EU-Jugendstrategie

„Visionen und Träume von Jugendlichen sind ein ziemlich hoher Motivationsfaktor“

Blick in die Runde beim Expert(inn)entreffen in Köln

Am 19.11.2013 fand in Köln das vierte Treffen der begleitenden Expertengruppe des multilateralen Projekts „transitions - Gelingende Übergänge in Ausbildung und Arbeit“ statt. Die Expert(inn)enrunde berät die Projektverantwortlichen und zieht Schlüsse aus den Projektergebnissen. Die Ergebnisse der lebendigen Diskussion werden in die bereits vorliegenden Zwischenergebnisse einfließen.

04.12.2013

Vor dem Hintergrund der gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse der bisherigen Fachprogramme standen die Fragen  im Mittelpunkt, wie die öffentliche Wertschätzung Jugendlicher und ihre positive Wahrnehmung in der Gesellschaft gestärkt und verbessert und die Kooperation zwischen einzelnen Ebenen, Bereichen und Akteuren im Übergangssystem gefördert und optimiert werden kann. Die Erfahrungen und Erkenntnisse aus einem IJAB-Fachprogramm zum Thema Übergänge in Japan sowie ein anschließendes informelles deutsch-japanisches Fachgespräch bildeten im Verlauf der Tagung einen weiteren thematischen Schwerpunkt.

Gesellschaftliche Wertschätzung und Anerkennung von Jugendlichen

Zur Impulsgebung zum Thema „Sicht auf junge Menschen“ berichteten Teilnehmende über ihre Eindrücke und Erfahrungen beim Fachprogramm in Frankreich. Ähnlich wie bereits beim Fachbesuch in Finnland konstatierten sie ein in der Berichterstattung und öffentlichen Wahrnehmung ein  insgesamt positives Bild über junge Menschen sowie eine starke Wertschätzung und Anerkennung. Die besuchten Projekte und Fachgespräche verdeutlichten, dass Jugendliche durch entsprechende Maßnahmen gezielt bestärkt werden, ihre Ressourcen und Fähigkeiten zu entwickeln. Als Beispiel wurde ein Projekt in Bobigny (Frankreich) genannt, das Jugendlichen ermöglicht, ihr eigenes kleines Zukunftsprojekt umzusetzen. Dies wurde im Rahmen des „Fonds d´Expérimentation pour la Jeunesse“  angestoßen und inzwischen von der Kommune verstetigt. Die Jugendlichen erhalten dort Beratung und Information bis zur Verfeinerung des geplanten Vorhabens. Eine Kommission mit Vertreter/-innen aus Wirtschaft, Politik und Kommune prüft und bewilligt gegebenenfalls dieses Vorhaben. Das kann ein Freiwilligendienst im Ausland sein oder aber eine Geschäftsidee. Solche Projekte schaffen Anerkennung und Wertschätzung, lautete dazu der Tenor ihrer Eindrücke: Die Berücksichtigung, Akzeptanz und Wahrnehmung von Wünschen, Träumen und Visionen der Jugendlichen stellen demnach eine ganz wichtige Grundlage in der Arbeit mit jungen Menschen dar, an die angeknüpft werden kann.

Ein weiterer Aspekt, der positiv hervorgehoben wurde, ist die ganzheitliche Sicht sowie ein entsprechendes Herangehen an das Problemfeld Jugendarbeitslosigkeit. Multiprofessionelle Teams der Jugendsozialarbeit in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitswesen und der Psychologie sind an der Problemlösung beteiligt und arbeiten zusammen. Ebenso wie in Luxemburg und Finnland wird auch in Frankreich das Wohlbefinden des Jugendlichen nicht nur als Abwesenheit von Krankheit verstanden, sondern im positiven Sinne umfassender verstanden.

Die geschilderten Erfahrungen und die Frage nach Anerkennung und Wertschätzung führten recht schnell zu einer lebendigen Diskussion über mögliche Ursachen für die unterschiedliche Sicht auf Jugendliche. Albert Klein-Reinhardt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend betonte in diesem Zusammenhang, dass es auch in Deutschland Initiativen gebe, Jugendliche selbst aktiv werden zu lassen und eine bessere öffentliche Wahrnehmung von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Konsens bestand auch darüber, dass im Rahmen eines ganzheitlichen Herangehens die Kooperation mit dem Gesundheitswesen (Gesundheitsamt, Ärzte) auch in Deutschland wieder stärker gesucht werden sollte.

Systemübergreifende Kooperation der Handlungsansätze und Methoden

Handlungsbedarf sehen die Teilnehmenden hinsichtlich der systemübergreifenden Kooperation zwischen Jugendamt, Schule, Jobcenter und weiteren Akteuren. In der Diskussion schilderten die Teilnehmenden anschaulich ihre Erfahrungen und berichteten über Hindernisse, aber auch über Chancen einer Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen sowie Jugendsozialarbeit, Jobcenter, Schule und auch einzelnen Bereichen innerhalb der Jugendhilfe. Einigkeit bestand darin, dass eine gute Zusammenarbeit nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie auf Augenhöhe erfolgt. Es wurde der Wunsch geäußert, dass eine Verankerung der Zusammenarbeit möglichst nachhaltig gestaltet sein sollte. Hingewiesen wurde auch auf eine weitere Möglichkeit der systemübergreifenden Zusammenarbeit durch Einbeziehung der offenen Jugendarbeit; aufsuchende Beratungsangebote könnten außer in Schulen auch in Jugendfreizeiteinrichtungen unterbreitet werden, wo der entsprechende Adressatenkreis anzutreffen ist. Gute strukturelle Voraussetzungen einer Kooperation von Jugendhilfe und Wirtschaft sind schon wegen des dualen Systems gegeben und sollten entsprechend genutzt werden. Weitgehend einig waren sich die Teilnehmenden, dass es keine Kooperation des Kooperierens wegen geben sollte, sondern dass diese nur dann sinnvoll ist, wenn der jeweilig eigenständige Beitrag erkennbar bleibt. Die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft wird im Mittelpunkt des nächsten Fachprogramms in Luxemburg sein.

Einblicke in das japanische Übergangssystem

Dr. Petra Lippegaus-Grünau ( Bundesinstitut für Berufliche Bildung) informierte die Runde in einem ausführlichen Bericht über die bei einem IJAB-Fachprogramm in Japan gewonnenen Erkenntnisse zum Thema Übergang. Neben einer kurzen Einführung in die ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen skizzierte sie drei Gruppen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf im Bereich des Übergangs von Schule in Ausbildung und Beruf in Japan. Ihr Vortrag ermöglichte vertiefende Einsichten in die japanischen Probleme des Übergangs, stellte Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Deutschland und Japan sowie die fachlichen Anregungen für beide Seiten heraus (ijab.de wird dazu in Kürze eine ausführliche Zusammenfassung des Deutsch-Japanischen Austauschprogramms zum Download anbieten). Fragen des Übergangs in Japan und Deutschland wurden mit japanischen Gästen im Anschluss an die offizielle Tagung in einer informellen Runde vertieft.

Wie geht es weiter?

Die Erkenntnisse und Vorschläge dieses Expert(inn)entreffens werden in die vorliegenden Zwischenergebnisse mit einfließen. Auch beim 3. Fachforum zum Thema Übergänge im Rahmen der Entwicklung einer Eigenständigen Jugendpolitik in Halle/Saale werden sie einem größeren Kreis von Expertinnen und Experten vorgestellt. Ziel von transitions wird es sein, aus den Gesamtergebnissen des Projekts Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Das wird ein Schwerpunkt des kommenden Treffens der Expert(inn)engruppe im Juni sein, das dazu in personell und thematisch erweiterter Form stattfinden wird.

Kontakt zum Projekt: <link>mierzowski@ijab.de oder <link>reinholz@ijab.de

Quelle: IJAB - Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Dirk Hänisch

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