Baden-Württemberg: 4.600 junge Menschen in Obhut genommen

Im Jahr 2014 wurden in Baden‑Württemberg für 4.601 Kinder und Jugendliche vorläufige Schutzmaßnahmen ergriffen. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr eine Zunahme um 21 Prozent, womit sich der seit 2005 ansteigende Trend im Jahr 2014 deutlich verstärkt hat.

18.06.2015

In akuten Krisensituationen werden Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren zu ihrem Schutz vorübergehend aus der eigenen Familie, einer Pflegefamilie, einem Heim oder einer anderen Unterbringungsart heraus- und von Jugendämtern in Obhut genommen. Sie werden dann vorläufig in einer Einrichtung oder bei einer geeigneten Person untergebracht. Neben Unterkunft und Verpflegung stehen sozialpädagogische Beratung und Unterstützung im Vordergrund der Schutzmaßnahme.

Während in den Vorjahren immer etwas mehr weibliche als männliche Minderjährige in Obhut genommen wurden, war 2014 für 1.925 Mädchen und junge Frauen und 2.676 Jungen und junge Männer ein behördliches Eingreifen nötig. Rund zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen (3.006) waren zwischen 14 und 18 Jahre alt, 13 Prozent (603) hatten das 6. Lebensjahr noch nicht vollendet. Bei 6 von 10 Kindern (2.872) hatte mindestens ein Elternteil eine ausländische Herkunft. Knapp ein Viertel (1.106) wurde nach vorherigem Ausreißen aufgegriffen.

In 1.978 Fällen (43 Prozent) wurden die vorläufigen Schutzmaßnahmen durch soziale Dienste oder die Jugendämter veranlasst, dabei ging bei 1.184 Fällen eine Gefährdungseinschätzung nach § 8a Abs. 1 SGB VIII voraus. Die Polizei hat bei 25 Prozent (1.157 Fälle) zuerst auf die Problemsituation aufmerksam gemacht. Auf eigenen Wunsch wurde knapp ein Fünftel (873) unter den Schutz des Jugendamts gestellt. Fast die Hälfte davon (418) waren Mädchen im Alter von 14 bis 18 Jahren.

Vorläufige Schutzmaßnahmen aufgrund unbegleiteter Einreisen um 137 Prozent angestiegen

36 Prozent aller in Obhut genommener Kinder und Jugendlichen (1.639) lebten vor der Schutzmaßnahme bei den Eltern bzw. bei einem Elternteil mit Partner und 22 Prozent (1.013) wuchsen bei einem allein erziehenden Elternteil auf. 17 Prozent (793) lebten zuvor an unbekanntem Ort, davon war bei 691 eine unbegleitete Einreise aus dem Ausland der Anlass der Maßnahme. 11 Prozent (506) hatten keine feste Unterkunft (nicht sesshafte Kinder und Jugendliche), davon lag bei 437 eine unbegleitete Einreise aus dem Ausland vor.

Die Ursache für die Schutzmaßnahme lag bei 36 Prozent aller Maßnahmen in einer Überforderung der Eltern oder eines Elternteils. In 1.227 Fällen (27 Prozent) lag eine unbegleitete Einreise aus dem Ausland vor. Damit hat sich die Zahl der vorläufigen Schutzmaßnahmen, die aufgrund einer unbegleiteten Einreise aus dem Ausland notwendig wurden, im Vergleich zum Vorjahr (2013: 517) mehr als verdoppelt (+137 Prozent). Bei 13 Prozent traten Beziehungsprobleme als Hauptursache auf und Anzeichen von Misshandlung und von Vernachlässigung lagen bei 10 bzw. 9 Prozent aller Fälle vor.

Über drei Viertel der Kinder und Jugendlichen wurden vorübergehend in einer Einrichtung (3 491) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform (139) untergebracht, gut ein Fünftel (971) fand Schutz bei einer geeigneten Person.

Die Zahl der vorläufigen Schutzmaßnahmen in den Stadt- und Landkreisen weist große Unterschiede auf. Dies ist – neben anderen Ursachen wie zum Beispiel Unterschiede in der Bevölkerungszahl – auch darauf zurückzuführen, dass 2014 die Kreise in sehr unterschiedlichem Ausmaß von Schutzmaßnahmen aufgrund unbegleiteter Einreise von Minderjährigen betroffen waren. Während in elf Landkreisen kein Kind oder Jugendlicher, der unbegleitet aus dem Ausland einreiste, in Obhut genommen werden musste, waren im Ortenaukreis 284 und in den Stadtkreisen Stuttgart 254, Freiburg 177 und Karlsruhe 158 solcher Fälle zu verzeichnen, so dass sich 71 Prozent aller Schutzmaßnahmen aufgrund einer unbegleiteten Einreise von Minderjährigen auf die genannten vier Kreise konzentrierten.

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg vom 18.06.2015

Redaktion: Kerstin Boller

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