Kinder- und Jugendhilfetag

Grenzen aufheben und Chancen für alle: Inklusionsprojekte auf dem 16. DJHT

Inklusion soll Grenzen aufheben und gleiche Chancen für alle ermöglichen. Auch auf der Fachmesse des 16. DKJH sind eine Vielzahl von Projekte zu finden, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Doch wie kann mithilfe der Projekte Kinder- und Jugendhilfe inklusiver gestaltet werden? Drei interessante Projekte stellen wir hier vor.

30.03.2017

von Lea Bussenius, Jill Frenz, Yasmin Janclaes

"Grenzenlos“: Inklusiver Klettergarten des SPI in Gütersloh

Eine junge Frau im Rollstuhl zieht sich an einem Seil sechs Meter in die Höhe. Einen Moment bleibt sie oben stehen, dann geben die behelmten Mitarbeiter am Boden Seil nach und die junge Frau sinkt langsam wieder zu Boden. Die flaschenzugartige Konstruktion nennt sich Höhenlift und besteht aus Seilen, Gurten, Stangen und Karabinerhaken, die den Mensch am Boden mit der Decke von Messehalle 3 verbinden. Es ist die Demonstration des erfahrungspädagogischen Projekts "grenzenlos - Der inklusive Klettergarten" vom <link http: www.spi-gt.de external-link-new-window zum spi>Sozialpädagogischen Institut Gütersloh e.V. (SPI).

"Inklusion bedeutet, wir nehmen alle Menschen so an, wie sie sind", sagt Erlebnis- und Sozialpädagoge Thomas Woesthoff. Im Klettergarten in Gütersloh seien alle Menschen willkommen. Auf dem 3.000 qm großen, inklusiv gestalteten Gelände können sich Einzelpersonen, Gruppen und Schulklassen ausprobieren und persönliche Grenzen beim Klettern überschreiten. Ein Handicap ist hier kein Grund, am Boden zu bleiben, denn "grenzenlos" steht nicht nur für das Überwinden von Grenzen, sondern auch dafür, dass niemand ausgeschlossen wird.

Woesthoff distanziert sich dabei vom Begriff der Barrierefreiheit. Barrieren sollten nicht umgangen, sondern gar nicht erst aufgebaut werden, dadurch das Menschen sich zufällig beim Klettern begegneten. Das SPI arbeitet mit besonderen Menschen aller Generationen zusammen. Hier spielen Herkunft, Handicap, Religion, Generation und Orientierung keine Rolle. Das Institut führt neben dem Klettergarten noch weitere Projekte durch, zum Beispiel die Psychomotorische und Heilpädagogische Förderstelle, ZOFF als Jugendhilfeprojekt zur Unterstützung von Familien, Schulassistenz oder Mobile Arbeit. 


Barrierefreies Internet und inklusive Medienpädagogik: barrierefrei kommunizieren!

Das Projekt der Technischen Jugendfreizeit- und Bildungsgesellschaft (tjfbg) gGmbH   <link http: www.tjfbg.de ausserschulische-angebote barrierefrei-kommunizieren external-link-new-window zu barrierefrei>"barrierefrei kommunizieren!" bietet die Möglichkeit Angebote der Kinder- und Jugendhilfe inklusiver zu gestalten. Es werden Projekte und Workshops für Menschen mit sowie ohne Handicap angeboten. Die unterstützenden Computertechnologien sind sehr vielseitig. Von der Vorlesetechnik für Menschen mit einer Sehschwäche, bis hin zu Augensteuerung für Menschen mit Körperbehinderungen, werden so gut wie alle Bereiche abgedeckt. Zudem werden unterschiedliche Technologien angeboten, um alle Menschen in die digitale Welt zu integrieren. Auch differierende Lernsoftwares werden für alle Altersgruppen angeboten; damit wird ein schnelleres Lernen und Kommunizieren gefördert.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Integration in den Arbeitsalltag: Die tjfbg unterstützt den Umgang von gängigen Office-Programmen, wie z.B. Word, PowerPoint oder Excel, für Menschen mit Handicaps. Außerdem möchte das Projekt auch zur Sensibilisierung anregen. Es gibt Programme zum Ausprobieren, wie z.B. der Rollstuhlsimulator. Dadurch wird einerseits ein Perspektivwechsel ermöglicht: Wie ist es für einen Sehbehinderten plötzlich nicht mehr laufen zu können? Andererseits soll das Projekt auch als Bewusstseinserweiterung für Hilfskräfte dienen. Wie fühlt es sich an gehandicapt zu sein? – Ihr habt Interesse, die verschiedenen Technologien von barrierefrei kommunizieren! auszuprobieren, oder wollt eine Beratung war nehmen? Vereinbart einfach telefonisch einen Termin für den Standort Berlin oder Bonn. Die tjfbg ist zusätzlich auch an verschiedenen Aktionstagen in Schulen oder an Fachtagen unterwegs.

Vinzenzwerk Handorf e.V.: Ein ganz normales Leben führen 

Beim <link http: www.vinzenzwerk-handorf.de external-link-new-window zum vinzenzwerk>Vinzenzwerk Handorf e.V. in Münster leben gesunde Kinder und Kinder mit Behinderung zusammen in einer Wohngruppe und lernen so voneinander: Es gibt 18 Wohngruppen für Kinder und Jugendliche, die aus verschiedensten Gründen nicht mehr bei ihren Familien leben können und vom Jugendamt auf Wohngruppen verteilt werden. Drei dieser Gruppen sind inklusiv, bestehen also aus Kindern und Jugendlichen sowohl mit als auch ohne Behinderungen. Die Art der Einschränkungen dieser Kinder ist verschieden – sie können körperliche oder geistige Behinderungen haben. In den Wohngruppen gibt es keine Pflegekräfte – zum Fachpersonal gehören ausschließlich Pädagogen. Dies unterstreicht, dass alle Kinder in der Wohngruppe ein ganz normales Leben führen können.

Nadine Brandes, Pädagogin und Leiterin einer der inklusiven Wohngruppen, sieht den größten Vorteil von Inklusion im Lerneffekt derjenigen Kinder ohne inklusiven Charakter: "Einige Kinder gehen aufs Gymnasium, können perfekt rechnen und einwandfrei schreiben, aber haben Probleme im alltäglichen Leben, bekommen es zum Beispiel nicht hin, einen einfachen Kuchen zu backen – während ein geistig behindertes Kind sich einfach in die Küche stellt und für die ganze Wohngruppe ein Mittagessen kocht. Das bringt die gesunden Kinder zum Staunen und der Lerneffekt ist riesig: Gesunde und behinderte Kinder können gegenseitig voneinander lernen. Kinder mit Behinderung erfahren, dass ihre Einschränkung kein Stigma sein muss, sondern eben dies ihre Persönlichkeit ausmacht - und so profitieren alle Beteiligten. Als Ziel des inklusiven Wohnens erklärt Nadine Brandes, die sozialen Fähigkeiten der gesunden Jugendlichen zu stärken und die Jugendlichen mit Behinderung an ein selbstständiges Leben in eigenen vier Wänden heran zu führen – wozu die Prognosen durch die inklusiven Wohngruppen auch bereits gut stehen.

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