Digitalisierung und Medien
Europäischer Open Summit diskutiert über digitale ePartizipation von Jugendlichen
Wie können mehr Jugendliche mit Hilfe digitaler Tools in politische Entscheidungsprozesse eingebunden werden? Dafür engagierte sich in den letzten zwei Jahren das europäische Innovationsprojekt EUth und entwickelte die Toolbox OPIN. Bei einem Open Summit „Youth eParticipation in Europe“ in Berlin am 7. und 8. Dezember 2017 wurde über ePartizipation und OPIN in einem offenen Prozess diskutiert.
15.12.2017
Weit über 100 junge Praktiker/-innen der ePartizipation, Forscher/-innen, Entwickler/-innen, jugendpolitisch Aktive und Interessierte aus ganz Europa trafen sich zum Open Summit „The Future is Now“ in einem angenehmen Ambiente der Neuen Mälzerei in Berlin, um über die Zukunft der ePartizipation für Jugendliche sowie über die (digitale) Unterstützung von Beteiligungsprozessen zu diskutieren. Die EUth-Projektpartner sowie 15 Pilotprojekte präsentierten ihre Ergebnisse und die finale Version der Online-Plattform OPIN, die auf die Bedürfnisse junger Menschen abgestimmt ist und die Implementation von Partizipationsprozessen unterstützt. Aber es ging nicht nur um das Toolkit OPIN, sondern auch um gesellschaftspolitische Fragen rund um die digitale Jugendbeteiligung.
Gesellschafspolitische Rahmung
Nach der Begrüßung der über 100 Anwesenden durch Kerstin Franzl, Euth-Koordinatorin vom nexus Institut, und einer Live-Video-Grußbotschaft von Andrea Halmos, Policy Officer in the eGovernment & Trust Unit of DG CONNECT der EU-Kommission, gab es zwei Input-Keynotes. Kristen Aigro (Europäisches Jugendforum) stellte kritisch fest, dass junge Leute in Entscheidungsgremien systematisch unterrepräsentiert sind und forderte: „Young people should be brought to the table no matter what the topic is, but it especially hurts when they are not involved in youth-related topics.“ Dabei könnten Jugendliche positive Veränderer sein, aber sie werden heute nicht ausreichend angehört.
Ebenfalls einen kritischen Blick vermittelte in der zweiten Keynote der politische Soziologe Brian D. Loader (Universität York, UK). Er konstatiert eine wachsende Desillusionierung junger Menschen gegenüber den Institutionen und der herkömmlichen Praxis der repräsentativen Demokratie. Anstelle der traditionellen Modelle der repräsentativen Demokratie als dominante kulturelle Form des Engagements werden neue oder alternative Formen für junge Leute attraktiver, die durch zunehmende Vernetzung charakterisiert sind. Anstatt die fehlende Mitwirkung junger Leute immer wieder zu beklagen, plädiert Loader dafür, die herkömmliche demokratische Praxis um vernetzte Modelle der Mitwirkung Jugendlicher neu zu justieren, um damit Lebenswirklichkeit der „Young Networked Citizen“ gerechter zu werden.
Weiterentwicklung der ePartizipation für Jugendliche
Mittel- und Kernpunkt des ersten Tages bildeten im Anschluss daran vier Workshops über Entwicklung, Synergien, Auswirkung und Tools für die Teilnehmenden. Die diskutierten Schlüsselfragen waren: Wie kann mehr ePartizipation ermöglicht werden (AG Development)? Wie kann Bürgerbeteiligung attraktiv gemacht werden für Jugendliche? Und was kann die Jugendpartizipation von der Bürgerbeteiligung lernen (AG Synergies)? Wie können neue Kommunikationskanäle in alte traditionelle Strukturen der Entscheidungsfindung eingebunden werden (AG Impact)? Wie können online- und offline-Methoden kombiniert werden (AG Tools)?
Die dort formulierten Empfehlungen für die Weiterentwicklung des Arbeitsfeldes ePartizipation für Jugendliche bildeten Grundlage einer Panel-Diskussion mit den Diskussionspartnern Raul Broto Cervera (Mollet del Vallès municipality), Ellen Durst (European Commission), Yannick Furgal (Paris City Youth Council) und Davide Mazzoni (CATCH-EyoU representative) unter einer äußerst lebendigen und ansprechenden Moderation von Hans-Ludger Dienel vom nexus Institut.
Menschlichkeit und Teilhabe im Netz
Der zweite Tag begann gleich mit einem Höhepunkt: die erstmalige Präsentation des Global Internet Reports: Paths to Our Digital Future im Arbeitsfeld Jugendarbeit. Was mit dem Internet in der nahen Zukunft geschieht, tangiert auch junge Leute in ihrem Partizipationsverhalten, so Ceren Unal, Vertreterin der Internet Society. Sie beschrieb die Forschung, die ihre Organisation zur Zukunft des Internets leistete und stellte die Kernaussagen des Reports vor. Der Global Internet Report wurde 2016 in elf Monaten fertiggestellt und schloss rund 3000 Antworten von Regierungsvertreter(inn)en, Menschenrechtsanwälte, NGOs, Jugendliche und Internetexpert(inn)en ein.
Das Credo des Reports umschrieb Unal so: „We believe the core thing is to put humanity in the center of Internet, which belongs to everybody.“ Gemeinsam mit Solana Larsen (Mozilla Foundation), David Jinjikhadze, (LEPL Children and Youth National Center of Georgia), Edgar Schlummer (ENTK, Council of EU presidency, Estonia) diskutierte Ceren Unal die Auswirkungen des Internets auf die digitale Beteilung im Rahmen einer anschließenden Paneldiskussion.
Jugend-ePartizipation in der Praxis
Eine wichtige Arbeitseinheit am zweiten Tag bildete die selbstorganisierte BarCamp-Session, bei der die Themenfindung für die anschließenden acht Sharing Sessions durch Abstimmung aller Anwesenden erfolgte. Im Rahmen dieser Sessions diskutierten die Beteiligten praktische Fragen im Rahmen von Jugend-ePartizipation sowie über Tools wie OPIN. Die Sessions boten Raum, praktische Erfahrungen intensiv auszutauschen. Junge Journalist(inn)en aus mehreren europäischen Ländern, die im Auftrag von EUth das Summitgeschehen verfolgten und journalistisch aufbereiteten, berichteten zum Abschluss des Open Summits über die Ergebnisse beider Tage. Mit der erstmaligen Präsentation eines Videos über das EUth-Projekt und OPIN sowie Schlussbemerkungen von Kerstin Franzl (EUth-Koordinatorin von nexus) endete der Open Summit, der allen Beteiligten neue Impulse und Erkenntnisse für die weitere Arbeit brachte.
Die ausführlichen Ergebnisse des zweitägigen Open Summit (in englisch) stehen auf der Webseite des EUTh-Projekts zu Verfügung. Weitere Links, Hintergrundinformation und Bilder von der Veranstaltung finden sich auch bei IJAB.
Die Grundlagen von ePartizipation und die Potenziale der Beteiligungssoftware OPIN stellt der deutsche Projektkoordinator Evaldas Rupkus in seinem Fachbeitrag im Themenspecial „Digitalisierung in der Kinder- und Jugendhilfe“ auf dem Fachkräfteportal der Kinder- und Jugendhilfe vor.
Quelle: IJAB - Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V., Dr. Dirk Hänisch
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