Kinder- und Jugendarbeit

DJI Online Thema 2010/02: Digital kompetent oder abgehängt? Wege von Kindern und Jugendlichen ins Netz

Unter dem Stichwort "Digital Divide" spürt das Deutsche Jugendinstitut in seinen aktuellen Online-Schwerpunkt den Wegen junger Menschen in die digitale Medienwelt nach.

09.02.2010

Arbeitswelt und Privatleben sind zunehmend von digitalen Medien durchdrungen. Medienkompetenz wird bei Erwachsenen heutzutage vorausgesetzt; wie aber wird sie im Kindes- und Jugendalter erworben? Eine DJI-Studie hat untersucht, unter welchen Voraussetzungen Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 und 14 Jahren den Umgang mit PC, Internet, Handy und Spielkonsole erlernen, welche Interessen sie dabei leiten und ob unterschiedliche Nutzungsstile eine Bildungsbenachteiligung verstärken. 


Im Zentrum der DJI-Studie „Digital Divide – Digitale Kompetenz im Kindesalter“ stand die Frage, wie Bildung in einer von Medien und Informationstechnologien geprägten Lebenswelt erfolgreich erworben wird. Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Lebenslagen, personaler Voraussetzungen und Lernchancen hat das DJI untersucht, unter welchen Bedingungen Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 und 14 Jahren digitale Kompetenzen erwerben, welche Interessen sie im Netz verfolgen und ob unterschiedliche Nutzungsstile zur Verstärkung von Bildungsbenachteiligung führen können. 
Eine eklatante Bildungskluft lässt sich derzeit bei den jungen und jugendlichen Nutzer/inne/n nicht ausmachen. Viel eher ist eine Binnendifferenzierung der untersuchten Altersgruppe nach den Kriterien Alter und Geschlecht festzustellen. Insgesamt wird über das Internet gern gespielt und kommuniziert. Informell erwerben die Jugendlichen dabei Basisfertigkeiten im Umgang mit digitalen Medien. Entscheidende Motivationsfaktoren für den Einsatz des Internets als Bildungsquelle sind Schule und Eltern. 

Offline ist die Ausnahme 

Die digitale Medienausstattung der Familien und die Zugangsmöglichkeiten der Kinder zum Internet zeigen, dass bei einem Sättigungsgrad der Haushalte von 92 Prozent zwar nicht mehr von einer „digitalen Spaltung der Gesellschaft in On- und Offliner“ gesprochen werden kann, aber doch von einer Marginalisierung mehrfach benachteiligter Kinder und ihrer Familien. Kennzeichnend für die kleine Gruppe der Offliner sind die Merkmale Familienarmut, niedriges Bildungsniveau sowie der Status „alleinerziehend“. 

Spaß mit Freunden hat Vorrang 

 

Kinder nutzen das Internet vor allem, um Spaß zu haben und zur Entspannung. Information und Recherche sind häufig mit schulischen Kontexten verbunden. Neben dem Spielen entwickeln Kinder mit zunehmenden Alter Gleichaltrigen-Kulturen im Netz; das Online-Sein wird zum „Muss“, um Kontakte zu Freunden aus Schule und Wohnumfeld zu halten und zu intensivieren. Kinder weniger medienaufgeschlossener Eltern messen dem Computer, dem Internet und dem Handy deutlich geringere Bedeutung zu als ihre anderen Altersgenossen. 

Jüngere spielen – Ältere kommunizieren 

 

Das Spielen auf Websites und das Recherchieren nach Informationen sind die vorrangigen Nutzungsinteressen der 10- bis 11-Jährigen. Allerdings muss der Informationsbegriff hier weit gefasst werden, da er auch Unterhaltungsaspekte umfasst. Bei den 13- bis 14-Jährigen verlagern sich die Interessen vom Informieren und Spielen auf das Kommunizieren im Netz. Das größere Interesse an der Kommunikation mit den Peers (Gleichaltrigen) geht zugleich mit einer erhöhten Handynutzung einher. 

Internetnutzung ist vor allem alters- und geschlechtsabhängig 

 

Ein großer Teil der 10- bis 11-Jährigen und 13- bis 14-jährigen Jugendlichen nutzt digitale Medien sehr zurückhaltend und verhält sich gegenüber den Internetinhalten indifferent. Den 10- bis 11- jährigen Kindern können eher Gerätevorlieben – z.B. für PC oder Handy – attestiert werden. Bei den 13- bis 14-Jährigen bilden sich vor allem geschlechtsspezifische Nutzungsschwerpunkte heraus: Mädchen kommunizieren vor allem über das Internet (25%) oder das Handy (25%), Jungen spielen eher off- und online (14%). 

…und weniger schichtspezifisch 

 

Die Nutzung des Internets hängt weniger mit der Schicht, sondern vor allem mit dem Alter und Geschlecht der Kinder zusammen. Festzustellen ist allerdings, dass Kinder, die ihre eigenen digitalen Kompetenzen positiv einschätzen, häufiger ins Internet gehen als andere. Hinsichtlich der instrumentellen Fertigkeiten gibt es offensichtlich einen sich selbst verstärkenden Effekt. Die Alters und geschlechtsspezifische Orientierung bei den Inhalten ist entwicklungsbedingt noch recht instabil. 

Jungen/männliche Jugendliche aus Bildungsfamilien nutzen das Internet am stärksten 

 

Die Frage, ob unterschiedliche digitale Nutzungsstile für Kinder und Jugendliche bildungsrelevante Vor- oder Nachteile haben, ist daher nicht eindeutig zu beantworten. Auffällig ist jedoch, dass gerade die männlichen Befragten bildungsprivilegierter Herkunft häufiger das Potenzial des Internets für sich nutzen. Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass sich soziale Ungleichheit durch unterschiedliche Mediensozialisation perpetuiert. 
Prof. Dr. Nadia Kutscher von der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen verweist auf die Unterscheidung zwischen „kulturell legitimen und illegitimen Formen der Mediennutzung“. Neben einer entsprechenden Entwicklung von medienpädagogischen Angeboten sei die Qualifikation von Pädagog/inn/en in außerschulischen und schulischen Bildungskontexten von hoher Bedeutung, betont Kutscher. 
Neben der Jugendhilfe sind vor allem Eltern und Schule noch stärker gefordert, Kinder auf dem Weg in die digitale Welt pädagogisch zu begleiten. Nach Aussagen des DJI-Projektteams spielt die Schule bei der Vermittlung von Medienkompetenz eine andere Rolle als Geschwister und Peers. Auch von ihren Eltern würden die Kinder nur eher en passant in die Computer- und Netzwelten eingeführt. Der Vorteil schulischer Medienarbeit sei, dass Kinder systematisch Fertigkeiten im Umgang mit digitalen Medien erlernten. 
Regine Derr und Sabine Herzig vom Informationszentrum Kindesmisshandlung/Kindesvernachlässigung (IzKK) am DJI sehen zudem die Eltern in der Pflicht, ihren Kindern Regeln an die Hand zu geben, um sich im Internet kompetent und möglichst gefahrlos zu bewegen. Einen hundertprozentigen Schutz, etwa vor Belästigungen, könne es jedoch nicht geben. „Ähnlich wie beim Straßenverkehr kann man Kinder nicht davon fernhalten, sie müssen nur wissen, wie man sich darin richtig bewegt und Risiken aus dem Weg geht“, so Derr und Herzig im Gespräch mit DJI Online.

Weitere Informationen unter: http://www.dji.de/thema/1002

Quelle: Deutsches Jugendinstitut 

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