EU-Jugendstrategie
Mit Rückenwind: Die EU-Jugendstrategie kommt in Deutschland an
Was 2001 mit dem Weißbuch Jugend begann, findet 2010 seinen vorläufigen Höhepunkt. Die "Erneuerte EU-Jugendstrategie" wird Teil deutscher Jugendpolitik.
27.09.2010
"Den Maßnahmen zugunsten der Jugend müssen wir (...) eine europäische Dimension verleihen, um ihre Wirksamkeit zu verstärken und Synergien zur Geltung zu bringen, wobei wir gleichzeitig die Rolle der einzelnen Entscheidungsebenen aufwerten müssen. Das verlangen die Jugendlichen, das wünscht das Europäische Parlament, und das empfehlen auch die Mitgliedstaaten (...)." So hieß es 2001 im Vorwort zum Weißbuch der Europäischen Kommission""Neuer Schwung für die Jugend Europas".
Um dieser Forderung zu entsprechen, schlug das Weißbuch einen neuen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit vor, der zwei wichtige Aspekte aufwies: die Anwendung der offenen Methode der Koordinierung auf dem spezifischen Gebiet der Jugendpolitik und die verstärkte Berücksichtigung der Bedürfnisse der Jugendlichen bei der Ausarbeitung von Maßnahmen in anderen Politikbereichen.
Beschleunigung seit 2008
In der Sitzung des EU-Ministerrates am 27. November 2009 in Brüssel wurde ein neuer Rahmen der jugendpolitischen Zusammenarbeit in Europa für die Jahre 2010 – 2018 vereinbart, der mit dieser Forderung Ernst zu machen scheint. Dazwischen lagen verschiedene kleine und große Schritte im Nachfolgeprozess des Weißbuchs, zahlreiche jugendpolitische Beschlüsse, Verfahren, Zieldefinitionen und Maßnahmen zur Umsetzung, aber auch Rückschläge wie unerhöht verhallende und enervierende Wiederholungen jugendpolitischer Ankündigungen.
Seit Beginn 2008 sind in einem atemberaubenden Tempo konkrete Schritte unternommen worden, um die Grundzüge einer Jugendpolitik in Europa bis 2018 festzulegen. Dafür wurden in einem breit angelegten Konsultationsprozess die bisherige jugendpolitische Zusammenarbeit von den Regierungen der Mitgliedstaaten, Trägern, Organisationen und Verbänden sowie Jugendlichen bewertet und anschließend eine erneute "Europäische Jugendstrategie" entworfen. Deutschland hatte im Dialog mit den Bundesländern und den Akteuren der Kinder- und Jugendhilfe zur Meinungsbildung zwischen den Partnerländern in der EU entscheidend beigetragen.
Ein neuer Rahmen
Mit der Entschließung der Rates vom November 2009 über einen erneuerten Rahmen für die jugendpolitische Zusammenarbeit in Europa (2010-2018) wurde die "Erneuerte EU-Jugendstrategie" verbindlich. Diese zielt allgemein auf die Förderung der sozialen und beruflichen Eingliederung Jugendlicher, die Förderung der persönlichen Entfaltung, des sozialen Zusammenhalts und des gesellschaftlichen Engagements. Entsprechende Ziele sollen einerseits durch die Entwicklung und die Förderung von speziellen Initiativen im Jugendbereich sowie andererseits durch die durchgängige Berücksichtigung von Jugendbelangen auch in anderen Politikbereichen, dem so genannten ressortübergreifenden oder Querschnitts-Ansatz, erreicht werden. Dies soll nicht nur eine Überprüfung jeder entsprechenden politischen Maßnahme auf europäischer Ebene, sondern auch eine verstärkt konstruktive Zusammenarbeit unterschiedlicher jugendpolitisch relevanter Stellen und Maßnahmen auf nationaler Ebene bedeuten.
In Deutschland angekommen
Das ließ sich auch in Deutschland gut an: Nachdem sich am 04./05. Juni 2009 die Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) der Bundesländer zur Europäischen Zusammenarbeit in der Jugendpolitik geäußert hatte, wurde die in von der EU-Kommission veröffentlichte "Mitteilung der Kommission: Eine EU-Strategie für die Jugend - Investitionen und Empowerment" auch durch den Bundesrat bekräftigt. Der beschloss in seiner 861. Sitzung am 18. September 2009 eine Stellungnahme, in der er das Vorhaben einer systematischeren Berücksichtigung der Jugendperspektive in allen Angelegenheiten auf EU-Ebene begrüßte. Die Förderung der Jugend müsse angesichts der demographischen Herausforderungen und der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise eine politische Priorität darstellen. Befürwortet wurde auch der bereichsübergreifende Ansatz für die Jugendbelange. Dieser sei ein "Mehrwert in der Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten durch die EU".
Damit war der Weg für eine gemeinsame, und damit flächendeckende und effektive Umsetzung von Bund, Ländern und Kommunen geebnet. Die Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) wiederholte denn am 18. Juni 2010 die Bereitschaft der Jugendbehörden der Bundesländer, sich aktiv bei der Umsetzung der Jugendstrategie in Deutschland zu engagieren. Ohne Gegenstimme nahm sie einen Beschluss an, in der sie die Jugendstrategie als "eine große Chance für die Weiterentwicklung der Jugendpolitik in Deutschland" bezeichnet und die nationale Umsetzung der EU-Jugendstrategie als für geeignet hält, zur Verbesserung der Lebenslagen junger Menschen beizutragen. Die Länder erklärten insbesondere, die regionale und lokale Umsetzung im Rahmen eigener Zuständigkeit aktiv zu befördern und dazu in jeder Obersten Landesjugendbehörde eine für die Umsetzung der europäischen Jugendstrategie zuständige Stelle zu bestimmen. Die AG der Obersten Landesjugend- und Familienbehörden AGJF, welche die JFMK in allen fachlichen Angelegenheiten der Kinder- und Jugendhilfe unterstützt und auf Fachebene länderübergreifende Grundsatzfragen zur Sicherstellung einer angemessenen und einheitlichen Umsetzung des Kinder- und Jugendhilferechts abstimmt, wurde aufgefordert, gemeinsam mit dem Bund eine geeignete Form der Bund-Länder-Koordination zu entwickeln.
Diese Bund-Länder-Zusammenarbeit soll nun mittels gemeinsamer Themen und geregelter Verfahren systematisiert werden. Ziel ist es, einen abgestimmten, querschnittlichen Politikansatz zu realisieren, der gemeinsame Impulse für die europäische Debatte gibt. Wer das "Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBLG)" (Link) kennt, kann ermessen, dass hiermit der Rückenwind für die EU-Jugendstrategie geradezu Orkanstärke angenommen hat.
Die Diskussion geht erst los
Während Vertreterinnen und Vertreter der Kinder- und Jugendhilfe, aus Verwaltung, Wissenschaft und Politik am 21. September 2009 beim 9. Forum zu Perspektiven Europäischer Jugendpolitik noch den Entwurf der EU-Jugendstrategie diskutierten, lautet der Titel für das 10. Forum am 5. Oktober 2010: "Die EU-Jugendstrategie in Deutschland gemeinsam umsetzen". Dort werden unter anderem die thematischen Schwerpunktsetzungen diskutiert. Die Bundesländer haben dazu schon eine Vorlage gemacht. Sie sehen für den Zeitraum bis 2013 zunächst folgende Themen als vorrangig an:
•Überwindung der Jugendarmut und ihre Folgen
•Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen mit besonderem Blick auf Übergänge in die Arbeitswelt
•Soziale gesellschaftliche Teilhabe und Partizipation junger Menschen
•Anerkennung der Bedeutung informeller und nicht-formaler Bildung unter Wahrung der spezifischen Strukturen und Leistungen der Jugendarbeit
•Integration von jungen Menschen mit Migrationshintergrund sowie von sozial benachteiligten und individuell beeinträchtigten Jugendlichen
•Chancen durch Mobilität zu Lernzwecken.
Am 14. Oktober 2010 tagt dann zum ersten Mal der Beirat zur Umsetzung der EU-Jugendstrategie in Deutschland, den das BMFSFJ eingesetzt hat.
Quelle: jugendpolitikineuropa.de
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