Coronavirus

Kinder- und Jugendärzte alarmiert: Eltern meiden Impfungen und notwendige Arztbesuche

Aus Angst vor Ansteckung mit dem Corona-Virus auf dem Weg zum Kinder- und Jugendarzt und in der Praxis selbst vermeiden derzeit viele Eltern notwendige Arztbesuche. So mehren sich die Berichte von Ärzten über Kinder, die trotz sichtbarer Krankheitszeichen deutlich verspätet vorgestellt werden. Der Bundesvorstand des Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte warnt: „Verschleppte Behandlungen und fehlende Impfungen können lebensgefährlich werden.“

13.05.2020

Appell an Eltern: Mit akut kranken Kindern rechtzeitig zum Arzt

Dr. Sigrid Peter, Vizepräsidentin des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte: „Kolleginnen und Kollegen berichten sogar von Kindern mit einer akuten Leukämie, die zu spät den Weg zum Kinder- und Jugendarzt gefunden haben und damit wichtige Zeit für die Therapie dieser lebensbedrohlichen Krankheit verloren haben. Das sind dann besonders tragische Fälle.“
 
Dabei haben die Kinder- und Jugendärzte bereits vor der Coronakrise in ihren Praxen geltende Hygienestandards selbstverständlich umgesetzt. „Dies ist Bestandteil des Qualitätsmanagements, das seit vielen Jahren fester Bestandteil unserer Berufsausübung ist. Das Infektionsrisiko an anderen belebten Orten ist um ein Vielfaches größer. Eltern brauchen im Krankheitsfall ihrer Kinder unsere Praxen daher nicht zu meiden und ihren Nachwuchs eventuell anderen gesundheitlichen Risiken auszusetzen“, so Verbandspräsident Dr. Thomas Fischbach.
 
Zu normalen Zeiten wenden sich viele Eltern, die sich mit der Erziehung überfordert fühlen, an ihren vertrauten Kinder- und Jugendarzt, dieser hilft dann durch Beratung und Weiterleitung an entsprechende Stellen. Dr. Sigrid Peter: „Auch dies unterbleibt zurzeit und wir müssen davon ausgehen, dass einige unserer Patienten gerade auch wegen der Ausgangsbeschränkungen zu Hause Gewalt ausgesetzt sind.

Viele Kinder erhalten derzeit wichtige Impfungen nicht

Außerdem bekommen zurzeit viele Kinder Impfungen nicht, die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen sind.“ Die Grundimmunisierung im ersten Lebensjahr schützt vor so gefährlichen Krankheiten wie Keuchhusten, Polio (Kinderlähmung) und Masern. Kinder, die diese Grundimmunisierung und auch die Auffrischimpfung nicht bekommen, sind den Erregern dieser Krankheiten schutzlos ausgeliefert. Es fehlt durch sinkende Impfraten die Gruppenimmunität. Dadurch sind auch diejenigen gefährdet, die aufgrund von Vorerkrankungen nicht geimpft werden können. Krankheiten, die längst zurückgedrängt worden sind, werden in Zukunft wieder vermehrt auftreten. Bereits während der europäischen Impfwoche 2020 (20.-26. April 2020) hat die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ) darauf hingewiesen.
 
Zurzeit richtet sich das öffentliche Interesse hauptsächlich auf einen Impfstoff gegen das Sars-CoV2. Der davon erhoffte wichtige individuelle Schutz und die Eindämmung der Pandemie sollten jedoch nicht vergessen machen, dass es auch weitere, für Kinder sogar viel gefährlichere Krankheiten gibt und dass wir gegen diese  bereits heute wirksame Impfstoffe zur Verfügung haben. „Wir appellieren an die Eltern: Nutzen Sie diese Möglichkeit, lassen Sie Ihrem Kind die von der STIKO empfohlenen Impfungen zeitgerecht zukommen“, so Peter weiter.

Kinder- und Jugendärzte sind die ersten Ansprechpersonen für Eltern – auch in der Krise

Kinder- und Jugendärzte sind die ersten Ansprechpersonen für Eltern und ihre Kinder. Das ist auch in der derzeitigen Krise der Fall. Die meisten Praxen haben sich auf die notwendigen Schutzmaßnahmen durch Regelungen in zeitlichen Abläufen oder räumlichen Gegebenheiten eingestellt, um einen größtmöglichen Schutz vor Sars-CoV-2 zu bieten. „Eltern sollten darauf achten, Vorsorge-Untersuchungen und Impfungen zeitgerecht durchführen zu lassen, aber auch bei Sorge um die körperliche und psychische Gesundheit ihrer Kinder rechtzeitig mit dem Kinder- und Jugendarzt ihres Vertrauens Kontakt zu treten – durch persönlichen Kontakt, durch telefonische Anfrage oder auch durch die Videosprechstunde", betonte die Vizepräsidentin des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte.

Quelle: Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte (BVKJ) vom 27.04.2020

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