Förderung der Erziehung in der Familie

Sicher und kompetent im Internet: Handlungsempfehlungen des Forschungsnetzwerks EU Kids Online veröffentlicht

Auf Grundlage einer repräsentativen Studie zur Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen in 25 europäischen Ländern wird deutlich, dass europäische Kinder in immer jüngerem Alter mit der Internetnutzung beginnen und dass die Onlinenutzung zunehmend mobiler wird und sich damit der elterlichen Kontrolle mehr und mehr entzieht.

02.11.2011

Der nun veröffentlichte Bericht des Forschungsverbundes EU Kids Online gibt Handlungsempfehlungen, wie Kinder auf einen angemessenen und produktiven Umgang mit dem Internet vorbereitet und zugleich vor Risiken wie z.B. Bullying, Pornographie oder dem Kontakt zu Fremden geschützt werden können.

In Deutschland schöpfen Kinder und Jugendlichen die Potenziale des Internets im Vergleich nur gering aus, hob Prof. Uwe Hasebrink, Direktor des Hans-Bredow-Instituts, des deutschen Partners im EU Kids Online-Netzwerk, anlässlich der Vorstellung der Studienergebnisse hervor. Bei den Eltern in Deutschland scheint die Verunsicherung im Hinblick auf mögliche Gefahren des Internets besonders groß zu sein. „Vorsicht ist gut, sie sollte aber nicht dazu führen, das Internet überwiegend als Gefahrenquelle anzusehen und Kinder zu hindern, die für den Umgang mit dem Internet erforderlichen Kompetenzen zu erwerben“, erläuterte Hasebrink.

Panik und Angst entbehren häufig einer empirischen Grundlage
Prof. Sonja Livingstone von der London School of Economics, Leiterin des Forschungsnetzwerks EU Kids Online sagte, eine unausgewogene Berichterstattung schüre eine ängstliche Stimmung, die sich auch auf die Diskussion über die Onlinenutzung von Kindern auswirke. "Panik und Angst entbehren häufig einer empirischen Grundlage. Die Ergebnisse aus dem EU Kids Online-Projekt sollen Schulen, Eltern, Regierungen, zivilgesellschaftliche Akteure, Industrievertreter und die Kinder selbst stärken, gemeinsam einen Weg zu finden, um mit den Chancen und Risiken der Onlinetechnologie adäquat umzugehen. Unser Projekt bietet für diese Herausforderung eine gute Grundlage“, so Livingstone.

Im Folgenden werden die zentralen Handlungsempfehlungen aufgeführt. Der <link http: www.hans-bredow-institut.de webfm_send _blank external-link-new-window external link in new>vollständige Bericht enthält in Kapitel 5 sowohl länderübergreifende als auch länderbezogene Handlungsempfehlungen.
Zusammenfassung und Empfehlungen

1.    Kinder und Jugendliche haben nicht nur ein Recht auf Schutz und Online-Sicherheit, sondern sollten auch selbst Verantwortung für ihre Sicherheit übernehmen und die Rechte Anderer im Internet kennen und respektieren.

2.    In Politik, Schule und Familie sollten auch die Chancen der Onlinenutzung für Kinder und Jugendliche betont und Ansätze für die Förderung eines selbstbestimmten Umgangs produktiven mit diesen Chancen gefördert werden.

3.    Das Alter, mit dem Kinder beginnen, das Internet zu nutzen, sinkt weiter, weshalb der Sicherheit jüngerer User besondere Aufmerksamkeit gelten sollte.

4.    Neuere, insbesondere mobile Möglichkeiten der Onlinenutzung (z.B. über Mobiltelefone und Smartphones) sollten in der Diskussion über eine sichere Onlinenutzung berücksichtigt werden.

5.    Kinder und Jugendliche, die die Möglichkeiten des Internets nicht vollständig ausschöpfen können, sollten durch entsprechende Bildungsmaßnahmen gefördert werden.

6.    Eine wesentliche Aufgabe besteht in der Entwicklung und Bekanntmachung positiver Online-Inhalte für Kinder und Jugendliche.

7.    Medienkompetenzförderung ist notwendig, damit Kinder und Jugendliche sich gegenüber potenziellen Risiken behaupten  können.

8.    Die Betreiber von Social Network Sites sollten durch entsprechende Voreinstellungen gewährleisten, dass die Profile junger Nutzer und Nutzerinnen bestmöglich geschützt sind.

9.    Die Thematisierung von Onlinerisiken in den Medien und in der politischen Diskussion sollte differenzierter und der empirischen Befundlage angemessen erfolgen.

10.    Das Bewusstsein der Eltern für Online-Risiken und Online-Sicherheit sollte verbessert werden.

11.    Die Auswirkungen von Begegnungen Jugendlicher mit sexuellen Inhalten im Internet werden oft überschätzt. Besondere Aufmerksamkeit verdienen aber Kinder, die aufgrund ihres Alters und ihrer Unerfahrenheit mit dem Internet nicht damit umzugehen wissen.

12.    Online-Bullying geht häufig mit ähnlichen Offline-Erlebnissen einher. Daher sollten bei der Entwicklung von Handlungskonzepten zur Prävention und Bewältigung solcher Erfahrungen beide Bereiche einbezogen werden.

13.    Die Eltern sollten dafür sensibilisiert werden, dass sich ihre Kinder mit Personen treffen könnten, die sie ausschließlich aus dem Internet kennen.

14.    Neuen Risikobereichen, die sich z.B. durch Peer-to-Peer-Kontakte ergeben können, sollte mehr Aufmerksamkeit beigemessen werden.

15.    Zur Förderung einer möglichst sicheren Internetnutzung sollten effektive Umgangsweisen mit Onlinerisiken, wie z.B. je nach Situation der Austausch mit Eltern, Freunden oder Lehrern oder die Nutzung technischer Hilfsmittel vermittelt werden.

16.    Eltern sollten im Umgang mit der Onlinenutzung ihrer Kinder gestärkt und unterstützt werden, damit sie diesen wirksam zur Seite stehen können.

17.    Bei der Weiterentwicklung von technischen Regulierungsmöglichkeiten sollte den Bedürfnissen, Interessen und Kenntnissen der Eltern Rechnung getragen werden, um die Akzeptanz der Programme zu erhöhen.

18.    Der Beitrag der Medienkompetenzförderung durch Lehrer und Lehrerinnen bewegt sich auf einem hohen Niveau, erreicht jedoch noch lange nicht alle Kinder und Jugendlichen. Der Schule kommt dabei eine besondere Bedeutung bzw. Aufgabe zu, da sie die Chance hat, auch diejenigen zu erreichen, die z.B. im Elternhaus keine Medienkompetenzförderung erfahren.

19.    Die Anbieter sollten mehr Initiative zeigen, um das Bewusstsein für Internet-Sicherheit zu fördern und Programme zur sicheren Onlinenutzung anzubieten.

20.    Der Vergleich zwischen Ländern mit unterschiedlicher Breitbandversorgung zeigt, dass eine bessere Versorgung nicht automatisch mit größerer Internetkompetenz von Kindern einhergeht, wohl aber mit erhöhten Risiken. Internetkompetenz ist daher nicht allein durch technische Voraussetzungen zu sichern, sondern bedarf immer auch gezielter pädagogischer Maßnahmen.
Kontakt

Quelle: Hans-Bredow-Institut

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