Digitalisierung und Medien
LfM-Studie zur Smartphonenutzung: Zwischen Gruppendruck und Lebenserleichterung
Auf der Düsseldorfer Fachtagung "Always on! Wie Kinder und Jugendliche Smartphones nutzen" stellte die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) die Studie "Mediatisierung mobil – Handy und mobile Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen" vor.
05.10.2015
64 Prozent der 8- bis 14-Jährigen können über das Handy bzw. Smartphone auf das Internet zugreifen. Bei den 13- und 14-Jährigen sind es bereits 86 Prozent. Zahlen, die verdeutlichen, wie präsent mobile (Online-)Kommunikation für Kinder und Jugendliche geworden ist. Was bedeuten diese Zahlen für die Lebenswelt von Heranwachsenden? Wie wird das Smartphone im Alltag genutzt? Welche Potenziale und Gefahren stecken dahinter? Wie wirkt sich die digitale Kommunikation auf das Miteinander im Freundeskreis und in der Familie aus? Diesen und weiteren Fragen sind Forscher der Universität Mannheim im Auftrag der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) nachgegangen. Die Ergebnisse der neuen LfM-Studie "Mediatisierung mobil. Handy- und mobile Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen" präsentierten die Wissenschaftler heute (1. Oktober 2015) im Rahmen der Fachtagung "Always On! Wie Kinder und Jugendliche Smartphones nutzen" in Düsseldorf.
21 Prozent der Befragten mit auffällig starker Handynutzung; acht Prozent "suchtgefährdet"
Hinsichtlich der Bindung zu ihrem Mobiltelefon zeigen sich bei den befragten Kindern und Jugendlichen erkennbare Unterschiede. Prof. Dr. Peter Vorderer: "Viele sind in der Lage, auch längere Zeit ohne das Handy oder Smartphone auszukommen. Etwa 21 Prozent der Kinder und Jugendlichen weisen jedoch eine sehr starke Bindung auf." Dies äußere sich unter anderem dadurch, dass sie "ständig an das Mobiltelefon denken, es auf neue Nachrichten überprüfen oder zum unspezifischen Zeitvertreib nutzen." Acht Prozent von ihnen seien so stark involviert, dass sie "als suchtgefährdet bezeichnet werden müssen".
Smartphone im Freundeskreis
Die hohe Smartphone-Nutzung hat deutliche Auswirkungen auf die Beziehung zu Gleichaltrigen: Als positive Effekte für Freundschaften untereinander nennen die Wissenschaftler z. B. das gemeinsame Anschauen von Fotos und Videos oder das gemeinsame Handyspielen. Allem voran kommt dem Handy aber eine herausragende Bedeutung als Kommunikationsmittel zu, das die Bindungen untereinander stärkt, so Dr. Dorothée Hefner. Hier liegt aber auch die Schattenseite der vermehrten Handynutzung: Cybermobbing, Sexting und Happy Slapping sind dabei Verhaltensweisen mit besonders weitreichenden Folgen für die Heranwachsenden. Etwa zehn Prozent haben Cybermobbing bereits als Täter oder Opfer erlebt, zwischen 4 und 6 Prozent der Kinder und Jugendlichen haben bereits Happy Slapping erfahren oder sexualisierte Fotos von sich verschickt. Auffällig ist laut Dr. Karin Knop auch die Angst, etwas zu verpassen und aus dem Kommunikationsfluss ausgeschlossen zu sein (Fear of missing out, FoMO): "Dies ist der stärkste Erklärungsfaktor für unkontrollierte, exzessive und risikobetonte Handynutzung. Wenn Kinder und Jugendliche zusätzlich einen hohen Anpassungsdruck an ihren Freundeskreis verspüren und dieser Freundeskreis eine 'Always-on'-Mentalität lebt, lassen sie sich besonders stark durch ihr Handy ablenken."
Smartphone in der Familie
Handys und mobiles Internet bringen im familiären Alltag einerseits viele Erleichterungen. Eltern und Kinder sind sich einig: Der größte Vorteil ist die vereinfachte Kommunikation und Alltagsorganisation. Man kann sich unkompliziert verabreden, etwas nachfragen, Bescheid geben und ist besser für Notsituationen gewappnet. Im alltäglichen Familienleben kommt es allerdings auch zu Reibungspunkten. So ist vor allem das zeitliche Ausmaß des kindlichen Handykonsums Grund für Konflikte. Aktive Handyerziehung, die über Restriktionen und Regelungen hinausgeht, wird offenbar auch dadurch erschwert, dass das Handy vorrangig ein mobil und individuell genutztes Medium mit kleiner Bildschirmgröße und privatem Charakter ist, und sich deshalb dem unmittelbaren Einfluss der Eltern entzieht.
Impulse für die Pädagogik: "Kommunikation und menschliches Miteinander"
Die Studie bietet zahlreiche Impulse und Anknüpfungspunkte für Eltern und die pädagogische Arbeit. Zwar besitzen Kinder und Jugendliche bei der Handhabung von Geräten und Apps oft einen Wissens- bzw. Bedienungsvorsprung vor Eltern und Lehrkräften – eine Tatsache, die für LfM-Direktor Dr. Jürgen Brautmeier jedoch einen aufholbaren Rückstand darstellt: "Die Studie zeigt, dass beim Großteil dessen, was mit dem Handy und mobilen Internet betrieben wird, es um Kommunikation und menschliches Miteinander geht. Hier haben Erziehende wiederum einen Vorsprung, der sie dazu ermuntern sollte, mit Kindern und Jugendlichen über die Nutzung ins Gespräch zu kommen." Auch hierzu biete die LfM-Studie Impulse.
>> Die Zusammenfassung der Studie und weitere Informationen unter <link http: www.lfm-nrw.de alwayson external-link-new-window informationen auf den seiten des>www.lfm-nrw.de/alwayson
Quelle: Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) vom 01.10.2015
Termine zum Thema
-
08.04.2024
Kulturelle Bildung und Medienkompetenz (KuBiMedia)
-
09.04.2024
Qualifizierung Multiplikator*in für Medienpädagogik in der Kinder- und Jugendhilfe
-
10.04.2024
Wie Medienpädagogik die Kulturelle Bildung bereichern kann
-
26.04.2024
Fachkongress Frühkindliche Medien-Bildung, 26.04.2024 in Berlin
-
26.04.2024
Fachkongress Frühkindliche Medienbildung
Materialien zum Thema
-
Expertise / Gutachten
Neue Publikation im Rahmen des Projekts "JAdigital": Expertise zum Thema "Digitalisierung und Teilhabe: Chancen und Risiken in der Kinder- und Jugendhilfe"
-
Expertise / Gutachten
Neue Publikation im Rahmen des Projekts "JAdigital": Expertise zum Thema "Digitalisierung und die Hilfen zur Erziehung"
-
Broschüre
Sicher im Internet unterwegs – in leichter Sprache
-
Webangebot / -portal
Teste dein Wissen mit dem neuen TikTok-Quiz
-
Broschüre
Dossier 1/2023 Digitale Spiele. Kinder- und Jugendschutz durch gesetzliche Altersfreigaben
Projekte zum Thema
-
Kinderschutz und Kinderrechte in der digitalen Welt
-
Cluster Projekte GmbH
Modellprojekt DiKon – Digital in Kontakt sein mit jungen Menschen
-
Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW
participART – Medien.Kunst.Pädagogik
-
JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis
GenderONline – Geschlechterbilder und Social Media zum Thema machen
-
Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V. (FSM)
weitklick – Das Netzwerk für digitale Medien- und Meinungsbildung
Institutionen zum Thema
-
Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
teamZUKUNFT gGmbH
-
Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
Landesverband Kinder- und Jugendfilm Berlin e.V.
-
Außeruniversitäre Forschungs-/Serviceeinrichtung
Grimme Institut - Gesellschaft für Medien, Bildung und Kultur mbH
-
Sonstige
Beauftragte für Kultur und Medien (BKM)
-
Stiftung / Fördereinrichtung
Hans-Bredow-Institut