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Kirchliche Sexuallehre spielt bei Jugend keine Rolle

Die kirchliche Sexualmoral spielt für neun von zehn katholischen Jugendlichen keine Rolle. Das ergab eine Online-Umfrage des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Daran haben sich knapp 10.000 Menschen beteiligt, die mehr als 1000 Seiten Kommentare geschrieben haben.

18.12.2013

Der BDKJ hatte die Vatikan-Umfrage zu Ehe, Familie und Partnerschaft für junge Menschen übersetzt. Die detaillierten Ergebnisse sind seit Montag bei der Deutschen Bischofskonferenz und stehen jetzt online unter <link http: umfrage.bdkj.de _blank external-link-new-window external link in new>umfrage.bdkj.de.

„Es gibt eine riesige Kluft zwischen der Lehre der Kirche und der Alltagswirklichkeit junger Katholikinnen und Katholiken“, fasst BDKJ-Bundesvorsitzender Dirk Tänzler zusammen. Die Umfrage ergibt, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen die kirchliche Meinung zu Ehe und Familie zwar kennen. Die große Mehrheit (90 Prozent) sieht diese aber kritisch - und befolgt sie deshalb nicht. „Sex vor der Ehe und Verhütung gehören zu ihrem Beziehungsleben selbstverständlich dazu“, so Tänzler. Die jungen Katholikinnen und Katholiken gehen feste Bindungen ein und wollen ihre Partnerschaft ganzheitlich leben. Heiraten wollen viele später und planen, Kinder erst in der Ehe zu bekommen. Tänzler: „Eine große Rolle spielt dabei die wirtschaftliche Unsicherheit junger Menschen in der Ausbildungsphase.“ 90 Prozent derer, die sich für Verhütung aussprechen, nennen unter anderem dies als Begründung.

„Wenn man Autos segnen kann, dann auch andere Liebesformen“

Die kirchliche Ablehnung von homosexuellen Beziehungen und der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen stoßen bei den Teilnehmenden auf Ablehnung und Unverständnis. So schreibt ein 20-jähriger Teilnehmer: „Homosexuelle praktizierende Katholiken sollen einen Segen als Lebensgemeinschaft bekommen. Wenn man Autos segnen kann, dann kann man auch [dieser] anderen Liebes-Form einen Segen geben und um Gottes Beistand bitten.“
 
Die große Mehrheit wünscht sich neben der Akzeptanz von Homosexualität eine Anpassung der kirchlichen Lehre: Mehr Vertrauen auf die Gewissensentscheidung der einzelnen in einer pluralistischen Gesellschaft und mehr Antworten auf Fragen, die Menschen heute bewegen. „Dazu müsste die Kirche zuerst den Menschen zuhören, anstatt immer direkt etwas zu sagen zu haben“, so Tänzler. „Viele fordern von der Kirche, dass sie lieber ihre Grundwerte vertreten solle, anstatt genaue Regeln für das Beziehungsleben vorzugeben.“ Überraschend: 20 Prozent der Kinder aus Trennungsfamilien fühlen sich in der Kirche diskriminiert. „Diese Zahl ist erschreckend hoch und fordert die Kirche auf, einzuladen statt auszugrenzen“, so Tänzler.

Er teilt die Befürchtung vieler Teilnehmerinnen und Teilnehmender, dass die Kirche zu Fragen der Gerechtigkeit, des Friedens, der Nächstenliebe nicht mehr ernstgenommen wird, weil ihre Lehre zu Ehe, Familie und Sexualität nicht mehr zur Lebensrealität der Menschen passt: „Wir müssen wegkommen vom Be- und Verurteilen und uns wieder dem Kern der christlichen Botschaft zuwenden. Wir brauchen Wertevermittlung statt Regeln und Verbote, die auch engagierten Kirchenmitgliedern nicht mehr vermittelbar sind“, so Tänzler.

Von der Deutschen Bischofskonferenz fordert der BDKJ einen transparenten Umgang mit den Ergebnissen, die sie an den Vatikan weiter geben wird. Die große Beteiligung und die vielen Kommentare würden zeigen, dass Jugendliche und junge Erwachsene ein hohes Interesse haben, Kirche mit zu gestalten. „Allein deswegen ist ein transparenter Umgang mit den Ergebnissen wichtig“, so Tänzler.

Detaillierte Grafiken, eine umfangreiche Auswertung und die Kommentierung des BDKJ-Bundesvorstandes gibt es unter <link http: umfrage.bdkj.de _blank external-link-new-window external link in new>umfrage.bdkj.de.

Quelle: Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ)

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