Junge Wohnungslose rutschen durch: Gefühlte Zunahme soll mit harten Zahlen belegt werden

Es werden mehr, doch bislang ist es eher eine "gefühlte Zunahme", die die Mitarbeiter in den Caritas-Beratungsstellen für Wohnungsnotfälle spüren. Junge Wohnungslose pendeln zwischen Jugendhilfe und Wohnungsnotfallhilfe, aber keiner erreicht sie so richtig, um wirksam helfen zu können. Das will das Projekt Wohnperspektiven der Caritas in der Diözese Münster in den kommenden drei Jahren ändern.

23.08.2010

Münster/Kreis Kleve/Kreis Borken/Kreis Wesel (cpm). "Wir wollen wissen, wieviele junge Erwachsene in die Obdachlosigkeit abzurutschen drohen oder schon auf der Straße leben," erklärt Projektleiter Dr. Ulrich Thien, der das Referat Soziale Arbeit im Diözesancaritasverband Münster leitet.

Das ist der erste Schritt. Im zweiten geht es darum, welche Hilfen sie benötigen und wer sie geben kann, um schließlich Netzwerke vor Ort knüpfen zu können, um Wohnungsnot bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Ansatz zu verhindern. Die Caritas erarbeitet dieses Konzept im Rahmen des "Aktionsprogramms Obdachlosigkeit verhindern" des Landes Nordrhein-Westfalen an drei ländlichen Standorten. Im Kreis Kleve ist der Caritasverband Kleve Projektpartner, im Kreis Borken der Verein für katholische Arbeiterkolonien in Westfalen und im Kreis Wesel der Caritasverband Moers-Xanten. Alle drei, so Ulrich Thien, verfügen über viel Erfahrung in der Arbeit mit Menschen in Wohnungsnot. In Duisburg erprobt die Diakonie die Verknüpfung dieser Hilfen parallel für eine städtische Region.

Gesetzlich ist eigentlich alles geregelt. Ab 21 Jahren fallen die Klienten der Wohnungsnotfallhilfe unter den Paragraphen 67 des Sozialgesetzbuchs XII, bis dahin ist die Jugendhilfe zuständig. In der Praxis sieht es zunehmend anders aus. Immer mehr unter 21jährige wenden sich schon an die Wohnungsnotfallhilfe, weil sie zuhause rausgeworfen worden sind oder das Elternhaus selbst verlassen haben, bei Freunden untergekommen sind oder tatsächlich kein Dach über dem Kopf haben. Die Jugendhilfe erreicht sie nicht mehr, aber manchmal kommen sie in die Wohnungsnotfallhilfe. "Diese Jugendlichen rutschen einfach durch", sagt Thien.

"Wohnperspektiven" wolle deshalb ein Wohnungsnotfallnetz für junge Menschen schaffen, um Jugendhilfe und Wohnungsnotfallhilfe an einen Tisch holen. Damit vorbeugend so früh wie möglich geholfen werden kann.

Dazu müsse aber erst einmal herausgefunden werden, mit welchen Problemen sie kommen, um die richtigen Hilfen zu finden und dann zu schauen, wo es sie gibt. Daraus könne das Hilfenetz geknüpft werden, um zum Beispiel Jugend- und Sozialamt und auch die Arbeitsagentur frühzeitig ins Boot zu holen, so Thien. Auch die Schuldner- und Suchtberatung könnten gefragt sein oder Jugendausbildungsstätten, um auf eine Ausbildung vorzubereiten. Ergebnis soll ein Leitfaden sein, der flächendeckend übertragen werden kann.

Quelle: Diözesan-Caritasverband Münster

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