Kinder- und Jugendhilfetag

Interview: "22 mio. junge chancen – gemeinsam. gesellschaft. gerecht. gestalten."

In acht Wochen findet der 16. Deutsche Kinder- und Jugendhilfetag in Düsseldorf statt. Das Fachkräfteportal der Kinder- und Jugendhilfe führte hierzu ein Interview mit Prof. Dr. Karin Böllert, der Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ, und sprach mit ihr über das Motto und die zukünftigen Herausforderungen für Fachkräfte.

03.02.2017

Fachkräfteportal: Der 16. Deutsche Kinder- und Jugendhilfetag (16. DJHT) steht unter dem Motto "22 mio. junge chancen – gemeinsam. gesellschaft. gerecht. gestalten." Würden Sie uns die damit verbundenen Erwartungen an den 16. DJHT erläutern?

Karin Böllert: Nachdem der vergangene Deutsche Kinder- und Jugendhilfetag in Berlin die vielfältigen Angebote und Unterstützungsleistungen der Kinder- und Jugendhilfe in den Fokus stellte, rückt der 16. DJHT nun die Belange und Chancen von Kindern und Jugendlichen in den Vordergrund. Mit dem Motto unterstreicht die AGJ die Bedeutung der gesellschaftlichen Verantwortung für das Aufwachsen junger Menschen. Ca. 22 Millionen Kinder und Jugendliche im Alter von 0–27 Jahre leben in unserem Land. Über 140 Millionen in ganz Europa. Jede und jeder von ihnen ist eine Chance für unsere Gesellschaft und hat all die Chancen verdient, die es braucht, um ein eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben führen zu können. Sie alle brauchen die Möglichkeit, Gesellschaft aktiv mitzugestalten.

Die AGJ bietet als bundeszentraler Zusammenschluss der Kinder- und Jugendhilfe mit dem DJHT die zentrale Veranstaltung der Kinder- und Jugendhilfe, die sich an alle Fachkräfte, an ehrenamtlich Engagierte, an Auszubildende und Studierende und alle weiteren Interessierten richtet. Ziel ist es, vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen, demografischen und kinder- und jugend(hilfe)politischen Heraus¬forderungen unserer Zeit den fachlichen Austausch und eine kritische Auseinandersetzung zu ermöglichen und für ein besseres Aufwachsen der "22 Mio. Chancen" zu kämpfen.

Herausforderungen gibt es momentan viele. Ein europäischer Zusammenhalt, der droht auseinander zu brechen, eine langatmige Umsetzung der inklusiven Lösung, die alle Kinder und Jugendlichen unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe zusammenführen will, sowie die Herausforderungen in der Betreuung und Integration unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter sind nur drei davon. Allen, die am Aufwachsen junger Menschen beteiligt sind, stellt sich die gemeinsame Aufgabe, eine gerechte Gesellschaft und die damit verbundenen Rahmenbedingungen zu gestalten. Auch mit Blick auf die wichtigen Schnittstellen der Kinder- und Jugendhilfe wie Schule, Gesundheitswesen oder Polizei und Justiz.

Im Namen der AGJ möchte ich betonen, dass wir uns sehr freuen, den 16. DJHT als Forum für den entsprechenden Austausch von Politik, Theorie und Praxis vom 28. – 30. März in Düsseldorf auszurichten, und mit über 240 Veranstaltungen im Fachkongress und mehr als 380 Ausstellern auf der Fachmesse erwarten wir ein vielfältiges und spannendes Programm, das sich den gemeinsamen Aufgaben widmet.

Was würden Sie sagen ist so einzigartig am Veranstaltungsformat DJHT? Was zeichnet den 16. DJHT aus?

Der DJHT ist einzigartig, da es keine vergleichbare Veranstaltung gibt, die im Rahmen eines Fachkongresses so viele Veranstaltungen anbietet und dabei derart vielfältige Themen diskutiert. Im Zusammenspiel mit der gleichzeitig stattfindenden Fachmesse ist die Veranstaltung ein wichtiger Impulsgeber, ein Ort für Information und Begegnung, wie auch der Fort- und Weiterbildung. Deutsche Kinder- und Jugendhilfetage bieten seit über 50 Jahren ein bedeutsames Forum für den Austausch von Politik, Theorie und Praxis und darauf ist die AGJ sehr stolz.

Innerhalb der dreitägigen Veranstaltung werden unterschiedliche Perspektiven beleuchtet und aus vielen Handlungs- und Tätigkeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe Themen und Herausforderungen diskutiert. Die Mitwirkenden des DJHT setzen sich zusammen aus Bundes- und Landesministerien, Jugendverbänden und Landesjugend-ringen, Fachorganisationen, Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, aus der Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter, aus Organisationen des Bereichs Personal und Qualifikation, aus Jugendämtern, Gewerkschaften, Forschungsinstituten, Universitäten sowie aus zahlreichen Trägern der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe und deren Partner aus angrenzenden Bereichen.

Den 16. DJHT zeichnet aus, dass auch in diesem Jahr ein verstärkter Fokus auf die europäische Dimension des "Jugendhilfe-Gipfels" gelegt wird. Das gemeinsam von AGJ und JUGEND für Europa gestaltete <link https: www.jugendhilfeportal.de fokus djht artikel europedjht-ein-gerechtes-und-soziales-europa-fuer-alle-jungen-menschen external-link-new-window informationen zum europäischen>europäische Fachprogramm unter dem Motto "Creating a social and fair europe for all young people" verknüpft Fachdebatten und Praxisbeispiele zur Kinder- und Jugend(hilfe)politik in Europa. Der DJHT leistet damit einen Beitrag zum europäischen Austausch und zeigt, dass Europa überall in der Praxis ein Thema sein kann und die Kinder- und Jugendhilfe ihren Beitrag für einen europäischen Zusammenhalt leisten muss. Auch die Fachmesse wird mit dem "Marktplatz Europa" erneut zahlreiche internationale Impulse liefern und dabei vielfältige Informations- und Beratungsmöglichkeiten bereithalten.

Also ist der DHJT für die Kinder- und Jugendpolitik in Deutschland wie auch in Europa bedeutsam?

Ja, denn der DJHT setzt sich mit den aktuellen und wichtigen kinder- und jugend(hilfe)politischen Themen auseinander.  Der gebündelte fachliche Austausch und die Vernetzung von Fachkräften aus ganz Europa führt zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe und fördert die Bereitschaft, wichtige Belange für das Aufwachsen von jungen Menschen in Deutschland und in Europa in den verschiedensten Politikbereichen gemeinsam umzusetzen.

Auch die <link https: www.jugendhilfetag.de rahmenprogramm external-link-new-window den zentralen veranstaltungen des>Leitveranstaltungen des 16. DJHT spielen hierbei eine große Rolle, an denen hochrangige Expertinnen und Experten teilnehmen. Hier laden die  AGJ-Fachausschüsse und die Mitgliedergruppen der AGJ dazu ein, zentrale Herausforderungen für die Kinder- und Jugendhilfe durchaus kontrovers zu diskutieren, sich zu positionieren und gemeinsame Antworten zu finden.

Welche Herausforderungen sehen Sie auf die Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe zukommen? Und welche Impulse erwarten Sie diesbezüglich vom 16. DJHT?

Neben den zu erwartenden kinder- und jugendpolitischen Fragestellungen und Diskussionen, insbesondere im europäischen Kontext, denke ich, dass der diesjährige DJHT durch die Auseinandersetzung mit den Themen Integration und Bildungschancen junger geflüchteter Menschen, mit den Entwicklungen zur Debatte um eine SGBVIII-Novelle und den daraus entstehenden Konsequenzen für die Handlungsfelder der Kinder- und Jugendhilfe ganz besonders zu einer fachlichen Weiterentwicklung beitragen wird.

Die Herausforderungen für die Fachkräfte sehe ich vor diesem Hintergrund u.a. darin, dass die Vielfalt der Gesellschaft sich auch in der Vielfalt der Adressatinnen und Adressaten wiederspiegelt. Die Integration junger geflüchteter Menschen und ihrer Familien setzt die wertschätzende Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Lebens-vorstellungen, Werten und Normen voraus. Auch unabhängig davon, ob und wann eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe kommt, stellt die Inklusion behinderter junger Menschen schon jetzt eine fachliche Anforderung an die Kinder- und Jugendhilfe dar.

22 Millionen junge Chancen bedeutet aber auch, wirksame Angebote für diejenigen jungen Menschen zur Verfügung zu stellen, deren Lebensumstände durch soziale Ungleichheit und Benachteiligung geprägt sind, damit sie die gleichen Teilhabechancen haben wie diejenigen, die in materiell und sozial gesicherten Verhältnissen aufwachsen. Dieses alles und noch viel mehr hat seinen Preis. Angesichts zunehmender Debatten über die Ausgaben der Kinder- und Jugendhilfe müssen sich die Fachkräfte verstärkt kinder- und jugend(hilfe)politisch engagieren und ihren Beitrag für eine gerechtere Gesellschaft in die politischen Arenen einbringen. Der DJHT bietet hierzu eine ausgezeichnete Gelegenheit.

Ich möchte alle Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe sowie alle Interessierten ganz herzlich zum 16. DJHT nach Düsseldorf einladen. Die AGJ freut sich auf den fachlichen Austausch und auf spannende Diskussionen innerhalb der drei Tage.

Frau Prof. Dr. Karin Böllert, wir danken Ihnen für das Gespräch!

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