EU-Jugendstrategie

Jugendhilfe muss mithelfen, politische Strukturen zu verändern

Die Auftaktveranstaltung von JUGEND für Europa und der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) auf dem 15. DJHT zum Sonderprogramm Europa hatte noch nicht begonnen, da war das zweisprachige Veranstaltungsprogrammheft zum „Fachprogramm Europa“ bereits vergriffen.

06.06.2014

Die 34 Fachveranstaltungen mit 45 ausländischen Referentinnen und Referenten, 16 Events auf der Bühne vom „Marktplatz Europa“ und 30 Ausstellern zur internationalen und europäischen Jugendarbeit in der Mitte der Messehalle 3 stießen auf großes Interesse der Fachbesucher auf dem 15. Kinder- und Jugendhilfetag (DJHT) in Berlin.

So gesehen war die Werbung, die Hans-Georg Wicke von JUGEND für Europa, und Katja Sieg von der AGJ im Rahmen der ersten Veranstaltung "Europa – Lebens- und Chancenräume für Kinder und Jugendliche mitgestalten" machten, fast überflüssig. Aber nur fast, denn die Fachbeiträge von Prof. Dr. Gesine Schwan und Prof. Dr. Walter A. Lorenz zeigten deutlich, welche Hindernisse noch zu überwinden sind, um "Mehr Europa in die Jugendhilfe" zu lenken.

Gesine Schwan erinnerte an die Ursprünge des "europäischen Projekts", das Frieden, Wohlstand und die Überwindung nationaler Egoismen versprach. Sie warnte im Hinblick auf jüngste Erfahrungen wie die Ukraine-Krise, die Finanz- und Wirtschaftskrise und den drohenden Rückzug auf nationale Positionen bei der Europawahl vor einem Scheitern. Gleichzeitig verwies sie auf die vielen politischen Baustellen, für die eine Lösung nur europäisch und solidarisch zu denken sei. Gerade junge Menschen müssten für Europa gewonnen werden, denn ohne ein zivilgesellschaftliches Engagement junger Menschen, die "energiegeladen" die Politik unter Druck setzten, gäbe es keine Veränderung. "Auch die Jugendhilfe", so schloss sie, "darf daher nicht nur karitativ sein, sondern muss mithelfen, politische Strukturen verändern."

Auch Prof. Lorenz von der Freien Universität Bozen widmete sich dem Thema "Solidarität" und dezidiert der europäischen Jugendpolitik. Jugendliche, so seine These, nähmen diese vor allem in Form von Ambivalenzen wahr. So sei die Thematisierung von Partizipation politisch opportun und zukunftsweisend. Andererseits werde daraus schnell eine Forderung: Wer sich nicht engagiere, bliebe eben ohne Anschluss. Auch "Mobilität" verspräche einerseits Freiheit und Welterfahrung, andererseits gäbe es den "versteckten Imperativ", dass Mobilität die Bedingung für beruflichen Erfolg sei. Jugendliche würden so zunehmend auf ihre Eigeninitiative verwiesen. "Demütigungen und die Erfahrung des Nicht-Gelingens als persönliches Versagen" aber böten den Nährboden für populistische und extreme Einstellungen. Jugendarbeit und Jugendpolitik, so seine Schlussfolgerung, müssten sich entscheiden, ob sie "die Botschaften der EU-Politik ambivalent weiterreichen möchten oder daran arbeiten, konkrete Gegenentwürfe zu finden, die diese Ambivalenz auflösen."

Alle Aspekte dieser weltumspannenden Interpretationen durch Schwan und Lorenz wird selbst ein DJHT nicht bearbeiten können. Nicht zuletzt das war ein Grund, warum Hans-Georg Wicke zum Schluss hoffte, dass dem DJHT auch in Zukunft die "europäische Dimension" erhalten bleibt.

Quelle: www.jugendpolitikineuropa.de

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