Digitalisierung und Medien

Hungern, Ritzen, Suizid: Kinder im Netz zu Selbstgefährdung animiert

Das rheinland-pfälzische Jugendministerium und die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) drängen anlässlich neuer Erkenntnisse von jugendschutz.net auf mehr Schutz junger User im Social Web. Plattformbetreiber müssen besser vorsorgen.

18.05.2015

Idealisierende Bilder blutender Wunden, beschönigende Videos ausgemergelter Mädchen, verharmlosende Texte über Suizid: Schon neunjährige Kinder werden in Communitys zu selbstzerstörerischem Verhalten animiert, Profile erzielen schnell hunderte Follower. Allein bei Instagram fand jugendschutz.net unter dem Hashtag #anabuddy mehr als 90.000 Beiträge, über die Hungerpartner gesucht wurden.

Das rheinland-pfälzische Jugendministerium und die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) drängen anlässlich dieser Erkenntnisse von jugendschutz.net auf mehr Schutz junger User im Social Web.

Zeitgemäßer Schutz muss Anbietervorsorge, Technik und Kompetenzvermittlung kombinieren

"Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche das Internet kreativ nutzen können", betont die rheinland-pfälzische Jugendstaatssekretärin Margit Gottstein. Deshalb sei vor allem für die Jüngeren der Schutz vor Inhalten wichtig, die sie irritieren und ängstigen. 2014 waren nicht nur Charity-Aktionen wie die Icebucket-Challenge in aller Munde, auch zum Anzünden von Körperteilen oder Hungerwettbewerben seien junge User aufgerufen worden. Gottstein sieht dies mit Sorge: "Nicht selten führt der soziale Druck dazu, dass Jugendliche Gefahren unterschätzen und Leib und Leben riskieren. Hier ist auch die Medienerziehung gefragt. Wir müssen sie für Risiken sensibilisieren und befähigen, im Netz damit angemessen umzugehen."

Siegfried Schneider, Vorsitzender der KJM, fordert, die Unternehmen stärker in die Pflicht zu nehmen. "Wenn Kinder und Jugendliche Web-Dienste nutzen, sollten deren Betreiber auch dafür sorgen, dass sie dort sicher sind. Deshalb brauchen wir insbesondere Regelungen für Plattformen im Web 2.0, die grenzübergreifend wirksam sind." Im Bereich der Selbstgefährdungen sei vor allem die Prävention durch die Anbieter zu verbessern. Nur 42 % der Betreiber löschten beeinträchtigende und gefährdende Beiträge, auf die jugendschutz.net sie hingewiesen hat. Da sich die KJM in den letzten Jahren immer wieder mit der Verherrlichung von Essstörungen beschäftigen musste, hat sie die Kriterien zur Einschätzung der Jugendschutzrelevanz ergänzt. Sie können auch Providern als Anhaltspunkte für die Bewertung von Inhalten und die Schulung von Support-Abteilungen dienen.

Rund 7.900 Verstöße gegen den Jugendschutz hat jugendschutz.net im vergangenen Jahr registriert, nur noch 17% davon fanden sich auf deutschen Servern. Die häufigsten Verstöße bezogen sich auf Pornografie (31%), extremistische Inhalte (26%) und Missbrauchsdarstellungen von Kindern (23%). In über 3.300 Fällen konnte jugendschutz.net die schnelle Löschung über Kontakte zu Anbietern und Plattformbetreibern erreichen und aufwändige Verfahren vermeiden. Knapp 100 deutsche Fälle gab jugendschutz.net an die KJM ab, die dazu Aufsichtsverfahren einleitete. Rund 540 ausländische Fälle übermittelte jugendschutz.net an den KJM-Vorsitzenden und regte die Stellung eines Indizierungsantrags bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien an.

"Neben großen Chancen birgt das Internet auch viele Risiken. Daher dürfen wir junge Internet-Nutzer mit den Gefahren nicht alleine lassen. jugendschutz.net als länderübergreifende Stelle für Jugendschutz im Internet trägt durch ihre Arbeit dazu bei, das Internet für Kinder und Jugendliche sicherer zu machen", erklären Staatssekretärin Gottstein und der KJM-Vorsitzende, Siegfried Schneider, abschließend.

Der Jahresbericht 2014 von jugendschutz.net steht zum Download bereit unter: <link http: www.jugendschutz.net pdf bericht2014.pdf external-link-new-window jahresbericht von jugendschutz.net als>www.jugendschutz.net/pdf/bericht2014.pdf (PDF-Datei 5,9 MB)

Quelle: Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen des Landes Rheinland-Pfalz vom 13.05.2015

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