Kooperation zwischen der Jugendhilfe und Kinderärzt(inn)en muss verbessert werden

Ergebnisse einer qualitativen Untersuchung der Kinderschutz-Zentren: Viele Fachkräfte sind unzufrieden mit der Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Kinderärzt(inn)en, haben aber auch Ideen, wie sie verbessert werden könnte. Sie wünschen sich mehr fachlichen Austausch.

21.06.2010

Ärztin mit Kind
Bild: dmason, CC-Lizenz

Verbesserungsmöglichkeiten der Kooperation Jugendhilfe / Kinderäztinnen und Kinderärzte
Index:
Aus: regelmäßiger Austausch von Informationen zwischen den Fachkräften der beiden Systeme vor Ort
Wiss: Wissen über den Arbeitskontext des anderen Fachsystems (Denkweisen und Fachsprache, Zugangs- und Arbeitsweisen, Arbeitsabläufe, fachliche Möglichkeiten und Grenzen, Handlungszwänge, gesetzliche Grundlagen)
BerKÄ: größere Bereitschaft von Kinderärzt(inn)en zur Kooperation mit der Jugendhilfe und Nutzung der bestehenden Möglichkeiten einer Region
K/E: Kommunikationswege optimieren, insbesondere eine bessere Erreichbarkeit der niedergelassenen Ärzte
Dat: Verbesserungspotenziale im Feld des Datenschutzes bzw. der Schweigepflicht
Zeit: mehr Zeitressourcen für die Kooperation
gemF: gemeinsame Fortbildungen und Fachtage zum Thema ‚Kinderschutz’
Wert: größere gegenseitige Wertschätzung

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anfang des Jahres 2010 wurden im Rahmen einer Untersuchung der Kinderschutz-Zentren zum Thema ‚systemübergreifende Kooperationen’ 179 pädagogische, psychologische und medizinische Fachkräfte befragt, die in Kooperationen von Jugendhilfe und Kinderärzt(inn)en tätig sind. Es wurde ihnen die Frage gestellt, wie die spezielle Kooperation von Jugendhilfe und Kinderärzt(inn)en verbessert werden kann. Ziel war es, den Praktiker(inne)n durch die Untersuchungsergebnisse Prüfkriterien bzw. konkrete Handlungsempfehlungen an die Hand zu geben, wie die Kooperation der beide Fachsysteme besser gelingen kann.

Eine Verbesserung der Kooperation von Jugendhilfe und Kinderärzt(inn)en ist dringend erforderlich, wie ein anderes Ergebnis der Untersuchung zeigt. Nur 37 % der Fachkräfte der Jugendhilfe bewerten diese spezielle Kooperation mit der Note ‚sehr gut’ oder ‚gut’. Bei den Fachkräften des Gesundheitssystems ergab sich mit 33,5 % ein ähnlich hoher Prozentwert.

Mit 38,5 % würden die meisten Fachkräfte die Kooperationen von Kinderärzt(inn)en und Jugendhilfe durch einen regelmäßigen Austausch von Informationen zwischen den Fachkräften der beiden Systeme vor Ort verbessern. Diesen Gedanken folgend sollten Informationen zu Hilfemöglichkeiten und zur systemübergreifenden Kooperation ausgetauscht werden. Ziel ist es, dass die kooperationsbeteiligten Fachkräfte die Strukturen für Kooperationen vor Ort kennen. Es sollten interdisziplinäre Austauschstrukturen geschaffen werden, sodass der Austausch nicht nur zufällig stattfindet. In diesem Kontext werden Arbeitskreise/Arbeitsgremien, Netzwerke, Runde Tische, Qualitätszirkel und Multiplikatorentreffen genannt.

Zudem werden ein persönliches Kennenlernen bzw. ein enger Kontakt für wichtig erachtet. Es bieten sich hier Tage der offenen Tür, gegenseitige Hospitationen und informelle Treffen an. Zur Strukturierung der Kooperation werden themenspezifische Handlungskonzepte im sozialräumlichen Kontext – z. B. die Gründung von Fachteams – vorgeschlagen. Weiter wird zur Einrichtung von monatlichen, fest terminierten Treffen geraten. Eine Fachkraft empfiehlt eine Anbindung der jeweiligen Kooperation an eine feste Fachstelle, um auf diese Weise eine engere Kooperation zu erreichen. Eine andere Fachkraft schlägt eine strukturierte Kooperation durch das Gesundheitsamt als Ansprechpartner für die Ärztinnen und Ärzte vor.

Angrenzend an den Verbesserungsvorschlag, dass Fachkräfte der beiden Systeme in einen Informationsaustauschtreten sollten, sprechen sich 11 % der Fachkräfte dafür aus, dass Kinderärztinnen und Kinderärzte eine größere Bereitschaft zur Kooperation mit der Jugendhilfe zeigen und die bestehenden Möglichkeiten einer Region nutzen sollten (Rangplatz 2). Parallel zu diesen kritischen Äußerungen wird von anderen Fachkräften der Jugendhilfe die Zusammenarbeit mit einem Teil der Kinderärztinnen und Kinderärzte gelobt. Es gibt den Aussagen der Fachkräfte zufolge eine große Diskrepanz zwischen sehr guter Zusammenarbeit mit Kinderärzt(inn)en und einer minimalen Bereitschaft zurKooperation dieser Gruppe.  Eine befragte Fachkraft schlägt vor, den Kinderärzt(inn)en die Vorteile der Kooperationen mit der Jugendhilfe aufzuzeigen, um diese für die Kooperationsarbeit zu motivieren.

Von 6,5 % (N = 12) wird in der fehlenden Finanzierung des Zeitaufwands der Kinderärztinnen und Kinderärzte ein Motivationshindernis gesehen. Bisher müssen die Kooperationsleistungen in der Freizeit erbracht werden und können von den Ärzt(inn)en nicht abgerechnet werden. Es wird dafür plädiert, dass die Krankenkassen die Finanzierung der Kooperationsleistungen übernehmen.

In diesem Kontext gibt es Lob und Kritik an der Kooperationsbereitschaft der Ärztinnen und Ärzte. Eine Fachkraft hat wenig Verständnis für die Situation der Mediziner(innen) und spricht von einem „Jammern auf hohem Niveau“. Zeitgleich wird von zwei Fachkräften das „Engagement ohne Bezahlung“ gelobt und hierfür Respekt gezollt. Für eine andere Fachkraft ist die Kooperationsarbeit Teil der Arbeit der Mediziner(innen), und daher sei es deren Pflicht, sich die notwendige Zeit zu nehmen.
Andere Fachkräfte sehen den Willen von Kinderärzt(inn)en zur Kooperation mit der Jugendhilfe und die – hinderlichen – unzureichenden Zeitressourcen.

Der Kompetenzstreit zwischen Ärzt(inn)en und Fachkräften der Jugendhilfe darüber, wer Kindeswohlgefährdungen besser einschätzen kann, wird für kontraproduktiv gehalten. Kinderärztinnen und Kinderärzten wird empfohlen, sich anonym von der Jugendhilfe beraten zu lassen, wenn sie unsicher sind, ob es sich um eine Kindeswohlgefährdung handelt. Es sei zudem wünschenswert, wenn Ärztinnen und Ärzte (noch) mehr für familiäre Konflikte bzw. Problemfamilien aufmerksam wären. In solchen Fällen sei es gegebenenfalls sinnvoll, der Familien den Kontakt zur Beratungsstellen zu vermitteln.

Die vollständigen Ergebnisse der Sudie köönen Sie hier herunterladen: http://www.kinderschutz-zentren.org/pdf/VerbesserungKooperationJugendhilfeKinderaerzteUntersuchungsergebnisse.pdf

Quelle: Kinderschutz-Zentren

ch

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