Jugendpolitik

"Ziemlich wenig Wirkung": Europäisches Jugendforum entwirft eine neue EU-Jugendstrategie

2018 läuft die aktuelle EU-Jugendstrategie aus. Das Europäische Jugendforum hat sich dazu in Stellung gebracht.

07.04.2017

"Ambitionierter" und "effektiver" müsse die neue EU-Jugendstrategie sein, wenn es nach dem Europäischen Jugendforum (EYF) geht. "Ziemlich wenig Wirkung" habe die derzeitige Strategie angesichts der vielfältigen Herausforderungen, vor denen junge Menschen in Europa stehen, gezeigt. Zwischen 2010 und 2014 habe sich die Situation junger Menschen in der EU in Bezug auf Arbeit, Armutsrisiko, soziale Ausgrenzung und Gesundheit sogar verschlechtert.

Das Europäische Jugendforum hält sich aber gar nicht erst mit der Bewertung des Ist-Standes auf, sondern entwirft auf der Grundlage einer Mitgliederbefragung thematische Schwerpunkte und Grundprinzipien einer künftigen Strategie.

Thematische Schwerpunkte einer künftigen Strategie

Mit vier thematischen Schwerpunkten setzt das EYF Akzente:

  1. Zugang zu Bildung für alle: Die erste Forderung sind höhere Investitionen in bessere und innovativere Bildung, inklusive einem Aufwuchs an politischer Bildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung und interkulturellem Lernen sowie digitalen Fertigkeiten in den Curricula von Bildungsprogrammen. Dazu zählt auch die Forderung nach einer Umsetzung des Jugendminister-Beschlusses zur Validierung nicht formalen und informellen Lernens von 2012, also die Einführung eines nationalen Anerkennungs- und Validierungssystems.
  2. Unterstützung von Freiwilligenarbeit und Jugendorganisationen: Die politischen Partizipationsmöglichkeiten junger Menschen müssen verbreitert werden, so die Forderung, unter anderem durch die Einführung von digitalen Partizipationsinstrumenten, die Stärkung partizipativer Verhaltensweisen in und außerhalb der Schule, die Förderung von Jugendorganisationen und die Förderung grenzüberschreitender Mobilität für alle Jugendlichen.
  3. Zugang zu qualitätsvoller Beschäftigung: Mit einer 31%-Rate der Jugendarbeitslosigkeit in der EU sei es geboten, die Schaffung von Arbeitsplätzen und Beschäftigungsmaßnahmen zu einer Priorität der künftigen Jugendstrategie zu machen, so das EYF. So solle die EU-Jugendgarantie verlängert und finanziell unterfüttert werden, ein Qualitätsrahmen für Ausbildung und Praktika umgesetzt werden, die Berufsbildung ausgebaut und jugendliches Unternehmertum unterstützt werden. Gefordert werden außerdem grenzüberschreitende Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten und Strategien für Lebenslanges Lernen, bei denen gemeinsam mit verschiedenen Akteuren unterschiedliche „Lernpfade“ für eine berufliche und soziale Integration möglich gemacht werden sollen.
  4. Nicht-Diskriminierung und Zugang zu sozialen Rechten: Sozialer Schutz steht als Punkt 4 auf der Agenda des EYF, unter anderem in Form des Kampfes gegen Diskriminierung und Wohnungslosigkeit, für ein gerechtes Rentensystem und für freien Zugang zu Gesundheitsleistungen.

Grundprinzipien einer künftigen EU-Jugendstrategie

Acht Grundprinzipien schreibt das Europäische Jugendforum der EU ins Pflichtenheft:

  1. Eine ressortübergreifende Jugendpolitik: Alle relevanten Akteure der EU-Institutionen sollten an einer künftigen Jugendstrategie beteiligt sein, die Kommission mit verschiedenen Generaldirektionen ebenso wie der Europäische Rat mit seinen vorbereitenden Ausschüssen sowie das Europaparlament. Um einen integrierten Ansatz verwirklichen zu können, seien Koordinierungsinstrumente und ressortübergreifende Arbeitsgruppen notwendig.
  2. Eine rechte- und evidenzbasierte Jugendpolitik: Das EYF mahnt die verschiedenen vorhandenen Instrumente als Unterfütterung von Politik an, darunter den Jugendmonitor, europaweite Studien und die Empfehlung des Ministerrats über den Zugang junger Menschen zu ihren Rechten.
  3. Fokussierter, effektiver: Weniger Themenbereiche, weniger und messbarere Ziele fordert das EYF für eine künftige EU-Jugendstrategie ebenso wie eine stringentere Überwachung der Zielerreichung.
  4. Partizipation: Erwartungsgemäß legt das Jugendforum einen deutlichen Schwerpunkt auf die Forderung nach mehr Partizipation und Transparenz in der europäischen Jugendpolitik. Eine größere Partnerschaft mit Jugendorganisationen, Stakeholder-Meetings, organisiert von der Kommission und thematisch orientierte nationale Treffen stehen unter anderem im Forderungskatalog.
  5. Verbesserung des Strukturierten Dialogs: Kein Wunder also, das auch eine deutliche Aufwertung des Strukturierten Dialogs verlangt wird. Eine bessere öffentliche Wahrnehmung (und entsprechende Maßnahmen wie Medienpartnerschaften) werden gefordert, ein Monitoring der Umsetzung jugendlicher Empfehlungen und Forderungen (u.a. auf nationaler Ebene) und damit einhergehend eine größere politische Relevanz in einer künftigen EU-Jugendstrategie.
  6. Co-Management: Der Europarat ist das Vorbild für ein so genanntes Co-Management junger Menschen in politischen Prozessen. Das EYF fordert es für die Entwicklung und Umsetzung einer neuen Jugendstrategie, einschließlich eines Monitorings des Erasmus+-Programms durch Jugendliche und Jugendorganisationen.
  7. Verbesserte Umsetzung der EU-Jugendstrategie: Zusätzlich zu den in den schon genannten Punkten verlangt das EYF verbesserte Umsetzungsmechanismen, um jugendpolitischen Themen mehr Durchsetzungskraft zu verleihen. Dazu zählen auch Aktionspläne, die auf nationaler Ebene erstellt werden sollten, und Erfolgsberichte, die die Mitgliedstaaten nach drei Jahren vorlegen sollten.
  8. Ein ambitionierteres Fördersystem: Dem großen Förderrahmen von Erasmus+ Rechnung tragend sollte es eine bessere Verbindung zwischen der EU-Jugendstrategie und dem Programm geben, meint das EYF. Die Forderung umfasst neben einer Erhöhung der Mittel eine deutlichere Bezugnahme der Ziele von Strategie und Programm. Daneben sollten andere EU-Programme für Jugendprojekte und Jugendorganisationen zugänglich gemacht werden, denn, wie es im Schlusssatz heißt: „Die Investitionen in Jugend, Bildung, Ausbildung, Kultur und Bürgerschaft sind der Schlüssel, den wachsenden gemeinsamen europäischen Herausforderungen für junge Menschen und künftigen Genrationen zu begegnen.“

Quelle: Dr. Helle Becker im Auftrag von JUGEND für Europa

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