Digitalisierung und Medien

Hamburg: Pilotprojekt "Start in die nächste Generation" – Vorstellung des Evaluationsberichts

Schulsenator Ties Rabe hat eine Zwischenbilanz des zweijährigen Pilotprojekts "Start in die nächste Generation" gezogen und zusammen mit Prof. Rudolf Kammerl (Universität Hamburg) den wissenschaftlichen Evaluationsbericht vorgestellt. Wichtige Erkenntnisse zum digitalen Lernen und Verbesserungsmöglichkeiten in der Aneignung von Medienkompetenzen wurden erlangt.

07.11.2016

Senator Rabe: "Dank des Pilotprojektes können wir die Chancen und Herausforderungen beim Einsatz von schülereigenen Computern, Laptops oder Smartphones im Unterricht jetzt besser einschätzen. Die wissenschaftliche Untersuchung von Professor Kammerl und seinem Team zeigt, was gut funktioniert und an welchen Stellen weiter gearbeitet werden muss. Mein Dank gilt allen Schulen und Lehrkräften für ihren engagierten Einsatz in diesem Pilotprojekt. Sie haben uns gezeigt, dass der Einsatz von digitalen Medien im Unterricht ein wichtiger Schritt ist, um den Unterricht und die Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler zu erweitern. Wir werden jetzt daran arbeiten, das Projekt Schritt für Schritt auf weitere Schulen auszuweiten."

Projekt "Start in die nächste Generation"

An dem Projekt "Start in die nächste Generation" haben 94 Pilotklassen mit rund 2.200 Schülerinnen und Schülern in drei Stadtteilschulen (Ilse-Löwenstein-Schule/Uhlenhorst, Stadtteilschule Oldenfelde und Schule Maretstraße/Harburg) und drei Gymnasien (Gymnasium Ohmoor/Niendorf, Gymnasium Altona und Gymnasium Osterbek/Farmsen-Berne) mitgewirkt. Ursprünglich beschränkte sich die Planung auf die Hälfte der Klassen und Schüler, doch der Zuspruch war so groß, dass das Projekt stark erweitert wurde. Ziel des Projektes war es, den Umgang mit Schulbuch, Heft und Tafel in möglichst vielen Schulfächern durch den Einsatz schülereigener Computer, Laptops oder Smartphones sowie moderner Programme und spezieller Lernprogramme im Unterricht zu bereichern und zu ergänzen.

Dazu wurden die Schulen mit einer umfangreichen IT-Infrastruktur ausgestattet, die unter anderem WLAN in allen Klassenräumen, die kostenfreie Nutzung zahlreicher Lernprogramme sowie ein Zugangsportal umfasste, das allen Richtlinien des Datenschutzes entspricht und einen Internetfilter zur Einhaltung des Jugendmedienschutzes bietet. In allen Schulklassen wurden umfangreiche Informationsveranstaltungen für die Eltern durchgeführt: Es nahmen nur solche Klassen am Projekt teil, in denen ausnahmslos alle Eltern schriftlich ihre Zustimmung erteilt hatten. Am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) wurde ein Fortbildungspaket für Lehrkräfte entwickelt, mit dem die Nutzung digitaler Lernmaterialien – seien es Online-Schulbücher oder spezielle Lernsoftware – unterstützt wird. Für Fragen und einen Erfahrungsaustausch wurde eine Online-Plattform geschaffen.

Eingesetzt wurden unter anderem Programme für Tabellenkalkulation im Mathe-Unterricht, Bildbearbeitung in Kunst, Präsentationssoftware, Sampling im Musikunterricht, aber auch spezielle Lernprogramme, wie sie beispielsweise von vielen Schulbuchverlagen angeboten werden. Zudem wurden einfache Steuerungsprogramme entwickelt. Darüber hinaus ging es um erweitertes Medienwissen, beispielsweise um Fragen nach dem Urheberrecht, dem Recht am eigenen Bild oder um Sicherheit in sozialen Netzwerken.

Die Evaluation durch Prof. Kammerl bestätigt, dass die Einrichtung einer funktionsfähigen und rechtlich abgesicherten IT-Infrastruktur an den Projektschulen gelungen ist. Entgegen zahlreicher Befürchtungen verfügten zudem alle Schülerinnen und Schüler über eigene Smartphones, Tablets oder Laptops, die sie im Unterricht regelmäßig eingesetzt haben. Die Beteiligten waren mit dem Projekt zufrieden: Mehr als 75 % der Schülerinnen und Schüler wollen zukünftig so weiter arbeiten. Diese Werte unterscheiden sich nicht wesentlich von den Zufriedenheitswerten bei herkömmlichen Unterrichtsangeboten.

Die Lehrkräfte betonen positive Effekte wie die Steigerung der Schüler-Selbststeuerung und -Individualisierung, die Veränderung der Lehrer- und Schülerrolle sowie eine stärkere Aktivierung der Schülerinnen und Schüler im Unterricht. Die eingesetzten Lernprogramme waren aus Sicht der Lehrkräfte unkompliziert im Unterricht einzusetzen und trugen zur Förderung des eigenständigen und individualisierten Lernens bei.

Digitale Endgeräte im Unterricht

Die Nutzung der digitalen Endgeräte erstreckte sich auf alle Unterrichtsfächer und blieb keineswegs auf die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer beschränkt. Die neuen Medien wurden in 16 verschiedenen Unterrichtsfächern eingesetzt, am stärksten sogar im Deutsch- und Englisch-Unterricht, gefolgt von den Fächern Physik, Biologie, Mathematik und Politik. In der kurzen Laufzeit des Projektes ließen sich am Ende im Vergleich zu anderen Schulklassen keine klaren negativeren, aber auch keine eindeutig positiveren Entwicklungen beim Lernstand der Schülerinnen und Schüler in den unterschiedlichen Unterrichtsfächern erkennen.

Kritisch bilanziert Prof. Kammerl den starken Einsatz von Smartphones. Im Vergleich zu Laptops und Tablets seien Smartphones zwar stärker in der Lebenswelt der Schüler verankert, aber aufgrund der kleinen Displays für das Schreiben und Lesen von längeren Texten sowie aufgrund von technischen Problemen zum Öffnen vieler Dateien weniger geeignet. Zudem moniert die Studie, dass zu wenig Zeit und Aufmerksamkeit für die Verbesserung der Medienkompetenz aufgewendet wurde. Stattdessen stand der reine Fachunterricht im Mittelpunkt. Die Lehrkräfte wünschen sich umfangreichere und passgenauere Unterstützung durch Fortbildungsangebote.

Aneignung von Medienkompetenzen verbessern

Senator Rabe und Prof. Rudolf Kammerl sind sich einig: "Der Einsatz von digitalen Medien ist fundamentaler Bestandteil unserer Berufswelt. Digitale Medien prägen zudem das Studium und die Freizeit von Kindern und Erwachsenen. Es ist deshalb wichtig, Schülerinnen und Schüler auf den Umgang mit digitalen Medien rechtzeitig vorzubereiten. Studien zeigen, dass Kinder und Jugendliche den angemessenen Umgang entgegen vieler Erwartungen nicht von selbst lernen, auch wenn fast alle Kinder und Jugendlichen digitale Geräte besitzen. Oft beschränkt sich der Gebrauch auf Computerspiele und Kurznachrichten. Auf die Schule kommt deshalb die neue Aufgabe zu, Kinder und Jugendliche rechtzeitig auf einen angemessenen Umgang mit digitalen Endgeräten und vor allem auf ihren sinnvollen Einsatz in Bildung und Berufsleben vorzubereiten."

Senator Rabe weiter: "Mit maßgeblicher Mitarbeit Hamburgs arbeitet die Kultusministerkonferenz zurzeit an einer Strategie zur Implementation des digitalen Lernens in Schule und Unterricht. Das ist ein gewaltiges Projekt, an dem viele Akteure mitwirken müssen. Eine Top-Down-Strategie mit perfekten Konzepten wird es nicht geben können, denn die Ausarbeitung umfassender Konzepte dauert Jahre, und das Ziel entwickelt sich ständig mit großer Geschwindigkeit weiter. Ohne die Mitwirkung und auch das eigenständige Handeln der Akteure in allen Bereichen werden wir keinen Erfolg haben. Erfolg haben wir nur, wenn wir etwas tun, was Verwaltung, Behörden und Öffentlichkeit nicht immer gut können: Verantwortung und Gestaltungsspielräume zu teilen, Schulen und Lehrer aktiv zu beteiligen, ihnen Freiräume zu geben und auch Improvisation und Fehler zuzulassen. Die Erfindung und Verbreitung von Computer, Smartphone und Internet, der Boom des Silicon-Valley war auch nicht das Ergebnis einer zuvor jahrzehntelang ausgetüftelten Behörden-Strategie, sondern das Ergebnis vieler einzelner tatkräftiger Akteure. In diesem Sinne werden wir zusammen mit der Bundesregierung, den Ländern und den Schulen Schritt für Schritt das digitale Lernen voranbringen. Unser Pilotprojekt hat uns dafür wichtige Erkenntnisse geliefert."

<link http: www.hamburg.de contentblob bc43d4c90c2313ad76667d651fbc90e9 data byod.pdf external-link-new-window als pdf>Zum Evaluationsbericht

Quelle: Behörde für Schule und Berufsbildung  Hamburg vom 3.11.2016

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