und Fachkommunikation) und dem Informations-wissenschaftler Professor Joachim Griesbaum (Institut für Informations-wissenschaft und Sprachtechnologie).

Programm der Vortragsreihe

„Digitale Lebenswelten – Fake News, Bots und Propaganda? Manipulation und Deutungskampf in digitalen Medien“

Mittwoch, 13. Dezember 2017
Sebastian Stier, GESIS Köln
„Was sagt das ‚Volk‘? Populistische Kommunikation in sozialen Medien“
18:15 Uhr, Raum N 006 (Forum)
Hauptcampus der Universität Hildesheim am Universitätsplatz 1

Dienstag, 9. Januar 2018
Simone Burel, Universität Heidelberg
„Like oder Not-like? Linguistische Perspektiven auf Fake News in der digitalisierten Politik“
18:15 Uhr, Aula am Bühler-Campus der Universität Hildesheim

Dienstag, 23. Januar 2018
Wolf J. Schünemann, Universität Hildesheim
„Wahlkampf in (a)sozialen Netzwerken – ein Forschungsbericht“
18:15 Uhr, Aula am Bühler-Campus der Universität Hildesheim

Mittwoch, 31. Januar 2018
„Online first oder viel Lärm um nichts? Eine Bilanz des niedersächsischen Online-Wahlkampfs 2017 – Podiumsdiskussion mit Vertreterninnen und Vertretern der niedersächsischen Politik und Medien“
18:15 Uhr, Aula am Bühler-Campus der Universität Hildesheim

Wird Social Media überschätzt?

Interview mit Prof. Dr. Wolf Schünemann, Juniorprofessor für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Politik und Internet

Herr Professor Schünemann, Sie untersuchen gemeinsam mit Kollegen aus Göttingen und Heidelberg die politische Online-Kommunikation im Netz und klicken sich durch Kommentare und Online-Diskussionen.

Wir haben in unserer Studie „Wahlkampf in (a)sozialen Netzwerken“ (WasN) Online-Kommunikationsdaten aus dem diesjährigen Bundestagswahlkampf gesammelt, vom 1. April 2017 bis zum 24. September 2017. Einen ersten Überblick unserer Ergebnisse haben wir online verfügbar gemacht. Wir wollen mit unseren corpuslinguistischen Verfahren herausfinden: Was passiert im Netz während des Wahlkampfs? Sind die sozialen Medien ein Tummelbecken für unzivilisierte Angriffe? Finden wir in den Daten einen Qualitätsabfall, kommt es zu einer Verschlechterung der politischen Diskursqualität – beobachten wir online mehr Kommunikation, die geprägt ist von Hass und Hetze? Wir analysieren Facebook-Posts. Eine Forschungsfrage ist, wie sehr sich die Anonymität auf das Diskurs-Verhalten auswirkt: Wie anonym bewegen sich die Kommentatoren im Netz? Gibt es einzelne User, die das Gesprächsklima „vergiften“? Im Januar 2018 beginnt ein wissenschaftlicher Mitarbeiter in Hildesheim, wir haben noch viele Daten zu analysieren. Um eine Vorstellung zu geben: Für die Aktivitäten auf den Facebook-Seiten der aussichtsreichen Bundesparteien und ihrer Spitzenkandidaten haben wir im Zeitraum von einem halben Jahr vor der Bundestagswahl 2,2 Millionen Meldungen und Kommentare gesammelt, die wir automatisiert und in Teilen qualitativ untersuchen wollen.

Mit ihrer Forschung möchten Sie herausfinden: Welchen Beitrag leistet die Internettechnologie zu einer demokratischen Debattenkultur?

Hervorgegangen ist die „WasN“-Studie aus einer Vorstudie zum Thema Diskursverhalten in der politischen Online-Kommunikation. Wir haben am Beispiel der baden-württembergischen Landtagswahl 2016 konkret die Frage untersucht, ob das Diskursverhalten in Online-Foren sich mit steigendem Anonymitätsgrad verschlechtert oder ob es, so denn eine Verschlechterung online zu beobachten ist, an anderen Faktoren liegt. Die jetzige „WasN“-Studie wird darüber hinaus weitere Fragen beantworten, etwa nach der Existenz von Echokammern oder Anzeichen für Social Bots, also Computerprogrammen, die eine menschliche Identität vortäuschen.

Wie geht es weiter, was untersuchen Sie speziell in den nächsten Monaten?

Wir werden die Daten quantitativ-automatisiert (etwa nach Worthäufigkeiten, Konkordanzen) sowie qualitativ untersuchen. Neben den natürlichen Daten haben wir auch Daten aus experimenteller Forschung, zu denen uns Hintergründe über die Probanden bekannt sind. So können wir soziale Kommunikationssituationen, wie etwa eine politische Diskussion, beobachten. Diese Daten werden dann auch statistisch ausgewertet. Interessant wird es sein, weiterhin zu beobachten: Wie verhalten sich die Parteien im Netz?

Die Fragen stellte Isa Lange.

Studie zur politischen Online-Kommunikation

Hinter der Studie „Wahlkampf in (a)sozialen Netzwerken – Politische Online-Kommunikation und Diskursverhalten im Kontext des Bundestagswahlkampfs 2017“ (WasN) stecken Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Hildesheim, der Universität Heidelberg und vom Göttinger Institut für Demokratieforschung. Der Hildesheimer Politikwissenschaftler Prof. Dr. Wolf Schünemann leitet die Studie. Das Forschungsprojekt wird von der Abteilung Medienforschung des ZDF sowie von der Universität Hildesheim und vom Göttinger Institut für Demokratieforschung finanziell unterstützt.

Quelle: Stiftung Universität Hildesheim vom 08.12.2017

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