Kinder- und Jugendarbeit

Alles auf dem Schirm? Jugendliche in vernetzten Informationswelten

Expertinnen und Experten diskutieren Chancen der Medien als zentrale Informationsinstanzen für Jugendliche und wie sich junge Menschen Informationsnetze zunutze machen.

17.11.2010

Am 12. November luden das JFF - Institut für Medienpädagogik und die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) zur sechsten Interdisziplinären Fachtagung ein. Die Veranstaltung ging der Frage nach, welche Rückwirkungen die Entwicklung der Medien auf Formen und Wege der Informationsvermittlung und der Informationsverarbeitung hat.

Da vor allem Jugendliche das Internet und die gebotenen Mitmachoptionen des Web 2.0 nutzten, wurde diskutiert, welche Kompetenzen erforderlich sind, um sich verantwortungsvoll in der neuen Medienwelt einbringen und verorten zu können. Eine große Rolle spielten dabei Erkenntnisse, wie verhindert werden kann, dass Heranwachsende sich im „Informations-Dschungel“ verirren.

Prof. Dr. Friedrich Krotz (Universität Bremen) erläuterte, in welchem Maße die Medienumgebungen der Menschen zunehmend komplexer - gleichzeitig aber auch spezialisierter genutzt werde. Der Umgang mit den Medien folge dabei nicht einer Logik, die die Medien selbst vorgeben, sondern in erster Linie den kommunikativen Bedürfnissen und Kompetenzen der einzelnen Menschen selbst. Diese Aneignungsprozesse werden allerdings durch gesamtgesellschaftliche Trends von Mediatisierung, Individualisierung und Kommerzialisierung beeinflusst. Medienaneignung ist in diesem Verständnis Spiegelbild des demokratischen Raums.

Im zweiten Vortrag differenzierte Prof. Dr. Christoph Neuberger (Universität Münster) verschiedene Dimensionen medialer Öffentlichkeiten aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive. Mit der Digitalisierung werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Potenziale der Medien frei kombiniert werden können. Dabei entstehen neue Möglichkeiten der Produktion und Verbreitung von Nachrichten, was einerseits als Befreiung erlebt wird, andererseits aber auch Orientierungs- und Koordinationsprobleme aufwirft.

Prof. Dr. Helga Theunert (JFF, Universität Leipzig) betonte die grundsätzlich hohe Bedeutung von Medien als Orientierungshilfen, Werkzeugen zur Identitätsbildung sowie zur souveränen Lebensführung für Jugendliche.

Gleichzeitig gibt es großen Forschungsbedarf bei der Frage, was Jugendliche tatsächlich als relevante Information wahrnehmen bzw. welche Teile der Medien die Jugendlichen als multioptionale Mittel der direkten Teilhabe an der Gesellschaft nutzen. Neben dem bloßen „sich informieren“ bieten gerade Web 2.0-Applikationen die Perspektive des kreativen Engagements für sich und seine Gruppe. Ziel der Medienkompetenzförderung muss dabei sein, möglichst gleiche Zugänge und Nutzungsoptionen für alle Jugendliche zu schaffen.

In einer anschließenden Podiumsdiskussion wurden insbesondere die Herausforderungen an eine moderne Medienpädagogik sowie eine wirksame Medienaufsicht erörtert.

Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring (BLM), Jürgen Ertelt (Jugend online), Kathrin Demmler (JFF) und Michel Honold (VZlog.de) zeigten auf, dass es in der Praxis bereits eine erfreulich hohe Zahl von erfolgreichen Projekten gibt, die sich mit der Auswahl und der Verarbeitung von Informationen einerseits und dem direkten kreativen Gebrauch von Medien im Rahmen des eigenen Sozialisationsprozesses befassten. Die Aufgabe der Medienpädagogik sei es, übertragbare Konzepte zu entwickeln, die eine echte Partizipation junger Menschen an der Medienwelt bieten. Dabei können und werden nachweislich auch Selbstlernprozesse des Individuums und Gruppe ausgelöst. Alle Teilnehmenden der Podiumsdiskussion waren sich einig, dass Medienpädagogik dort stattfinden muss, wo sich jugendliche Mediennutzende aufhalten - vor allem und in zunehmender Zahl in den sozialen Netzwerken.

Herausgeber: JFF - Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis

 

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