Demokratie

70 Jahre Grundgesetz: Die faktischen Nachteile bestehen weiter

2019 feiern wir 70 Jahre Grundgesetz, 25 Jahre Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz und – immer noch – 100 Jahre Frauenwahlrecht. Das sind wichtige Marksteine der Vergangenheit und Ansporn für die Zukunft. Denn ist das Versprechen „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ tatsächlich eingelöst? Der Deutsche Juristinnenbund (djb) fordert ein klares Bekenntnis für Gleichberechtigung und ihre Umsetzung in der Lebenswirklichkeit.

24.05.2019

1992 hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Nachtarbeitsentscheidung geschrieben: „Der Satz ‚Männer und Frauen sind gleichberechtigt‘ will nicht nur Rechtsnormen beseitigen, die Vor- oder Nachteile an Geschlechtsmerkmale anknüpfen, sondern für die Zukunft die Gleichberechtigung der Geschlechter durchsetzen. Er zielt auf die Angleichung der Lebensverhältnisse. So müssen Frauen die gleichen Erwerbschancen haben wie Männer. Überkommene Rollenverteilungen, die zu einer höheren Belastung oder sonstigen Nachteilen für Frauen führen, dürfen durch staatliche Maßnahmen nicht verfestigt werden. Faktische Nachteile, die typischerweise Frauen treffen, dürfen wegen des Gleichberechtigungsgebots des Art. 3 Abs. 2 GG durch begünstigende Regelungen ausgeglichen werden.“

Ressourcen sind nicht annähernd gleich verteilt

Dazu die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb) Prof. Dr. Maria Wersig: „Noch heute, 27 Jahre später, leben wir nicht in einer Gesellschaft, in der Ressourcen, wie Geld und Macht, auch nur annähernd gleich zwischen den Geschlechtern verteilt sind. Die ‚faktischen Nachteile‘ bestehen weiter. Es muss noch viel passieren, um gleiche Erwerbschancen zu realisieren und überkommene Rollenzuschreibungen zu überwinden.“  

Frauen sind weiterhin überproportional von Altersarmut betroffen, verdienen im Schnitt 21 Prozent weniger als Männer und stellen im deutschen Bundestag nur 30,9 Prozent der Abgeordneten – so wenige wie seit den 90er Jahren nicht mehr. Der djb fordert alle demokratischen Parteien auf, sich für Parität in den Parlamenten einzusetzen, damit Frauen die Politik dieses Landes endlich zu gleichen Teilen mitbestimmen können.

Klares Bekenntnis für Gleichberechtigung und ihre Umsetzung

Bei ihrer Rede im Rahmen der Tagung „ES LEBE DIE FREIHEIT - 70 Jahre Grundgesetz!“ der Gesellschaft für Freiheitsrechte am 23. Mai betont Wersig: „Aktuell geht obendrein eine Welle des Rechtspopulismus um die Welt. Im Kern ihrer Agenda stecken auch die alten Rezepte, wie Männer und Frauen zu sein haben. Umso wichtiger ist es, sich klar auszusprechen für Gleichberechtigung und ihre Umsetzung in der Lebenswirklichkeit.“

Quelle: Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 23.05.2019

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