Familienforschung

Neue LfM-Studie vorgestellt: Computerspiele(n) in der Familie

Kinder beginnen immer früher mit dem Computerspielen. Medienaufsicht und Jugendverbände stehen damit vor großen Herausforderungen. Das zeigen Ergebnisse der Studie der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) zum Thema „Computerspiele(n) in der Familie. Computerspielesozialisation von Heranwachsenden unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Aspekte“.

17.01.2013

Das Einstiegsalter der heutzutage Fünf- bis Achtjährigen wird sich künftig wahrscheinlich noch weiter nach vorn verschieben und damit Medienaufsicht und Jugendverbände vor große Herausforderungen stellen.

Der Studie nach haben heute bereits viele Spielerinnen und Spieler im Vor- und Grundschulalter ihre ersten Erfahrungen mit Computerspielen gesammelt, wobei die Jungen tendenziell früher mit dem Spielen beginnen als die Mädchen. Für die Durchführung der Studie hatte die LfM das Hans-Bredow-Institut für Medienforschung und den Lehrstuhl für Erziehungswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Medienpädagogik (Universität Hamburg) beauftragt.

Kinder spielen immer früher mit dem Computer

LfM-Direktor Jürgen Brautmeier sagte, angesichts der technischen Entwicklung mit Smartphones und Tablets eröffneten sich digitale Spielwelten offenbar bereits für Kleinkinder. „Wir wollen ein immer früher beginnendes Einstiegsalter nicht heraufbeschwören, dürfen aber auch nicht den Blick für diese mögliche Entwicklung verschließen. Als Medienaufsicht mit der Verpflichtung zur Förderung von Medienkompetenz werden wir deshalb Eltern gezielt neue medienpädagogische Infoangebote zur Computerspielenutzung machen, um sie für das Thema zu sensibilisieren. Eltern muss vermittelt werden, welche grundlegenden Bedürfnisse Kinder haben und dass der spielerische Gebrauch von digitalen Medien – so attraktiv sie auch sein mögen – in dem jeweiligen Entwicklungsstadium immer in einem ausgewogenen Verhältnis zu anderen Aktivitäten stehen soll.“

Zur Zusammenarbeit der beiden Forschungseinrichtungen, die in die Analyse Daten aus früheren Untersuchungen einbezogen, sagte Brautmeier, es sei ein „lohnenswerter und ressourcenbewusster Weg“, vorhandene Rohdaten unter neuen Fragestellungen auszuwerten.

Vätern kommt beim Thema Videospiele eine besondere Vorbildfunktion zu

Dass die vorliegenden Ergebnisse für zielgerichtete Informations- und Beratungsangebote für Familien von großer Bedeutung sind, betont ebenfalls Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: „Inzwischen nutzen Kinder und Jugendliche Computer und Internet ganz selbstverständlich. Die Familie ist der erste Ort, an dem sie Medienerfahrungen sammeln. Eltern haben deshalb in Fragen der Mediennutzung eine Vorbildfunktion. Im „Dialog Internet“ ist deutlich geworden, dass Väter und Mütter maßgeschneiderte Beratungs- und Unterstützungsangebote erwarten, die es ihnen ermöglichen, ihre Kinder bei der altersgerechten Nutzung von Computerspielen zu begleiten. Die Forschungsergebnisse liefern deswegen wichtige Grundlagen für die Weiterentwicklung der Familien- und Erziehungsberatung.“

Fast immer sind es männliche Bezugspersonen wie Vater, Onkel oder Cousin, die den Kindern den Weg in die Spielewelt zeigen – Mütter oder Schwestern spielen dabei kaum eine Rolle. Viele der Befragten berichten, dass ihre Computerspielenutzung nur wenig von den Eltern reguliert werde – ein Befund, der deutlich von anderen Studien abweicht. Solange schulische Verpflichtungen erledigt würden, scheint kein Regulierungsbedarf zu bestehen. Während die Väter die Tür zu den Spielen öffnen oder für ihre Kinder im Hinblick auf das Computer spielen als Vorbild fungieren, sind es in vielen Fällen die Mütter, die den Hauptanteil der (Medien-)Erziehungsarbeit leisten.

Ein Forschungsfeld im Wandel: Neue Herangehensweise, weiterentwickelte Schwerpunkte

Für die verantwortlichen Forschenden bringt die aktuelle Studie vor allem zwei Neuerungen mit sich: Dr. Claudia Lampert (Hans-Bredow-Institut) hob den inhaltlichen Fokus hervor: „Mit der Faszination von Computerspielen haben sich bisher viele Studien beschäftigt, doch nur wenige befassen sich mit den Anfängen der Computerspielenutzung und den Fragen, ab welchem Alter und vor allem wie Kinder ins Spiel kommen. Die Befunde der vorliegenden Studie zeigen hier sehr deutlich, dass die männlichen Bezugspersonen und Geschwister eine wichtige Rolle spielen, was auch in der medienpädagogischen Arbeit mitberücksichtigt werden sollte.“ Prof. Dr. Rudolf Kammerl (Universität Hamburg) verdeutlichte zudem die Bedeutung einer ganzheitlichen Betrachtungsweise: „Von der Art des Zugangs zu und dem Umgang mit Computerspielen hängt ab, inwieweit das Spielen als auffällig oder unproblematisch wahrgenommen wird. Spannend wird sein, den Blick künftig auf Familien zu richten, in denen die Eltern selbst Computerspiele spielen.“

Im Rahmen der Studie wurde besonderes Augenmerk geschlechter-spezifische Unterschiede beim Spielen gelegt. Grundlage für die Analyse bildeten 40 qualitative Interviews. Das Besondere an der Untersuchung: In die Analyse sind einerseits Daten aus der LfM-Studie zum Thema „Kompetenzerwerb, exzessive Nutzung und Abhängigkeitsverhalten“ und andererseits Daten aus der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten EXIF-Studie („Exzessive Internetnutzung in Familien“) eingegangen.

Die Publikation kann kostenlos über das <link http: lfmpublikationen.lfm-nrw.de catalog external-link-new-window externen link in neuem>Onlinebestellsystem der LfM bezogen werden und steht dort auch als PDF zum Download bereit

Quelle: Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) vom 17.01.2013

Redaktion: Kerstin Boller

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