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Der Deutsche Kitaverband fordert Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung, die nicht unnötigerweise zu Lasten der Bildungs- und Teilhabechancen von Kindern gehen. Die Einschränkungen in Kitas und Schulen gelte es zu minimieren, gleichzeitig sollen ein guter Gesundheitsschutz gewährleistet und Schließungen vermieden werden.
Für die Umsetzung hat der Deutsche Kitaverband Vorschläge entwickelt. Dazu gehören:
Kinder gehören bisher zu den Verlierern der Pandemie. Sie wurden und sind durch Schließungen von Kitas und Schulen in ihrem Alltag und ihren Entwicklungsmöglichkeiten so stark eingeschränkt wie kaum eine andere Bevölkerungsgruppe. Unser Ziel als Deutscher Kitaverband ist es, allen Kindern wieder Freiräume zu schaffen sowie dauerhaft Zugang zu Betreuung, Erziehung und Bildung zu ermöglichen. Das Wohl des Kindes muss bei politischen Entscheidungen wieder mehr im Vordergrund stehen – genauso wie praktisch umsetzbare Maßnahmen. Gleichzeitig möchten wir alle Beteiligten einem möglichst geringen Gesundheitsrisiko aussetzen.
Alle bisherigen Studien-Ergebnisse (z.B. die Corona-Kinder-Studie aus Baden-Württemberg) deuten darauf hin, dass Kinder nicht die Treiber der Pandemie sind, sondern das Ansteckungsrisiko von den Erwachsenen ausgeht. Die Zahl der Corona-infizierten Kleinkinder bis vier Jahre ist laut Robert-Koch-Institut mit rund 5.410 weiterhin sehr gering (Stand: 05.10.2020). Meist ist der Krankheitsverlauf bei Kindern zudem mild. „Ausbildung und Wohlbefinden der Kinder sollte höchste Priorität für jede Strategie haben, die Gesellschaft wieder zu öffnen“, fordern auch die Spezialisten für Infektionskrankheiten bei Kindern Saul Faust und Alasdair Munro von der University of Southampton in ihrem Aufsatz „It’s Time to Put Children and Young People First During the Global COVID-19 Pandemic“.
Daher fordern wir, dass der Fokus der gesamtgesellschaftlichen Maßnahmen zur Eindämmung von COVID19 darauf ausgerichtet werden muss, dass Erwachsene das Virus weiterverbreiten. Neue Erkenntnisse weisen darauf hin, dass sich Erwachsene hauptsächlich im privaten Bereich über Cluster anstecken und so die Infektionszahlen nach oben treiben. Entsprechend sollten sich auch im Kitabereich die präventiven Maßnahmen auf die Erwachsenen (Erzieher und Eltern) konzentrieren, um den Kindern größtmögliche Freiräume zu lassen.
Dazu zählt auch, dass ein gewöhnlicher Kinderschnupfen kein Ausschlusskriterium vom Kita-Besuch darstellt, worüber wir uns mit den meisten Ärzten und Virologen einig sind. Grundsätzlich gilt aber unabhängig von Corona, dass kranke Kinder keine Kindertageseinrichtungen besuchen dürfen.
Zum Start des neuen Schul- und Kindergartenjahres sind die Einrichtungen in den Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen zurückgekehrt. Leider wurde es über den Sommer verpasst, die Bildungseinrichtungen für den Winter krisenfest zu machen. Wir stimmen Bundeskanzlerin Angela Merkel zu, dass Bildungseinrichtungen im Verlauf der Pandemie in jedem Fall geöffnet bleiben sollen. Daher lehnen wir vorsorgliche Schließungen von Kitas, Tagespflegestellen und Horten aufgrund von Superspreading-Events, die in keinem Zusammenhang mit den jeweiligen Einrichtungen stehen, grundsätzlich ab. Ebenso lehnen wir einen Rückfall in das System der Notbetreuung ab. Kohorten (bzw. in NRW Betreuungssettings genannt) müssen erst wieder ab einer hohen lokalen Infektionszahl gebildet werden.
Momentan agieren Politik, Behörden und folglich auch die Bildungsträger wie in einem Blindflug. Präventions-Regelungen sind nicht nur von Bundesland zu Bundesland, sondern sogar von Kommune zu Kommune unterschiedlich. So sind die politischen Maßnahmen nicht logisch nachvollziehbar und die Akzeptanz sinkt.Wir fordern die zuständigen Bildungs-, Familien und Sozialministerien in den Ländern und im Bund dazu auf, schnellstens einen BUNDESEINHEITLICHEN STUFENPLAN zu entwickeln und umzusetzen. Ein gemeinsamer Orientierungsrahmen stärkt die Glaubwürdigkeit der Corona-Maßnahmen. Darüber hinaus können die Kitas ihren eigenen Krisenplan entwickeln, der sich an dem bundeseinheitlichen Stufenplan orientiert. Auf die Entwicklung der Neuinfektionen in der jeweiligen Region kann dann kurzfristig und zielgenau reagiert werden. Der Stufenplan verhindert außerdem, dass die Kinder in ihrer Entwicklung eingeschränkt werden und beugt Schließungen aufgrund von infizierten Erwachsenen (Hauptüberträger) vor.Der Deutsche Kitaverband schlägt einen Stufenplan vor, der die Anzahl der wöchentlichen Neuerkrankungen im jeweiligen Einzugsgebiet berücksichtigt und die Neuinfektionen in den Landkreisen und kreisfreien Städten je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen als Richtschnur (7-Tage-Inzidenz) nutzt. Die Inzidenz wird immer zur Mitte der Woche überprüft, um gegebenenfalls Veränderungen für die Folgewoche einzuleiten. Steigen die Infektionszahlen in der Zwischenzeit eklatant, muss kurzfristig nachjustiert werden. Richtmaß sind die aktuellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts. Die definitiven Zahlengrenzen müssen von der Politik festgelegt werden.
Unser Vorschlag für einen differenzierten Stufenplan für den Regelbetrieb der Kitas unter Pandemiebedingungen sieht wie folgt aus:
Um Kita-Schließungen sowie unnötige Quarantänen von Kindern und Erziehern zu vermeiden, werden wir nicht müde, für Mitarbeiter*innen und Kinder mit Symptomen oder mit Kontakt zu positiv Getesteten, sofortige SCHNELLTESTS zu fordern. Bei diesen Verdachtsfällen müssen die Tests 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, abgenommen werden können. Das Ergebnis sollte möglichst sofort aber zumindest innerhalb von vier Stunden zur Verfügung stehen, um längere Einrichtungs-Schließungen zu vermeiden. Denn das Recht auf Bildung sollte so wenig wie möglich eingeschränkt und Familien vor den Folgen weiterer Schließungen geschützt werden.
Da ein Großteil der Corona-Infektionen durch Aerosole vor allem in Innenräumen verursacht wird, muss in den Einrichtungen unbedingt das richtige Lüften gelernt werden (Informationen sind beim Umweltbundesamt erhältlich). Wir sollten ferner nichts unversucht lassen und zusätzlich mögliche TECHNISCHE LÖSUNGEN wie mobile Lüftungsanlagen ausschöpfen. Die öffentliche Hand muss die nötigen Finanzmittel bereitstellen. Denn dem Recht der Kinder auf Bildung Geltung zu verschaffen, sollte der Gesellschaft etwas wert sein.
Quelle: Deutscher Kitaverband | Bundesverband freier unabhängiger Träger von Kindertagesstätten e.V. vom 06.10.2020