3.950 Kinder und Jugendliche von hessischen Jugendämtern 2014 in Obhut genommen

Die hessischen Jugendämter meldeten im Jahr 2014 insgesamt 3.950 vorläufige Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre. Das waren knapp sieben Prozent mehr als 2013.

17.07.2015

Wie das Hessische Statistische Landesamt mitteilt, handelte es sich um die Inobhutnahme oder Herausnahme aus einem Heim, der eigenen Familie bzw. einer Pflegefamilie oder einer anderen Unterbringungsart aufgrund einer akuten Gefahr für das Wohl des Kindes oder Jugendlichen. Die Zunahme der Gesamtzahl von vorläufigen Schutzmaßnahmen um 250 Kinder und Jugendliche war vor allem auf das Anwachsen der unbegleiteten Einreisen aus dem Ausland um rund 450 (plus 48 Prozent) auf 1.400 Personen zurückzuführen. Alle anderen Anlässe waren rückläufig.

Hohe Zunahme durch unbegleitete Einreisen aus dem Ausland

Die am häufigsten genannten Anlässe für Schutzmaßnahmen waren erstmalig die unbegleiteten Einreisen aus dem Ausland (35 Prozent), gefolgt vom Anlass "Überforderung der Eltern oder eines Elternteils" (31 Prozent). 2013 war die Reihenfolge der häufigsten Anlässe noch umgekehrt. Vernachlässigung und Misshandlungen machten jeweils zehn Prozent aus und Beziehungsprobleme neun Prozent der Fälle waren Anlass für Interventionen. Die anderen Gründe spielten mit jeweils weniger als fünf Prozent eine eher untergeordnete Rolle. Mehrfachnennungen waren möglich. Die unbegleiteten Einreisen nahmen als einziger Anlass zu. Damit setzte sich die Entwicklung aus den Vorjahren fort. Im Jahr 2012 lag der Anteil der unbegleiteten Einreisen bei 18 Prozent, 2013 bei knapp 26 Prozent.

Zwei Drittel der betroffenen Jugendlichen älter als 14 Jahre

Die Schutzmaßnahmen betrafen vor allem Jugendliche. Rund zwei Drittel waren älter als 14 Jahre und ein Drittel waren Kinder unter 14 Jahren. Der Anteil der Jugendlichen im Alter von über 14 Jahren stieg gegenüber 2013 um vier Prozentpunkte. Der Anstieg war ebenfalls auf unbegleitete Einreisen zurückzuführen. Hier waren rund 96 Prozent der Betroffenen über 14 Jahren alt. Mit sechs von zehn wurden mehr männliche Kinder und Jugendliche in Obhut genommen. Bei den unbegleiteten Einreisen lag dieser Anteil bei neun von zehn. Eine große Rolle bei den Schutzmaßnahmen spielte die Familienkonstellation. Kinder und Jugendliche, die in Familien Alleinerziehender oder in Patchworkfamilien lebten, waren deutlich häufiger von Inobhutnahmen betroffen.

77 Prozent der Inobhutnahmen in einer Einrichtung untergebracht

Die Inobhutnahmen erfolgten zu 28 Prozent auf eigenen Wunsch des Kindes bzw. Jugendlichen und bei 26 Prozent lag eine Gefährdung vor. Vor allem Mädchen im Alter zwischen 16 bis 18 Jahren wurden in vier von zehn Fällen auf eigenen Wunsch in Obhut genommen. Die Unterbringung erfolgte meist in einer Einrichtung (77 Prozent). 19 Prozent wurden in einer geeigneten Familie untergebracht und knapp vier Prozent in einer sonstigen betreuten Wohnform.
In 30 Prozent der Inobhutnahmen kehrte der junge Mensch nach der Maßnahme zu der/m Sorgeberechtigen, zur Pflegefamilie oder ins Heim zurück. 33 Prozent wurden außerhalb des Elternhauses, also im Heim, durch betreutes Wohnen oder in einer Pflegefamilie untergebracht; elf Prozent erhielten eine sonstige stationäre Hilfe und sechs Prozent eine ambulante Erziehungshilfe. Bei gut 22 Prozent erfolgte keine anschließende Hilfe und drei Prozent wurden von einem anderen Jugendamt übernommen. Mehrfachnennungen waren möglich.

Maßnahmen zum Entzug der elterlichen Sorge 2014

Im Jahr 2014 erfolgten in Hessen 1.316 Maßnahmen des Familiengerichts, davon 700 gerichtliche Maßnahmen zum vollständigen oder teilweisen Entzug der elterlichen Sorge. Wie das Hessische Statistische Landesamt mitteilt, waren dies etwa genauso viele wie im Jahr 2013.

Bestellte oder gesetzliche Amtsvormundschaft

Zum Jahresende 2014 lebten 2.824 Kinder und Jugendliche in Hessen unter bestellter oder gesetzlicher Vormundschaft der Jugendämter, rund 16 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Ein Grund hierfür war die gestiegene Zahl der unbegleiteten Einreisen aus dem Ausland. Bei 298 Kindern lag eine gesetzliche Amtsvormundschaft vor, die „kraft Gesetzes“ bei der Geburt von Kindern minderjähriger lediger Mütter eintritt. 2.526 Kinder und Jugendliche hatten eine durch Vormundschafts- oder Familiengericht bestellte Amtsvormundschaft (Entzug des Sorgerechts).

16 Prozent mehr Vormundschaften gegenüber 2013

Die Zahl der bestellten Amtspflegschaften betrug 2.637 (2013: 2.421). Dabei wurden Teile des Sorgerechts auf das Jugendamt oder andere Personen übertragen. Die Pflegschaft unterscheidet sich von der Vormundschaft im Wesentlichen dadurch, dass die Pflegerin oder der Pfleger nur für einzelne, fest umgrenzte Aufgaben zuständig ist. Die Vormundschaft ist also in ihrer Fürsorgeaufgabe umfassender. Die Pflegschaft ist in der gleichen Funktion immer nur auf Teilbereiche beschränkt. In der jugendamtlichen Praxis relativ häufig sind Pflegschaften mit dem Wirkungskreis des "Aufenthaltsbestimmungsrechtes" oder der Gesundheitsfürsorge.

Fünf Prozent weniger Beistandschaften als 2013

Für knapp 31.700 Kinder gab es im Jahr 2014 Beistandschaften, gut fünf Prozent weniger als 2013. Die Beistandschaft hilft Personensorgeberechtigten in bestimmten Bereichen, die Rechte ihrer Kinder zu wahren, zum Beispiel bei der Durchsetzung und Festlegung von Unterhaltszahlungen. Den Berechtigten steht es frei, dieses Angebot der Jugendämter zu nutzen.

Vollzeit- bzw. Wochenpflege

Eine Pflegeerlaubnis (nach § 44 SGB VIII) für die Vollzeit- bzw. Wochenpflege wurde im Laufe des Jahres 2014 für 300 Kinder und Jugendliche erteilt. Fast alle waren in Vollzeitpflege untergebracht.

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt vom 06.07.2015

Redaktion: Kerstin Boller

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