Digitalisierung und Medien
Digitale Skills als vierte Kulturtechnik – Bildung, Qualifizierung und Wissenschaft in der digitalisierten Welt
In einem öffentlichen Fachgespräch diskutierte der Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung über die Herausforderungen der Digitalisierung für Lehre, Forschung und Persönlichkeitsentwicklung. Einigkeit herrschte über die tiefgreifenden Anforderungen, welche die Digitalisierung an alle Bildungsbereiche richte.
14.12.2016
"Digitale Bildung ist ein Querschnittsthema in Lehre und Forschung, für Innovationen wie auch für die Persönlichkeitsentwicklung." Das sagte Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, vor dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, der zu einem Öffentlichen Fachgespräch zum Thema "Bildung, Qualifizierung und Wissenschaft in der digitalisierten Welt" am Mittwochvormittag eingeladen hatte. Hippler unterstrich, dass die Hochschulen für die Industrie 4.0 wettbewerbsfähig gemacht werden müssten. Es reiche nicht mehr, lediglich Inhalte - wie etwa ganze Vorlesungen - digital ins Netz zu stellen, sondern es müssten Skills für die digitale Welt der Zukunft entwickelt werden. "Wie die digitale Welt in zehn Jahren aussieht, weiß niemand", sagte Hippler.
Digitale Bildung als vierte Kulturtechnik
Als vierte Kulturtechnik bezeichnete Ulf Frank Kerber, Pädagogische Hochschule Karlsruhe, die digitale Bildung. Das gesamte Bildungswesen müsse neu ausgerichtet werden. Lernende wie Lehrende müssten digital stärker fortgebildet werden. Er bemängelte zudem, dass es an pädagogischer Forschung zu dem Thema fehle.
Christoph Meinel, Wissenschaftlicher Direktor und Geschäftsführer des Hasso-Plattner-Instituts für Softwaresystemtechnik (HPI), machte deutlich, dass der digitale Wandel eine noch nie da gewesene Veränderung der Gesellschaft mit sich bringen werde. Es sei das erste Mal möglich, nicht nur von Mensch zu Mensch, sondern auch von Mensch zu Objekt zu kommunizieren und in Lichtgeschwindigkeit Wirkungen zu erzielen. Dafür gebe es keinerlei geschichtliche Vorbilder und es würde mehrere Generationen dauern, bis die Menschen wirklich lernen würden damit umzugehen. Konkret plädierte er dafür, sogenannte Schul-Clouds einzurichten. Darin sollen die verschiedenen fachmännisch konfigurierten digitalen Lerninhalte vorgehalten und von den Schulen abgerufen werden können.
Lernzeiten verlängern
Jörg Müller-Lietzkow, Professor am Institut für Medienwissenschaft der Universität Potsdam, forderte, die Schüler mehr als bisher auf die digitale Welt vorzubereiten. Man müsse aufhören Schulen, Hochschulen und berufliche Bildung als separate Blöcke zu verstehen. Lerneinheiten müssten sowohl zeitlich, organisatorisch und inhaltlich besser organisiert werden. Ferner sprach er sich dafür aus, die Systeme zeitlich zu entspannen. Es sei zu überlegen, ob es nicht sinnvoll sei, die Gymnasialzeit zu verlängern und G9 wieder einzuführen und auch den Bachelorstudiengang auf vier Jahre zu verlängern.
Digitales Lernen in allen Lebensbereichen
Man habe viel Zeit bei dem Thema digitale Bildung verschlafen, mahnte Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien - Bitkom. Er machte klar, dass die Digitalisierung in der Bildung kein Land allein schaffen könnte. Man benötige mehr Internationalisierung. Rohleder sprach von "Entgrenzung". Auch er forderte einen kompletten Umbau des Bildungssystems. Der Erwerb digitaler Kompetenz müsse integraler Bestandteil heutiger Bildungsziele werden und vor dem Hintergrund des lebensbegleitenden Lernens in der Bevölkerung in allen Organisationen verankert werden.
Informatik und Medienbildung zusammen denken
Heidi Schelhowe, Professorin am TZI - Technologie-Zentrum Information und Informationstechnik, forderte informatische Bildung und Medienbildung stärker zusammen zu denken. Der Algorithmus bestimme, was der Benutzer digital inhaltlich sehe. Es reiche nicht, sich beim Informatikunterricht lediglich auf technische Kompetenzen zu konzentrieren.
Marlis Tepe, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), wies darauf hin, dass in Berlin 50 Prozent der Lehrer in Deutschland über 55 Jahre alt seien. Grundsätzlich bräuchten alle Lehrer mehr digitale Fortbildung. Viele Lehrer fühlten sich mit dem Thema digitale Bildung komplett allein gelassen, kritisierte sie.
Quelle: Heute im Bundestag vom 14.12.2016
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