Kindertagesbetreuung

Der Kita-Ausbau muss weitergehen – DJI-Analyse zur Frühen Bildung

Für den 7. Nationalen Bildungsbericht hat das Deutsche Jugendinstitut (DJI) die Daten zur Kindertagesbetreuung analysiert. Der anhaltende Geburtenanstieg und die Zuwanderung stellen die Frühe Bildung vor neue Herausforderungen. Trotz des starken Platzausbaus in Kitas und Tagespflege in den vergangenen Jahren bekommen nicht alle Eltern den gewünschten Betreuungsplatz für ihre Kinder. Die Forscher berechnen einem zusätzlichen Personalbedarf von 309.000 Fachkräften bis zum Jahr 2025.

27.06.2018

„Der vor uns stehende Ausbau ist größer als das bereits Erreichte, und er muss noch beschleunigt werden“, sagt DJI-Direktor Thomas Rauschenbach. Allerdings fehlen dafür die erforderlichen Fachkräfte. Das ist eines der zentralen Ergebnisse aus dem Kapitel zur Frühen Bildung, Betreuung und Erziehung des gerade erschienenen 7. Nationalen Bildungsberichts, das das Deutsche Jugendinstitut (DJI) verfasst hat. Gemeinsam mit fünf weiteren Institutionen analysierte das DJI für den Bericht „Bildung in Deutschland 2018“ Daten aus amtlichen Statistiken und sozialwissenschaftlichen Erhebungen für die verschiedenen Bildungsbereiche – von der Frühen Bildung über die schulische und die berufliche Bildung bis hin zu Hochschule und Weiterbildung.

Frühe Bildung, Betreuung und Erziehung

Anhaltender Geburtenanstieg, Zuwanderung und die steigende Nachfrage nach Kinderbetreuungsplätzen stellen die Frühe Bildung vor bislang ungeahnte Herausforderungen. Dies beschreibt ein Kapitel des im Juni 2018 erschienenen 7. Nationalen Bildungsberichts, das vom Deutschen Jugendinstitut verfasst wurde – ein Überblick über zentrale Entwicklungen in der Frühen Bildung, Betreuung und Erziehung.

Kindertagesbetreuung wird weiter ausgebaut

Im Jahr 2017 gehen 762.000 Kinder unter drei Jahren in eine Kita oder Tagespflege. Dies ist weit mehr als das 1,5-Fache der Kinder, die 2006 eine Kita oder Tagespflege besuchten. Zu dem Anstieg hat insbesondere die Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Platz in der Kindertagesbetreuung ab dem vollendeten ersten Lebensjahr im Jahr 2013 beigetragen. Auch die Zahl der Plätze für Kinder zwischen drei Jahren und dem Schuleintritt musste ab 2012 wieder deutlich ausgebaut werden. Mittlerweile besuchen rund 2,4 Millionen Kinder in Deutschland eine Kita oder Tagespflege.

Trotz des starken Ausbaus erfüllte sich der Wunsch nach einem Betreuungsplatz nicht für alle Eltern. Ein Grund dafür ist, dass Mütter nach der Elternzeit früher und mit mehr Wochenstunden wieder in den Beruf zurückkehren. Durch den anhaltenden Geburtenanstieg und die hohe Zuwanderung in den Jahren 2015 und 2016 stieg zudem die Anzahl der Kinder in beiden Altersgruppen. Entsprechend wird sich der Ausbau künftig noch stärker als bisher fortsetzen.

Immer mehr Kinder besuchen immer früher eine Kita oder Kindertagespflege

Während im Jahr 2006 nur 12 Prozent der Einjährigen und 27 Prozent der Zweijährigen eine Kita oder Kindertagespflege besuchten, waren es 2017 bereits 37 Prozent bzw. 62 Prozent der Kinder in der jeweiligen Altersgruppe.

Seit 2015 ist die Bildungsbeteiligung trotz des starken Platzausbaus relativ konstant geblieben, da die Anzahl der Kinder in der Bevölkerung gestiegen ist: Demnach besucht jedes dritte Kinder unter drei Jahren eine Kita oder Kindertagespflege und mit 94 Prozent nahezu jedes Kind im Alter zwischen drei Jahren und dem Schuleintritt.

Heterogenität in den Einrichtungen nimmt zu

Einerseits sind in Tagespflege und Kitas immer mehr jüngere Kinder, andererseits steigt dort die Anzahl der Kinder mit Migrationshintergrund, die zu Hause meist kein Deutsch sprechen: Ihre Anzahl ist zwischen 2007 und 2017 um 54 Prozent auf 563.000 Kinder gestiegen. Auch kommen vermehrt Kinder in Einrichtungen, die aufgrund einer Behinderung Eingliederungshilfe erhalten.

Weiterhin deutliche Länderunterschiede beim Personalschlüssel

Auf die steigende Heterogenität in den Einrichtungen haben Politik und Träger bereits reagiert: Der Personalschlüssel ist besser, wenn mehr Kinder in einer Gruppe sind, die unter drei Jahre alt sind, die zuhause meist kein Deutsch sprechen und wenn Kinder in der Gruppe sind, die aufgrund einer Behinderung Eingliederungshilfe erhalten.

In Gruppen für unter Dreijährige ist rechnerisch im Mittel eine pädagogisch Tätige für vier Kinder zuständig. In Gruppen für Drei- bis Sechsjährige kommt eine pädagogisch Tätige auf 8,5 Kinder. Dabei bestehen weiterhin große Unterschiede zwischen den Bundesländern: In einigen ostdeutschen Ländern sind pädagogisch Tätige rechnerisch für doppelt so viele Kinder zuständig wie ihre Kolleginnen und Kollegen in einigen westdeutschen Ländern.

Zusätzliche Fachkräfte werden dringend gebraucht

Würden sich alle Länder an den fachlichen Empfehlungen für Personalschlüssel orientieren, müssten bis zum Jahr 2025 bis zu 270.000 zusätzliche Fachkräfte eingestellt werden. Zudem scheiden bis dahin altersbedingt voraussichtlich 171.000 Fachkräfte aus Kindertageseinrichtungen aus, für die Ersatz gefunden werden muss. Aufgrund des Geburtenanstiegs, der Zuwanderung und bislang nicht erfüllter Elternwünsche werden noch weitere 142.000 Fachkräfte benötigt. Die im gleichen Zeitraum zu erwartenden 274.000 neu Ausgebildeten können diesen Personalbedarf nicht in vollem Umfang decken, sodass bis zu 309.000 zusätzliche Fachkräfte benötigt werden.

Weiterführende Informationen

Die Analyse über zentrale Entwicklungen in der Frühen Bildung, Betreuung und Erziehung wurde beim Deutschen Jugendinstitut erstveröffentlicht. Dort steht auch ein Interview mit Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, Direktor des DJI über die aktuellen Herausforderungen in der Frühen Bildung und mögliche Lösungsstrategien zur Verfügung.

Erste bildungspolitische Schlussfolgerungen aus dem 7. Nationalen Bildungsbericht wurden im Rahmen der gemeinsamen Vorstellung durch das Bundesbildungsministerium, die Kultusministerkonferenz (KMK) und das Deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) gezogen.

Der vollständige Bericht und weiterführende Materialien und Informationen zu allen Bildungsbereichen können unter  www.bildungsbericht.de abgerufen werden. Dort informiert das DIPF auch über die Konzeption und veröffentlicht sämtliche Datengrundlagen. Der Bericht steht als Onlineversion und in einer Kurzfassung zur Verfügung.

Quelle: Deutsches Jugendinstitut

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