Inobhutnahme in Japan: Kaum Unterbringung von Kindern in Pflegefamilien

Japanische Kinder und Jugendliche, die wegen der Gefährdung des Kindeswohls in Obhut genommen werden, werden mehrheitlich in Heimeinrichtungen und kaum in Pflegefamilien untergebracht.

15.05.2014

Dort werden sie jedoch kaum oder gar nicht auf die auf Selbständigkeit und Produktivität ausgerichtete japanische Gesellschaft vorbereitet und erleben oft ein böses Erwachen, wenn sie diese Einrichtungen verlassen. Zu diesem Ergebnis kommt Human Rights Watch in dem kürzlich veröffentlichten Bericht ‚Without Dreams: Children in Alternative Care in Japan‘.

Laut Statistik der japanischen Regierung sind landesweit über 39.000 Kinder und Jugendliche außerhalb ihrer Familien untergebracht und werden dort betreut, 90 % davon in Einrichtungen und nur knapp 10 % in Familien. Der Human-Rights-Watch-Bericht beklagt insbesondere die beengten Verhältnisse und die kaum vorhandene Privatsphäre für die Kinder und Jugendliche. Auch von körperlicher und sexueller Gewalt ist die Rede. Befragt wurden rund 200 Personen in einem Zeitraum von Dezember 2011 bis Februar 2014 in vier verschiedenen Regionen Japans. Darunter waren Kinder zwischen 7 und 17 Jahren, Erwachsene, die früher in Heimeinrichtungen untergebracht waren, sowie Beschäftigte in den Betreuungseinrichtungen.

Bemängelt wurde weiterhin die geringe oder kaum vorhandene Vorbereitung auf das Leben außerhalb der Einrichtungen. Wenn die Jugendlichen oder jungen Erwachsenen entlassen werden, haben sie oft den Kontakt zur Familie verloren und stehen allein da. Auch die Bürokratie ist an dem Dilemma schuld. Kinder in einer Pflegefamilie unterzubringen ist aufwändiger als die Zuweisung in eine Betreuungseinrichtung, die zudem noch Fördergelder vom Staat bekommt je nach Anzahl der untergebrachten Kinder. Das Kindeswohl spielt dabei die geringste Rolle.

Human Rights Watch hat die japanische Regierung aufgefordert, ihr System der Inobhutnahme umzugestalten und damit auch internationalen Standards im Bereich der Kinderrechte nachzukommen.

Der umfassende Bericht (119 Seiten, pdf, 2,74 MB) kann auf der Website von Human Rights Watch nachgelesen werden.

Quelle: Human Rights Watch, http://www.hrw.org/news/2014/05/01/japan-children-institutions-denied-family-life

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